Gedichte-Eiland

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Erich Kykal 26.02.2018 17:05

Schwindende Kreise
 
Es fühlt sich an wie lang dahingegangen,
wenn ich zuweilen im Verschämten wühle,
im Bodensatz bewältigter Gefühle,
die meine Selbstbeherrschung nie bezwangen:

Ein Stern, vom Himmel einst herabgefangen,
zutiefst ersehntes Glück, die süße Schwüle
zu lang verkrustet in entrückter Kühle -
kein Atemholen mehr, kein Hingelangen!

Zu spät dafür, sich anders zu besinnen,
der letzte Zug ist lange abgefahren.
Kein Sehnen mehr, von vorne zu beginnen,

was unaufhörlich auf der Seele lastet
und abgeschmackt verkümmerte in Jahren.
Die Kreise schwinden und das Leben fastet.

Chavali 01.03.2018 16:10

Nanu, lieber Erich,

noch keine Rückmeldung?
Dabei ist das so ein schönes Sonett! :)

Gekonnt wie immer verdichtest du hier ein Dilemma:
Die Erkenntnis, im Leben etwas versäumt zu haben - ob gewollt oder ungewollt -
und die daraus schlussfolgende Einsicht:
Es ist zu spät.
Warum auch immer. Alter, Krankheit, fehlende Motivation....

Gern gelesen!
LG Chavali

Erich Kykal 01.03.2018 16:45

Hi Chavi!

Danke, dass du dich dieses "Kleinods" erbarmt hast! ;):):Kuss

War irgendwie nicht lang genug an der Forenoberfläche und versank eher unentdeckt.

Ja, du hast meine Intention erfasst! Ich fürchte, diese Art von Einsicht wird uns in den (noch?) kommenden Jahren öfter ins Haus stehen!
Ich fürchte, man gewöhnt sich daran ... :rolleyes::o

LG, eKy

Sufnus 01.03.2018 16:51

Dieses wundervolle Sonett, dass gleichzeitig von einem intimen wie auch dezenten Wehmutston erfüllt ist, habe ich ebenfalls ganz übersehen - dieses Forum ist einfach viel zu produktiv...

Es ist für mich ein Liebesgedicht... eine verlorene, ferne Liebe, die doch noch, durch alle Sinterschichten hindurch ins Heute hinein strahlt.

Als schönste Zeile empfinde ich, "ein Stern, vom Himmel einst herabgefangen" und der literarisch aufregendste Moment des Gedichtes ist der jähe Wechsel im Sprechduktus zu "der letzte Zug ist lange abgefahren". Da scheint der Alltags-Jargon vom alten Dr. Benn plötzlich durch...

Sehr sehr gerne gelesen!

Erich Kykal 01.03.2018 17:27

Hi Sufnus!

Richtig erkannt: An dieser Stelle am Übergang von Quartetten zu Terzetten wollte ich eine besonders deutliche lyrische Zäsur setzen, die einen aus dem beinah eher weich romantisierten Duktus der bisherigen Betrachtungen quasi herausreißt - so als gäbe sich dasLyrIch an dieser Stelle selber einen Ruck, um sich zusammenzureißen und der nüchternen wie ernüchternden Einsicht zu stellen, dass manche Chancen eben NIE mehr wiederkommen!

Und was immer das gewesen sein mag, ist wohl für jeden etwas anderes - es KANN natürlich auch eine leichthin verschenkte Liebe sein: Aus, vorbei!

Vielen Dank für die probaten Einlassungen! :)

LG, eKy


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