Gedichte-Eiland

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Erich Kykal 31.10.2019 16:23

Des Lebens blinder Passagier
 
Ich lebe als der Glöckner meiner Dame,
sie nennt sich Trägheit und sie liebt mich wild,
auch wenn ich hässlich bin wie die Reklame
für Pickelwasser auf dem „Vorher“-Bild!

Ich lebe als das Monster unter Betten,
die unbenutzt in Kemenaten stehn,
und wären sie's – was wollen wir drum wetten? -
dann wollten mich die Damen gar nicht sehn!

Ich lebe als das Abziehbild der Rolle,
die mich so eben funktionieren lässt,
und werfe meinen Lebensfrust ins volle
Programm bei jedem Überlastungstest.

Ich lebe als der Cowboy, der die Rinder
für klüger hält als jeden, der sie treibt.
Ich bleibe ungeliebt und ohne Kinder,
und weiter nichts, was von mir übrigbleibt.

Ich lebe als ein Treppenwitz von Coolen,
für die kein Sterbenswort mehr heilig ist,
und gehe mich in ihren Sümpfen suhlen,
als wollte ich, dass mich die Welt vergisst.

Xenia 16.12.2019 19:01

Lieber Erich,

das wird dir nicht passieren, du hast dein Vermächtnis schon hinterlassen.
Dass manche Rinder klüger sind als ihre Cowboys, ist allerdings eine Tatsache, die sich nicht bestreiten lässt.
Es mag sein, dass der ein oder andere mit einigen Eigenschaften ausgestattet ist, die ihm wenig Erfolg im Zwischenmenschlichen bescheren. Dafür hat er sicherlich andere Vorzüge. Daruf sollte er sich konzentrieren.

Einen lieben Gruß von Xenia :)

Erich Kykal 17.12.2019 18:44

Hi Xenia!

Nichts ist so illusorisch wie die Vorstellung von einem hinterlassenen Vermächtnis! Was bleibt, verblasst rasch, und wie lang bleibt es? Selbst die Besten unter Künstlern und Literaten bleiben bestenfalls nur wenig hundert Jahre an der Oberfläche des kulturellen Gedächtnisses - jeder kriegführende Potentat oder bluttriefende Feldherr bleibt den Nachfahren länger präsent als die Dichter, Maler und Steinmetze der gleichen Zeit!

Wer liest heute noch den einst so himmelhoch verehrten Goethe? Wer kennt noch Namen wie Gryphius oder Walter von der Vogelweide?
SEHR wenige, das glaube mal!
Auch wir versickern unvermeidlich, spätestens wenn die Sprache sich mit den Jahrhunderten so weit gewandelt hat, dass unsere Verse dem Leser unverständlich werden oder seltsam verdreht erscheinen. Aber die allermeisten von uns schaffen es gar nicht so weit - denn wie viele lesen heutzutage denn überhaupt noch Lyrik?

Wir sind Adepten einer verblassenden Kunstform, ohne Lobby, kaum von öffentlichen Interesse getragen oder überhaupt wahrgenommen. Wer bekam als letzter Dichter den Literatur-Nobelpreis? Niemand vermag im "Land der Dichter und Denker" von seiner Kunst zu leben!
Was mag da schon ein "Vermächtnis" bedeuten!?

Nein, Xenia. Wir schreiben zum eigenen Vergnügen, oder weil uns etwas dazu treibt. Ein Vermächtnis hat nichts damit zu tun, und wird auch kaum das Ergebnis sein. Da sollte man sich keine Illusionen machen. ;):rolleyes::o

LG, eKy


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