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Al le Gordien 28.07.2022 00:08

Geschichten aus den Wäldern
 

Geschichten aus den Wäldern


…Ich ging in den Wald und bot den Bäume und Sträuchern meine Freundschaft an. Bald hatte ich unzählige neue Freunde gefunden, auch lustige Waldmäuse waren dabei...sie fragten mich wo denn meine große Liebe sei, die sie in ihren winzigen Herzen und den fein-pelzigen Körperchen spürten.

Ich wusste keine Antwort und sie sandten ihr Grüsse. Ich nahm ein Marienkäferchen von einem Halm und gleich streckte es seine winzigen Flügel unter dem Panzerchen hervor und startete mit einem zarten Sausen in den warmen Wind des Nachmittags und eine Maus mit wunderschönen hellgraublauen Augen flüsterte so leise, dass ich mit meinem Ohr ganz nahe an ihr kleines Mündchen kommen musste, um sie zu verstehen:

"Wir Tiere können zwar selbst nicht lieben, aber wir spüren wenn ein Menschenwesen eine große Liebe im Herzen trägt. und selten noch, du Wanderer habe ich jemals eine derart große in einem Menschen gespürt wie bei dir..."

damit verschwand sie raschelnd in den Grashalmen und kleinen Sträuchern am Wegesrande....

...und ich ging nachdenklich weiter und träumte von dem Menschen, den ich über alles was es gibt, liebe und fragte mich: wie kann eine derart unermessliche Liebe entstehen? Und keine Maus war mehr zu sehen, um mir einen Antwort zu flüstern. Und so ging ich dahin unter dem grünen Dach, das nur ab und zu von der Sonne durchblinzelt war. Mit der wichtigsten Frage meines Lebens als Rätsel in meinem Herzen...

...und dann saß - dort wo ich üblicher weise im Wald umkehre - ein Füchslein und blickte mir ohne Scheu entgegen.

"Du bist doch ein mit allen Wassern gewaschener Mann...schlau wie wir Füchse...wie ist das, wenn ein mensch wie du liebt und doch immer wieder herausfindet, dass die Geliebte ihn ohne Zögern hintergeht und betrügt?....

"ich weiß es nicht, Füchslein...", antwortete ich.



"es tut nur deshalb weh, weil die Frau die ich liebe, meine größte Kostbarkeit ist, sonst wäre es mir gleichgültig."....

"Dann musst du dich irgendwann entscheiden, das Kostbarste aufzugeben."
meinte das Füchslein....

"Noch kann ich nicht, lieber Fuchs, aber der Zeitpunkt rückt näher....und er ist gestern um 23:45 wieder ein wenig näher gerückt...!"

"Gut." sprach der Fuchs...

"sind deine Gedanken, weiser Wanderer...aber bedenke: eine große Liebe macht unweise...!" und mit diesen Worten verschwand der Fuchs im Wald.

Und als ich schon fast am Ende des Weges angekommen war, sah ich da eine Krähe auf einem abgestorbenen Baum sitzen. Wie wir wissen gehören Rabenvögel zu den klügsten Geschöpfen in der Tierwelt. Sie hielt ihr Köpfchen schräg und blickte mich mit ihrem schwarz-glänzendem Auge an:

„Ah - Wanderer nun erkläre: wirst du dich an dein Gelübde halten und die Frau die du über alles liebst, nie im Stich lassen?“

„Gewiss werde ich das.“ Sagte ich.

„Und selbst wenn der Glanz ihrer Kostbarkeit trüber und zuletzt glanzlos und tot geworden ist, wie der Baum auf dem ich sitze?“

fragte die krähe weiter.

„Ja,“, sagte ich,

„denn ein Gelübde ist etwas Endgültiges, es gilt bis zur letzten Sekunde des Lebens.“

„Dann sieh es so:“ meinte die Krähe,

„am Ende wirst du erkennen, dass die Summe deiner erfahrenen Weisheiten so schwarz wie mein Gefieder ist.“




Mit diesen Worten schlug sie ihre Flügel mehrmals mit leisem Zischen und flog gegen die untergehende Sonne in deren Licht sie wie ein Scherenschnitt verschwand.

Ich träume vor mich hin und denke an das was die Liebe in uns anrichtet...an Freude und Schmerz. Und wieder erkenne ich einen Hauch von Wahrheit: Es ist alles ein Märchen...mit Feen und Nymphen - den Gesandten Lucifers - und Zwergen und Fabelwesen, den Boten der oberen Zwischen-Welt... es ist die fragile Scheinbarkeit, die uns mit einem Hauch des Möglichen erfüllt, so als würden wir unsere Seelen vom Wind die Zeit eingehaucht bekommen.

Erst wenn wir uns in jenem Raum unseres Seelen-Labyrinths umschauen, den ich den EVER-ROOM nenne, weil in ihm alle Liebe der Menschheit aufgehoben ist, erkennen wir einen weiteren Funken Menschseins; so als würden wir jenen Stern am Ende des Kosmos sehen...der der Erste war.

Die Liebe ist vergleichbar mit endlosen Spinnweben, die sich über den gesamten Kosmos erstrecken. Sie dünken uns zart und zerbrechlich…weich und farblos…und es ist nichts das wir erkennen können.

Erst wenn wir uns in ihren seidigen Fängen verwirrt haben und ihr süßer Duft uns wie der Speichel einer der Nymphen Luzifers berührt, dann erkennen wir, dass wir verloren sind und Pandämonium mit dem Paradies verschmolzen ist. Wir begegnen der Liebe nicht: Sie sucht uns, wählt uns aus. Sie kann überall sein - da sie überall ist.

Mich überrumpelte sie in der Türe zu einem Zimmer im le Meridien in Hamburg am 29. Mai. 2013, dem Schmetterlingszimmer. Es erinnert mich an die letzte Glückwunschzeile meiner geliebten zu früh verstorbenen Frau Lucy zu meinem 66 Lebensjubiläum...im Jahre 2012:

„Dein zitternd flatternder Schmetterling.“


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