Gedichte-Eiland

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plotzn 08.08.2014 16:05

Geplatzte Träume
 
Misses Hippi, Blumenmädchen,
leidet am Burn-out Syndrom,
schaufelt kaum mehr mit dem Rädchen,
schwimmt jetzt lieber mit dem Strom.

Will nicht mehr durch jede Mauer,
mit dem Kopf und vehement,
kämpft nur noch mit flauer Power
gegen das Establishment.

Sitzt jetzt in der Chefetage,
bastelt dort an einem Joint -
Venture gegen gute Gage,
der Direktor ist ihr Freund.

Lebt zurzeit in der Kommune
mit dem meisten Steuergeld,
schmeißt im Sommer ab und zu 'ne
Party - Motto: 'Hippiewelt'.

Misses Hippi, 68,
San Francisco kennt sie nur
vom Hotel, der Zeitstress rächt sich,
von Entspannung keine Spur.

Hat genug von den Intrigen,
möchte noch mal zwanzig sein.
Gestern ist sie ausgestiegen -
aus dem Zug in Köln am Rhein.

Falderwald 13.08.2014 08:36

Moin plotzn,

sind das tatsächlich geplatzte Träume oder sollte man vielleicht sagen, angepasste Träume?

Die meisten haben sich doch mit ihrem Dasein arrangiert, auch wenn sie früher dem Establishment ziemlich kritisch gegenüberstanden.

Aber was bleibt dir heute auch anderes übrig, wenn du in dieser Konsum- und Verbrauchergesellschaft einigermaßen überleben willst?

Ich frage mich nur, warum sie ausgerechnet in Köln ausgestiegen ist.

Der Joint ist da nämlich immer noch illegal, wohingegen in vielen Bundesstaaten der USA Cannabis ja jetzt erlaubt ist.

Aber wie sagt man so schön? Legal, illegal, scheißegal.

Auch in Deutschland können ehemalige Steinewerfer und Turnschuhträger Bundesminister werden.
Der Opportunismus macht's möglich.

Ziemlich ironisch und sarkastisch dein Text.

Deshalb hat er mir auch gut gefallen. :)


Gerne gelesen und kommentioert...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Claudi 13.08.2014 13:00

Lieber Stefan,

wieso seh ich das denn erst jetzt? Da war ich wohl nur mit flauer Power bei der Sache und bin froh, dass Falderwald dieses Freuerwerk an plotzigen Wortspielen aufgesammelt hat. Sowas darf man sich nicht entgehen lassen! Ich habs wieder sehr genossen! :Kuss

Liebe Grüße
Claudi

Hollerith 13.08.2014 16:30

Hallo Stefan,

so spielt das Leben: erst einen auf Revoluzzer machen und dann die Karriere starten :D
Ich kenne einen namentlich, dem das gelungen ist: Joschka Fischer :o

Bitterböse und humoristisch zugleich ist dein Gedicht.
Allerdings frage ich mich auch, was die Dame in Köln sucht. Reimgeschuldet oder hat sie da noch einen Koffer stehen?

LG Holle

plotzn 14.08.2014 08:13

Hallo Falderwald,
manche Ideale und Ziele ändern sich mit dem Lauf des Lebens. Manchmal zum Guten hin, manchmal zum Schlechten, wobei das auf die Perspektive des Betrachters ankommt ;)
Köln hat keinen besonderen Hintergrund, es könnte auch jede andere Stadt sein, mir ging es nur um die Doppeldeutigkeit von aussteigen.


Liebe Claudi,
freut mich, dass es Dir gefallen hat. Ich erkenne mich selbst ein wenig in dem Gedicht wieder ;) zumindest einige der Ideale, die ich mit 17 hatte, haben sich ziemlich gewandelt.


Hallo Holle,
ja, Joschka ist so ein Beispiel. Mich würde brennend interessieren, ob er seinen Wandel bereut oder bewundert :D, aber ich fürchte, auf solche Fragen kriegt man keine ehrliche Antwort ;)
Köln hat keine besondere Bedeutung. Vermutlich wäre es klarer, wenn ich sie einfach nur aus dem Zug steigen lassen würde, ohne konkrete Stadt. Mal sehen, ob ich das einbauen kann...


Vielen Dank, Euch Dreien und liebe Grüße!
Stefan

momo 14.08.2014 09:53

Hallo plotzn,

die Idee finde ich super!
Beim Lesen erschien vor meinem inneren Auge Angela Merkel :D


mit vergnügen gelesen

LG momo

PS: Heute hat mir meine Fee eine Idee für die letzte Str zugeflüstert:

Hat genug von den Intrigen,
fürchtet nur noch Volksaufstand.
Gestern ist sie ausgestiegen!
Heute führt sie Bioland.

gewidmet : Angela Merkel

(grinsie, grins)

juli 14.08.2014 19:26

Hallo plotzn :)
 
Als ich dein Gedicht das erste Mal gelesen habe, dachte ich: Was soll das in dieser Rubrik?

Das ist doch eine Biographie, sie klingt auch ziemlich ernst.
Erst hinterher ( das mag an meiner Lesart liegen;) ) stellt ich fest,was Du meinst.:)

Das sich die Menschen so weit von ihren Idealen entfernen, dass sie sich selbst nicht mehr erkennen:Aua:rolleyes::D

Das sie in Köln am Rhein aussteigt -
damit habe ich keine Probleme, das ist für mich ein Sinnbild fürs Aussteigen:Blume:

LIebe Grüße sy

plotzn 15.08.2014 09:21

Hallo momo,
bei Angie kann ich mir Ausstiegsgedanken nicht so recht vorstellen, aber wer weiß... ;) Vielleicht war sie früher auch schon eine verkappte Revoluzzerin und träumt heute von der Biolandleitung - die tierischen Angestellten dort widersprechen auch nicht so oft... :D


Hallo sy,
das Gedicht ist irgendwo zwischen dem inhaltlich ernstem Thema "Lebensideale" und Humor in Form von Ironie und Wortspielen.
Zum Köln-Verwirrnis bastel ich gerade an einer neutraleren Version, bin mir aber noch nicht sicher, ob ich sie ändern soll:

Hat von den all den Machtintrigen
in der Bankerwelt genug.
Gestern ist sie ausgestiegen -
aus dem Intercity-Zug.


Vielen Dank Euch beiden und liebe Grüße!
Stefan

a.c.larin 15.08.2014 10:16

hi plotzn,

ich mag die doppeldeutigekeit in deinen zeilen - daher passt das gedicht für mich klar in die humor -rubrik.

meine lieblinge sind: "flauer power"
und joint-
venture. :D

ich denke, das sagt doch eh schon alles: wenn sogar schon manche wörter so leicht einen bedeutungswandel hinkriegen - wieso sollten nicht auch menschen sich mit der zeit verändern?
manches, was man als junger mensch als "ideal" angesehen hat - ist es halt dann einfach nicht, weil sich die lebenspraxis dem entgegenstellt,
weil sich auch träume an der realität des lebens zu bewähren und zu bewahrheiten haben! und vieles blebt dann eben nur "schaum".

ich möchte, ehrlich gesagt, nicht nochmal zwanzig sein und zwar deshalb, weil mir jetzt manches klarer erscheint als damals (was den eindeutigen vorteil hat, dass ich mehr darüber lachen kann, sowohl über mich als auch über andere. wir sind einfach nicht halb so ernst zu nehemn, wie wir manchmal glauben. :Aua)

gerne gelesen und bequacksalbert,
larin

plotzn 15.08.2014 18:51

Hallo Larin,

die Veränderung von Idealen mit fortschreitendem Alter sehe ich genauso und Dein "Schaum" drückt es gut aus. Es bleibt natürlich jedem selbst überlassen, welchen Wandel er als Reifung betrachtet und welchen als ungewollte Anpassung.

Und sich selbst nicht ganz so ernst zu nehmen, finde ich nicht nur sympathisch (versuche ich auch), sondern hilft auch bei der oft vergeblichen Suche nach dem Sinn des Lebens ;)

Vielen Dank für Deinen Kommentar und liebe Grüße!
Stefan

P.S.: Müsste es in Deiner Signatur nicht so was wie "dichtigo ergo sum" heißen?


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