8. Meditation
 

"Halten
dich
mich zurück
den Atem an
mich an dich
dich fest
aber nicht
dich zurückhalten
nein
das nie." (Erich Fried)

Begreife kaum
dass du nicht mehr da bist
will dich wieder halten
ganz fest
aber nicht
festhalten.

Kann dich gut verstehen
wenn du "nur" dir gehören willst
nicht denen
die besessen sind vom Besitz
weil sie sich
nie besaßen.

Ein ungewisses Stück
weit
mit dir gehen
aber nicht
verschmolzen
verschmort
verbrannt
verstümmelt
eher
Bindungen suchend
Stricke und Ketten verfluchend.

Dir geben
von mir
uneingeschränkt
bedingungslos
aber nie
mich hingeben
weggeben
aufgeben
abgeben
an der Garderobe der leeren Hüllen
um im großen Theater
meine kleine
unscheinbare Statistenrolle
zu spielen.

8. Meditation
 

Hallo Chavali,

ich denke schon, dass ich Erich Fried zitieren darf, auch wenn er noch keine 70 Jahre tot ist.

Anfangs konnte ich auch nicht viel mit ihm anfangen, aber als ich mich immer mehr auf seine Texte eingelassen habe, konnte ich sehr viel darin finden.

Ende der siebziger Jahre habe ich ein Seminar besucht, das er geleitet hat - und ich muss sagen, dass er mich vor allem als Mensch sehr beeindruckt hat.

Mittlerweile mag ich die meisten seiner Gedichte sehr. Aber das ist natürlich Geschmacksache.
Irgendwie hat er meinen Stil beeinflusst.
Das vorliegende Gedicht ist über 30 Jahre alt. Damals habe ich etwa 20 "Meditationen" geschrieben - aber die meisten davon taugen nicht viel.

Du hast den Text sehr gut interpretiert - es geht um Freiheit und Bindung, eine freiwillige, ungezwungene, die Raum für beiderseitige Entwicklung lässt -
es war eine wilde Zeit damals!

Danke für deinen Kommentar,

viele liebe Grüße

wüstenvogel