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a.c.larin 09.05.2010 08:03

Ein bisschen so
 
Zu sterben ist ein bisschen so:
Es schwindet nach und nach Vertrautes,
ganz leise nur. Da ist nichts Lautes,
das sich in jene Zeit verliert.
Da ist nichts Wildes, nichts Brutales.
Entzwei geht nur was ganz Normales,
das einfach nicht mehr existiert.

Zu sterben ist ein bisschen so:
Ein Baum fällt um. Ein Lied verklingt.
Erinnertes kommt, blass, abhanden.
Wie trockne Flüsse, die verlanden,
Geschirr, das irgendwann zerspringt,
ist Sterben auch ein bisschen so
wie Leben: Gehen durch die Pforte.
Da hilft nur Mut. Oft fehlen Worte -
und keiner weiß, ob es gelingt.

Wenn dich dein Lebensmut verlässt
im Sterben, halt dich nur gut fest!
Was immer nun die Stunde bringt,
bleib stark, geh tapfer ihr entgegen.
Auch Sterben ist nur so wie Leben
schon immer war, auf allen Wegen....

Walther 17.05.2010 15:57

lb. larin,

die ersten beiden Strophen sind wunderbar geworden, klug, wohlkomponiert, ruhig, bedacht. Die dritte will da nicht passen, obwohl es sicherlich dafür gute Gründe geben mag. Jedenfalls läßt sie mich ein wenig unbefriedigt zurück, mit dem leisen Gedanken: Das ginge besser. Aber vielleicht liege ich damit auch ganz und furchtbar falsch.

Gerne gelesen und bedacht.

LG W.

a.c.larin 22.05.2010 06:59

hallo walther,

danke, dass du dich an diesen text herangewagt hast.
ich kann mir vorstellen, dass das gar nicht so einfach war.
sich mit der eigenen endlichkeit zu beschäftigen ist ja nicht gerade ein sonntagsvernügen....

der bruch, den du da heraushörst, kam möglicherweise so zustande:
die ersten beiden strophen schrieb ich aus dem bauch raus, aus der beobachtung und dem nachempfinden, verknüpft vielleicht mit vorahnung, intution.
was kann ich als (noch) lebender letzlich schon vom sterben wissen?
doch nur das, was ich an anderen beobachte und selber im stillen darüber vermute.

an genau diesem punkt schaltete sich dann das darüber denken ein: was könnte, würde ich einem sterbenden zu vermitteln versuchen für diesen letzten aller wege?
das schien mir dann aber auch wieder irgendwie zu vermessen, hier "wissen" zu wollen, was ich gar nicht wissen kann.
was ich aber weiß, ist: kein mensch wird plötzlich ein ganz anderer!
das wahrscheinlichste ist, dass er auch diese letzte krise so zu bewältigen versucht, wie alle anderen vorher.

ich habe mir selber in schwierigen situationen immer gut zugeredet, ich nehme also an, dass ich das auch in meinen letzten stunden tun würde.

in diesem sinne ist die letzte strophe vielleicht als eine art "konzept für den notfall" zu verstehen.
da mir noch nie jemand brauchbare tipps geben konnte für: "was mache ich, wenn..." habe ich im laufe meines lebens gelernt, mein eigener ratgeber zu sein.
das hat bislang immer funktioniert.
möglicherweise funktioniert es auch am schluss.

da das leben nicht immer nach wunsch verläuft, ist das unvollendet/unbefriedigt - sein am ende vielleicht auch noch mal eine tatsache, die man mitzudenken hat.
wie gehe ich um mit dem fragment meines lebens...?

ich denke aber, es ist ganz egal , wie alt man letzlich wird und wie viele seiner träume man sich erfüllen konnte oder auch nicht: das leben bleibt immer etwas, das auf ergänzung, vervollständigung wartet......

und wer darauf hoffen möchte, der kann und sollte es auch tun.....

ganz liebe grüße,
larin


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