Gedichte-Eiland

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a.c.larin 15.08.2009 08:10

Vage Erinnerung
 
Wenn innrer Drang aus Sehnsuchtsvollem
sich seine eigne Welt kreiert,
und Bilder malt, aus Traum und tollem,
weil unerfülltem Wunsch, gebiert -

Wenn innres Wollen nichts im Außen
als Gegenüber findet, Halt,
und nun die Träne fließt, weil draußen
die Welt so fremd erscheint und kalt -

Wenn Phantasie Geschichten bildert
und längst die Wahrheit überhöht -
Wird je dadurch der Schmerz gemildert?
Kommt alles Träumen nicht zu spät?

Da stehst du nun, in deinem Jammer,
ob du ihn mit der Zeit vergisst?
Die Trauer fällt als schwerer Hammer -
und sucht verzagt in trüben Bildern
nach dem, was war, und nicht mehr ist....

Alive 15.08.2009 08:24

Liebe larin.
Dein Gedicht lässt mich metaphern:

Sandburgen werden häufig von der Flut zerstört.
Oder vorher von einem selbst.
Neu zeigt sich daraufhin der Strand, doch nicht mehr wie gewohnt.

Oder:
Durch stetiges Zerstören, in der Regel selbstgewollt,
verändert sich der Blick.
Erst recht auf Vergangenes.

Alive

a.c.larin 15.08.2009 08:30

lieber alive,

dass sich der blick durch zerstörungen verändert- da hast du recht.
aber nicht alles zerstören ist selbstgewollt...


larin

Dana 04.09.2009 21:39

Liebe larin,
so unzugänglich wie "ein/eine Leidende(r)" in diesen vagen Momenten ist - so zugänglich hast du es "verreimt". Jeder "gute Rat" (meist Floskeln) wird mit einem "Aber" abgetan - weil niemand, niemand versteht. Selbst ein bekennender Leidensgenosse erfährt, dass die Lage des lyr. Ich viel schwerer wiegt.
Die Wahrheit wird nicht mehr erkannt und anerkannt, sie wird durch Traum und Phantasie verklärt.
Ob das hilfreich oder schädlich ist, mag ich nicht beurteilen. Ich halte mich daran, dass nur ausgelebte Schmerzen heilen. Diese brauchen Zeit.

Deine "Vage Erinnerung" gefällt mir - ich mag lyrische Traurigkeiten.

Liebe Grüße
Dana

a.c.larin 05.09.2009 16:01

hallo dana,
das erinnern bleibt wohl immer ein wenig vage - weil es subjektiv ist.
und mit der zeit vermischen sich tatsachen, emotionen und schlussfolgerungen.

alives bild von der sandburg, die davongeschwemmt wird, hat schon etwas richtiges an sich. ebenso erodieren auch erinnerungen mit der zeit, verändern sich in ihrem gehalt und in ihrem ursprünglichen eindruck.

wobei ich immer noch meine, dass das verlorene an sich keine luft -oder sandburg gewesen sein muss. geschichtliche ereignisse haben schon auch ganz handfeste dinge fortgeschwemmt und fortgerissen. und dann bleibt denen, die es gekannt haben, eben nur noch ein vages erinnern (soferne keine "objektives" dokumentationsmaterial vorliegt).

aber selbst bei geschichtliche dokumentierten großereignissen bleibt die schwierigkeit, sie "objektiv" in erinnerung zu behalten - weil unsere wahrnehmung immer "subjektiv" gefärbt ist. und die geschichte selbst wird ja meist von den siegern geschrieben und überliefert....

im grunde genommen entwickelt jeder mensch seine eigene historie - und mit der muss er dann frieden schließen, irgendwie.
viel "anzuraten" gibt es da wohl nicht. nur aus der eigenen erfahrung (wenn überhaupt) kreiiert der mensch seine eigene lösung...

liebe grüße auch an dich,
larin

Chavali 06.09.2009 14:26

Liebe larin,

wenn wir uns erinnern, erinnern wir uns nicht an das, was wirklich war, sondern an das, wie wir es sehen wollen.
Wieviele Dinge rücken wir in ein sonniges Licht, weil der Mensch das Schlechte eher vergisst als das Gute und Schöne.
Unser Denken ist doch im Allgemeinen aufs Positive ausgerichtet - deshalb gibt es auch den Spruch vom
Gras über die Sache wachsen lassen.
Manchmal möchte man sich jedoch auch an das weniger Gute erinnern könne, um den klaren Blick auf die Dinge nicht zu verlieren.

Diese Überlegungen hierzu hast du schön verdichtet - und sehr nachdenklich.


Lieben Gruß,
Chavali

a.c.larin 11.09.2009 13:10

liebe chavali,

ich weiß gar nicht, ob das sich-erinnern so sehr eine sache des wollens ist -entweder es passiert -oder es passiert nicht!
ich glaube, dass es viel mehr damit zusammenhängt, wie erlebtes im gehirn abgespeichert wurde. und das wiederum hängt zusammen mit den emotionen, die jemand hatte, während er etwas bestimmtes erlebte. denn starke emotionen sind auch von intensiver ausschüttung chemischer botenstoffe im gehirn begleitet - diese "brennen" dann den "inhalt" gewissermaßen ins gehirn ein. je intensiver die chemie, desto besser und nachhaltiger wird etwas gemerkt. wieviel chemie im spiel ist, hängt also auch davon ab, welche bedeutung ich einer bestimmten erfahrung zumesse.

man hat es wissenschaftlich untersucht und herausgefunden:
am besten wird behalten , was

1.) angenehm und wichtig war oder
2.) was unangenehm und wichtig war ... danach kommt,dass, was
3.) angenehm und unwichtig war. schlusslicht:
4) unangenehm und unwichtig.

viele erinnerungen sind auch gar nicht "weg" - sondern nur der zugriff ist verschüttet. etwa, wenn einem ein wort nicht gleich einfällt ( das nennt man dann "wortfindungsschwäche").
allzubelastendes wird auch gar nicht bewusst "vergessen", sondern (als selbstschutz, den die psyche automatisch vornimmt) abgespalten, verschoben, verdrängt, umgewertet.....
sich an etwas "vage" zu erinnern , kann also auch bedeuten, dass man es nicht wagt, sich genau zu erinnern ( weil mit der erinnerung auch unangenehme, belastende gefühle auftauchen würden....)
vage erinnertes oder gar nicht erinnertes ist dann keinesfalls "weg" , sondern nur "unterm teppich" - wo es (weil unbewusst) allerhand unfug, wie zum beispiel überzogene reaktionen, erzeugen kann......

unser denken richtet sich nach der emotion, nicht umgekehrt.
wenn ich mich froh fühle, werde ich froh denken.
der umkehrschluss funktioniert leider nicht so gut. nur weil ich frohes denke, muss ich noch nicht froh werden ( wenn nämlich im unbewussten, das heimlich mitmischt, noch ein paar leichen im keller liegen.....)
was aber der fall ist , ist die tatsache, dass jeder organismus, jedes lebewesen in seiner gesamtheit die bestrebung hat, in irgendeine art von balance zu kommen. mitunter auch auf sehr abenteuerliche weise, bei der vielleicht wieder andere lebewesen schaden nehmen....

gras über eine sache wachsen zu lassen ist sicher gut und richtig - aber vorher müssen die "leichen", die möglicherweise darunter liegen, gewürdigt und ordnungsgemäß bestattet werde.....
andernfalls nimmt der spuk einfach kein ende....
liebe grüße,
larin


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