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Freihammer 08.02.2021 14:22

Ich suhle mich in Fangoschlämmen
 
Ich suhle mich in Fangoschlämmen

Der Mensch an sich ist hart gesotten.
Mich als das Tier lässt er verrotten.
Doch ich hab schon ein dickes Fell
und denk: Was willst du Drahtgestell?

Du nimmst am Morgen dein Gepränge
herunter von dem Drahtgestänge
und nennst dies salbungsvoll noch Bügel.
Ich als ein Tier hab keine Zügel.

Ich trage Schuppen, Borsten, Schwarten.
Der Mensch mit seiner Haut, der zarten,
muss schamponieren, cremen, kämmen.
Ich suhle mich in Fangoschlämmen.

Der Mensch riecht selbst im Wald nach Leuten,
nach Autos, Gummis, selbst gebräuten
Getränken, die er mitgebracht hat.
Mein Gott, was man schon mitgemacht hat!

zoe 16.02.2021 14:58

Lieber Freihammer,

vielleicht haben wir alle etwas von einem Tier, schliesslich ist auch der Mensch ein Teil der Natur.

Liebe Grüsse
zoe

Freihammer 17.02.2021 14:55

Ich suhle mich in Fangoschlämmen
 
Danke zoe, das stimmt. Und wir sind ihr sehr verbunden.

Ich denke da z.B. an François Villon (1431 – nach 1463),
der in den Nachgedanken zu seiner „Mäuseballade“ verfasst haben soll (Übersetzer Paul Zech, der hat auch viel selber verfasst):

„Im milden Licht der Winternacht
hab ich mich zu den Mäusen aufgemacht.
Du aber fragst, warum denn nur?
Hör zu, es ist kein Tier so klein,
dass es nicht könnt ein Bruder von mir sein.
Ich weiß die Spur nicht erst seit gestern Nacht.
Mich hat schon manches Weib zum Tier gemacht.“

Oder an Matthias Koeppel, der ein ganzes Büchlein in Starckdeutsch verfasst hat, u.a. auch:

Knaut

Oisbur, dn Oisbur
lüübt dr Mansch olz Jongtiur.
Ulle wullen ühn petutteln
ont ühn kniknaknutihutteln.
Üsst's Tiur dönn paldt arwauxen
maucht öss keune lungken Fauxen,
fraßßt dm Mansch mütt Harr ont Hautt -
röllpzt nuch mall, ont brommt: Schmöckkt gaut."

Hier geht die Liebe zur Natur, in dem Fall zwischen Mensch Tier, sogar durch den Magen. Leider hat Knut ein anderes Schicksal erlitten.

Sei herzlich gegrüßt von Freihammer.

Romantiker2016 23.02.2021 11:20

Von Bakterien und Kälbern
 
Tja, Humor ist, wenn man aus Sicht des Tieres den Menschen parodistisch erklärt ? Vielleicht - und vielleicht ist der Mensch in seinem derzeitigen Auftreten in mannigfaltiger Form zu zerstörerisch unterwegs: Quasi ein schädliches Bakterium für die Erde; was solls, die wirklichen Bakterien werden uns überleben.^
Das Gedicht ist sehr gekonnt im Raum von "augenzwinkender Ironie" angesiedelt, Freihammer und wirkt wohltuend für den Gesit, - ist ohne störende Ecken und Kanten.^ - Danke dafür, Holger

Dies noch:

Das Kälbchen

Es war ein Kälbchen auf der Weide -
sprang im Licht der Sonne übers Grün;
Gras und Blumen waren seine Bleibe,
ein freies Leben, ohne Sorgen, ohne Mühn.

Dunkel ward´s, Getriebe klangen -
es roch nach Blut und Fleisch und Tod -
da war ein nie gekanntes Bangen
in des Kälbchens Sinn, in seiner Not.

Wir nähren uns von diesem Tierchen,
sind frohgelaunt am festlich Tisch;
dazu ein Wein, ein gutes Bierchen -
den Tod in uns - gewürzt und frisch.

Freihammer 23.02.2021 15:57

Ich suhle mich in Fangoschlämmen
 
Hallo Holger,

da hast du dich von meinen Zeilen ja wunderbar inspirieren lassen.
Apropos Inspiration: Zu dem Thema hat noch einmal der Starckdeutsch-Dichter Matthias Koeppel ein schönes Gedicht beigetragen, das zumindest einen Teil deiner Getränkepalette auch enthält:

Ünnschpirattatzjaun

Vüll drr Deuchtar ötwosz deuchtn,
pföllt iss ühm nöcht immbar leuchtn,
dönn di Ünnschpirattatzjäun
kimmt nöcht su vnn gontz arleun.
Nömmnßtde Vaibur, Wuin, Kesungg, -
wörrstde tschlaupp tarvunn ont krunck!
Zicharste Ünnschpirattzjurrn
kimmt vnn Bür müdd Dappulkurrn.

Was bei dir an tierischer Nahrung vorhanden ist, fehlt bei Koeppel. Dafür ist das Fehlen des Doppelkorns als "geistige" Nahrung bei dir zu verkraften.

Sei herzlich gegrüßt von Freihammer.


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