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Blaugold 30.04.2011 13:52

Neuer Wein
 
Er gab in Anbetracht von klarem Geist,
Gedanken an die Hörer neben ihm,
der voller Neuem und erkenntnisreich
die Welt beleuchtete, ein Hohelied

von neuem Wein direkt aus Quellengrund.
Nur wenige erlabten sich darin.
Die alten Schläuche, namentlich das Buch,
verehrten sie noch mehr und sahen nicht,

dass das, was einzig Eins und wirklich ist,
niemals in einer toten Masse lebt.
Ihr Geist erfüllte sich mit einem Sinn,
der wie ein Wind seit tausend Jahren weht,

und immer noch nach alter Maische riecht.
Das ewig Neue, so wie frischer Wein,
muss stetig zeitnah, auch in klarem Geist,
erfahren werden. Alter Glaube frommt,

doch stellt er auch bequeme Schläuche dar.
Und in der Tradition erwartet dann
das pilgernde, verseelte Menschenherz,
dass ihm der Schlauch in heiligem Gebet

mit Wein gefüllt wird. Doch aus zweiter Hand
- was alles ist, das nicht aus Quellen fließt -
ist niemals etwas frisch. Schon gar nicht Wein,
der durch Konstrukt und Vorstellung entsteht;

auch die sind alt. Vergangenheit, ergötzt.
Und so erkennt ein reiner, freier Geist,
was neuer Wein in alten Schläuchen ist:
Verstehen wird gebeugt, damit es passt.

In Anbetracht von Quellen, hier und jetzt,
ist dieser Fluss vom Grund und Sein die Crux.
In jedem Augenblick und ewig neu,
doch nur, ist auch der Geist kein alter Schlauch.




Walther 01.08.2011 19:05

Na,

lb. Blaugold,

das ist eher philosphisch, auch wenn es den alten/neuen Glauben/Wein in alten und neue Schläuchen geht. Ja, man kann in der Tat das Wort, welches auch immer, zu Tode auslegen, solange zurecht dengeln und strecken und mischen, bis alles gleich schmeckt - oder gerade so, wie's am besten paßt.

Die Form ist kunstvoll, hat m.E. aber einige Längen. Das Gleiche wäre kürzer schöner gesagt, finde ich. Deiner Argumentation kann ich jedoch folgen und zustimmen.

LG W.

Stimme der Zeit 18.08.2011 18:16

Hallo, Blaugold:),

interessant, dass du ein Bibelzitat aus dem neuen Testament zugrunde gelegt hast. Aber gerade durch diese Symbolik wird die Bedeutung deines Werkes besonders klar.

Wahrheit ist Wahrheit. Da gibt es nichts daran zu rütteln. Wenn man bedenkt, dass der von dir erwähnte "klare Geist" kam, um die "alten Tempel" zu zerstören und prompt seinetwegen neue errichtet wurden (bzw. eben die "alten Schläuche" wieder hergenommen wurden), dann wird deutlich, was du meinst. :rolleyes:

Der "neue Wein" hatte nie eine Chance, lieber Blaugold. Denn das Streben der Menschheit liegt immer (noch) im Erlangen von Macht und Status. Dazu braucht es die alten Schläuche.

Dennoch: Weißt du, warum man (im tatsächlichen Sinn) keinen neuen Wein in alte Schläuche füllen darf? Weil er gärt und ein mürber, alter Weinschlauch dadurch ganz einfach platzt - irgendwann ... ;)

Das ist nur eine Frage der Zeit, und deshalb auch ein Trost. Außerdem darf man nicht vergessen: Es verging bis zur ersten Niederschrift wohl ungefähr ein halbes Jahrhundert und bis zu den ersten Spuren der Testamente (nach bisherigem Wissensstand) über ein Jahrhundert. Tja, da braucht man nur an die berühmte "Flüsterkette" in der Schule zu denken, damit klar wird, was man davon halten muss.

Formal hast du die Betonungen an ein paar Stellen "zurechtgebogen" ;), aber ich meine das als Kompliment, geschickt gemacht. :) Der durchgehende fünfhebige Jambus mit rein männlichen Kadenzen ist absolut fehlerfrei - bis auf eine einzige Stelle:

Zitat:

niemals in einer toten Masse lebt. - XxxXxXxXxX
niemals wird Xx betont. Wie wäre es (als Vorschlag) mit:

auf keinen Fall in toter Masse lebt - xXxXxXxXxX

(ich dachte, "auf keinen Fall" wäre vom Sinngehalt her identisch mit "niemals".)

Wenn es dir nicht zusagt, kein Problem. Dir fällt sicher etwas Passendes ein.

Sehr gerne gelesen und kommentiert (wie du ja mittlerweile weißt).

Liebe Grüße :)

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