Gedichte-Eiland

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Erich Kykal 22.12.2015 19:49

Kinderhospiz
 
Mariechen fragt: "Wie ist es denn, zu sterben?"
Die Mutter weint und blickt sie zärtlich an:
"Mein liebes Kind, so denke nicht daran!
Oh lass uns nicht die gute Zeit verderben!"

Mariechen hustet, alle Schläuche beben,
und die Maschine setzt Sekunden aus,
daran ihr Atem hängt in diesem Haus
der letzten Gnade für ein kleines Leben.

Mariechen wird den Sommer nicht mehr sehen,
und keinen weiter mehr auf dieser Welt.
Mariechen kann schon lange nicht mehr stehen,

und fragt und weiß doch viel für ihre Jahre.
Sie sammelt ein, was sie zusammenhält:
Der Kindheit Zauber und das Wunderbare.

Lailany 25.12.2015 07:29

Kia ora Eky,
zu diesem Werk fällt es schwer, Worte finden, es erschüttert und dringt in jede Pore. Wie ergreifend schön die Poesie ist, bräuchte ich zwar gar nicht zu erwähnen und tue es dennoch.
Du hast dir vmtl den Zeitpunkt, es einzustellen, genau überlegt: Jetzt, wo fast jeder in festlicher Stimmung ist und die Weihnachtszeit und Feiertage mit seinen Lieben genießen möchte.
In solchen Zeiten verdrängt man nur zu gern das Wissen um so viele Menschen, die, aus welchen Gründen auch immer, keine Chance haben, das zu tun. Und besonders, wenn es Kinder sind, befällt einen hilflose Ohnmacht, Traurigkeit und... ja, sogar Zorn über die Ungerechtigkeit des Schicksals, dass ein Leben, das noch gar keines war, zu Ende geht.

Weisst du, dass mich in diesem Werk sogar die Anführungszeichen stören?
Rationale Begründung dafür hab ich keine, ich kann es nur so erklären, es fühlt sich an, als ob sie den Fluss der Poesie unterbrechen würden, der bei deinen Werken, so auch hier, schon in der ersten Zeile beginnt.
Das ist nicht als Kritik gemeint, aber ich möchte es dir dennoch wissen lassen.

Das Wort "Gnade" erscheint mir als nicht optimal. Mir ist klar, wie du es meinst und worauf sich die Gnade bezieht, dennoch...
Was besseres will mir auch nicht einfallen... Hoffnung triffts auch nicht, das wäre wohl nur dann geeignet, wenn noch Hoffnung bestünde.
Und das offen zu lassen, lag gar nicht in deiner Absicht, sonst stünde sicher Hoffnung da.
Wahrscheinlich ist es einfach deswegen, dass ich mir als Leser Hoffnung wünsche. Auch, wenns nur ein kleiner Funken ist, wärs doch Hoffnung. Ach, ich hab heut wieder zu nah am Wasser gebaut... überlies es einfach. Du weißt auch so, was ich damit ausdrücken will.

Eindrucksvoll geschrieben, du ziehst damit wieder an allen Fäden des Innertiefsten.

Danke für dieses wunderschöne Stück Lyrik.

HG von Lai:Blume:

Erich Kykal 25.12.2015 08:41

Hi, Lai!

Nein, terminlich überlegt habe ich da nichts. Ich sah neulich im Fernsehen eine Doku über so ein Kinderhospiz in Bayern und musste das einfach irgendwie verarbeiten.
Ich habe es übrigens nicht mal geschafft, mir die Sendung ganz anzuschauen!

Wegen der Anführungstriche kann ich nichts machen, es ist nun mal direkte Rede. Und das Wort "Gnade" ist für derlei Einrichtungen geläufig - oder war es zumindest einmal.
Und Hoffnung gibt es nun mal keine mehr für jene Kinder, die dorthin kommen. Es geht nur noch darum, ihnen das letzte Stück des Weges zu erleichtern und zu verschönern.

Ich habe mir schon gedacht, dass ein Kommentar hierzu nicht leicht sein wird, entsprechend "viele" sind ja schon eingegangen! Das macht aber nichts - es war MIR wichtig, dies zu schreiben. Es ist meine Art, das Gesehene zu verarbeiten, erträglich zu machen.

Vielen Dank, dass du den Mut gefunden hast!:)

LG, eKy

Lailany 25.12.2015 10:01

Lieber Eky,
genau so ist es bzgl Kommentar(en). Das Werk hab ich schon kurz nach deinem Einstellen gelesen, bin seitdem einige Male hergekommen und hab einfach keine Worte gefunden.
Ich finde es gut, dass wir Dichter unsere Emotionen, auch wenn uns das Geschehen nicht direkt betrifft, in Texten verarbeiten können. Bei mir war
es vor etlichen Jahren eine Dokumentation im TV über Tierversuche. Das wühlte mich ungemein auf und gleich danach verarbeitete ich meine Gefühle
in einem Gedicht.

Nochmals liebe Grüße ins Mühlviertel von Lai:Blume:

Thomas 25.12.2015 10:59

Lieber Erich,

das ist natürlich sehr gut, gerade weil es einem die Sprache verschlägt. Saß Wort "Gnade" halte ich für passend, da es vom Stamm um Hilfe bitten bzw. gewähren kommt. Ich sehe nichts, was man verbessern sollte. Gratulation zu diesem gelungen Werk.

Liebe Grüße Thomas

Erich Kykal 25.12.2015 17:55

Hi, Lai!

Wir verstehen uns!:)


Hi, Thomas!

Vielen Dank für die Blumen - sehr gern dran geschnuppert!:)


LG, eKy

juli 28.12.2015 17:56

Moin Moin eKy,
Wer den Tod vor Augen hat, sieht das Wesentliche. Kinder gehen damit ganz spontan um. Sie sagen Wahrheiten und trösten oft ihre Eltern, weil sie instinktiv verspüren, das sie sich in einer außergewöhnlichen Situation befinden. Ein Hospiz ist ein Ort, wo die letzten Minuten des Lebens lebenswert gestaltet werden. Ich kenne solche Situationen aus meiner Arbeitswelt, und die Ohnmacht ist sehr groß.

Du beschreibst die Situation in der 2.S.

Wenn Kinder vor den Eltern / Erwachsenen sterben müssen verschlägt es einem die Sprache. Du hast hier Worte gefunden. Und endest :

Mariechen kann schon lange nicht mehr stehen,

und fragt und weiß doch viel für ihre Jahre.
Sie sammelt ein, was sie zusammenhält:
Der Kindheit Zauber und das Wunderbare.


Das tröstet zur gleichen Zeit.:)

Es ist sehr traurig, wenn Kinder sterben müssen, und gar niemand kann das ändern.........

Sehr gerne gelesen, weil du Worte für Situationen des Lebens gefunden hast, die Niemand erleben möchte.

Liebe Grüße sy

:Blume::Blume::Blume:

Erich Kykal 28.12.2015 18:21

Hi, Sy!

Du bringst mit wohlgesetzen Worten das Dilemma auf den Punkt.

Meine selbstanerzogene Soziopathie schützt mich weitgehend vor Empfindungen gegenüber erwachsenen Mitmenschen aller Art, aber bei Bildern der Unschuld und selbstloser Lebensfreude versagt der Panzer: Tiere und Kinder lassen mich nicht kalt!

LG, eKy


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