Gedichte-Eiland

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a.c.larin 05.12.2012 08:14

Winterwende
 
Sterne fallen in die Nächte,
durch die Stille schneit die Zeit.
Leise wehen Finstermächte,
Hoffnung lauscht der Dunkelheit.

Blass gefrorne Sonnenstunden
halten Welt und Wald umgrenzt.
Häschen ist im Bau verschwunden.
Jeder Baum wird zum Gespenst.

Krikelkrakel dürre Äste
fingern klangend in das Grau.
Menschen feiern Lichterfeste,
tannengrün und dunkelblau.

Wann, nur wann füllt sich der Äther
wieder mit dem warmen Licht?
Die Erfahrung tröstet: Später!
Doch das nährt die Sehnsucht nicht.

Schließlich bleibt nur ein Gedulden,
eine Demut, die drum weiß,
was wir dem Erwarten schulden:
Und wir fallen, still und leis.

Thomas 05.12.2012 08:30

Hallo Larin,

das gefällt mir (inhaltlich und sprachlich) sehr gut. Ein einziges mal habe ich etwas gestutzt, nämlich bei "Doch das nährt die Sehnsucht nicht." Müsste da nicht etwas wie "stillt" statt "nährt" stehen? Oder willst du die Sehnsucht tatsächlich anfachen und erhalten?

Liebe Grüße
Thomas

a.c.larin 05.12.2012 08:50

hallo thomas,
du warst aber schnell.

ich meinte mit "nährt" : die sehnsucht wird genährt - und dann ist sie satt.
aber das ist wohl ein blickwinkel, der nicht gleich für jedermann nachvollziehbar ist.
ich warte mal ab, wie das andere sehen.

danke jedenfalls für den hinweis!
lg, larin

Falderwald 05.12.2012 20:14

Servus larin,

das Gedichteschreiben hast du jedenfalls nicht verlernt und ich möchte mich Thomas' Lob uneingeschränkt anschließen, zumindest was den Inhalt betrifft.

Meine Lieblingsstrophe, müsste ich denn eine auswählen, ist die dritte, die hat es mir angetan. (Bitte da noch schnell ein "n" an die Menschen hängen.)

Obwohl dies ja nur die oberflächliche Bedeutungsebene darstellt, nämlich den routinemäßigen Jahresablauf, wie er sich schon seit langen Zeiträumen immer wiederholend in der Natur abspielt.

Was natürlich nicht für den Menschen gilt, denn wenn dieser seine Winterwende überschritten hat, werden die Tage immer kürzer und gezählter und enden da, wo sie stets enden.
Das setzt eine Einsicht voraus.

Aber auch das wiederholt sich und ich finde, in dieser regelmäßigen Beständigkeit, in der das ganze Sein abläuft, liegt auch eine kleine Hoffnung versteckt.

Und man kann ja nie wissen...;)

So, ich habe noch eine kleine Anmerkung zu machen und zwar für Strophe 2:

Blass gefrorne Sonnnenstunden
halten Welt und Wald umgrenzt.
Hase ist im Bau verschwunden.
Jeder Baum wird zum Gespenst.

Im Prinzip eine schöne Wortwahl, an der es nicht viel auszusetzen gibt.
Leider klingt es etwas abgehackt und in der dritten Zeile liegt der Hase tatsächlich im Pfeffer.
Es hört sich gar nicht so gut an, wenn man sagt, Hase ist fortgehoppelt.
Besser wäre, der Hase ist fortgehoppelt.
Geht hier aber nicht, wegen des verwendeten Trochäus.
Die obige Lösung zwingt aber, aus der relativ kurzen Strophe drei ganze Sätze zu machen.

Eine kleine Veränderung würde da Wunder wirken und deine Intentionen in keiner Weise verändern:

Blass gefrorne Sonnnenstunden
halten Welt und Wald umgrenzt,
Hasen sind im Bau verschwunden,
jeder Baum wird zum Gespenst.

Ein Satz und alles picobello.

Ich finde wirklich, das lohnt sich bei diesem feinen Dingelchen. :)


Sehr schönes und tiefgängiges Gedicht, was ich gerne gelesen, kommentiert und bemeckert habe...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Chavali 05.12.2012 20:24

Hallo liebe larin,

da bist du ja wieder, wie schön :)

Mir gefällt deine Winterwende sehr gut!
Ich mag, wenn man Sehnsucht nährt - da hat man immer ein Ziel, das es zu erreichen gilt ;)
Und die Erfüllung einer Sehnsucht ist doch was ganz Schönes.

...paar Tippfehlerchen:
Zitat:

Erfahung
und
Zitat:

Mensche

Sehr gern gelesen!
Lieben Gruß,
Chavali



Dana 05.12.2012 20:27

Liebe Larin,

bevor du erfährst, was andere zur Ernährung sagen, will ich schwelgen.;)

Man fühlt sich wie auf einem "Winterspaziergang", die Bilder sind stimmig.

Besonders gut kamen bei mir die krikelkrakel dürren Äste.

Die Sehnsucht will meist gestillt werden und beinahe hätte ich Thomas zugestimmt.
Hier aber bekommt sie dosiertes Futter, weil das warme Licht seine Zeit braucht. Man weiß es aus Erfahrung und kennt die Unabänderlichkeit.
Insofern hat man mit der Sehnsucht gedehnt zu leben und kann nur "zufüttern".
Nähren ist also logischer und stillen lyrischer. Ich kann hier mit einem "Logikblitz" leben, weil die anderen Bilder überragen.

Aber hier:

Zitat:

Zitat von Larin
Krikelkrakel dürre Äste
stechen fingernd in das Grau.
Mensche feiern Lichterfester,
tannengrün und dunkelblau.

Feiern die Menschen Lichterfeste oder die Lichte noch fester?:D

Das musste ich festhalten.;)


Schöne Winterwende, die mir sehr gut gefällt.

Liebe Grüße
Dana

a.c.larin 06.12.2012 10:39

hallo ihr,

ach - ich und meine ewigen tippfehler ( das scheine ich auch noch nicht verlernt zu haben :o ) da muss ich noch mal ran.....
im grunde bin ich derzeit viel zu faul, um gedichte zu schreiben - aber ich hatte eine schlaflose kopfwehnacht - da blieb mir (zwecks ablenkung) gar nichts anderes übrig....:p

lieber falderwald,
die kritik an der hasensache kann ich gut nachvollziehen , obwohl mich der einzelne hase nicht so sehr stört. ich mach da mal ein "häschen draus" - ich glaube das macht sich an der stelle klanglich nicht so dick wie der fette "hase".


liebe chavali,
mit dem nähren und stillen ist es doch so: was genährt wird, das ist dann auch gestillt.
und du hast recht: eine sehnsucht zu haben, heißt auch, zu wissen, wo das eigneen ziel liegt.
insoferne wäre man -sehnsuchtslos - vielleicht auch ein wenig antriebslos?
lieber nicht!
wenn es nichts zu erreichen gibt, gibts auch nichts mehr zu wollen.
also kann man die sehnsucht sehr wohl loben - denn dazu ist sie recht!
sie bringt uns voran! :)


liebe dana,
über deine begeisterung fürs "krikelkrakel" freue ich mich ganz besonders.
ich war mir bewusst, dass ich da aus dem üblichen sprachgebrauch ausschere - doch für die blattlosen, verdreht und knorrig in den himmel ragenden äste fiel mir partout nichts anderes/besseres ein!

sieht doch genau so aus, als hätte hier ein kind - krikelkrakel - seine ersten kritzelversuche am papier gepflogen....:)

so, und nun bleibt zu hoffen, dass wir die zeit bis zur winterwende noch gut überstehen - und das der mayakalender (wie alle übrigen prophezeihungen) doch nicht so ernst zu nehmen ist.


liebe grüße, larin

Sidgrani 09.12.2012 16:52

Hei larin,

da ist dir ein Meisterstück gelungen. Wunderbar, wie du Gefühle und Natur beschreibst.

Auch wenn die Sehnsucht nach dem Licht nicht erfüllt wird, kann doch - vielleicht auch gerade deswegen - die dunkle Zeit nicht nur demütig hingenommen, sondern intensiv für Regeneration, Verarbeitung des Gewesenen und Freude auf das Kommende betrachtet werden.

Gibt es nicht einen stimmigeren Ausdruck für "fingernd"? Klar, es soll Finger assoziieren, aber ich weiß nicht. Ich hätte wahrscheinlich "stechen klagend" oder "stechen trotzig" genommen, na ja.

Auf jeden Fall habe ich dein schönes Gedicht mehrmals mit Freude gelesen.

Liebe Grüße
Sidgrani

a.c.larin 12.12.2012 09:19

hi sidgrani,

dank auch dir für den kommi.
was hältst du denn von "fingern klagend"? ( weil ich wirklich das gefühl habe, als hätten die bäume unzählige kleine fingerchen, die sie in den himmel hinein krallen).

marzipania 28.01.2013 18:27

Hallo Larin,
schon für das "Krikelkrakel" gebührt dir Lob und Preis.
Einzig das Häschen stößt mir sauer auf, selbst wenn es sich in einen gestandenen Hasen verwandeln sollte. Dieses Tier wirkt auf mich einfach zu betulich.
Wie wäre es, wenn du stattdessen Gefühl(e) oder einen der menschlichen Sinne nehmen würdest, die sich in den Winterschlaf begeben?
Alles andere ist bereits erwähnt worden.
Ein zeitgemäßer, interessanter Text, der mir ausgesprochen gut gefällt.
LG, marzipania


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