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Dana 15.10.2009 22:04

Wenn und Ach
 
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Zur Neujahrsstille, tags danach,
gab ich mir eine eigne Feier.
Hab eingeladen Wenn und Ach,
wir trafen uns am alten Weiher,

der eisbedeckt auf bracher Flur
mich starren Auges schaute:
„Was willst du mit den beiden nur!“,
wobei der Uferrand schon taute.

Bedrohlich, ächzend war der Krach,
als schwarze Wasserwogen
zuerst das Wenn und dann das Ach
in eiseskalte Tiefe zogen.

.
.
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Falderwald 15.10.2009 22:27

Liebe Dana,

ein schönes Gedicht und alles ist ohne wenn und aber kurz und knapp auf den Punkt gebracht.
Was zuerst wie düstere Lyrik anmutet, sehe ich eigentlich im Fazit als recht positiv.
Alles "Wenn" ist vergebliche Liebesmüh, denn es bleibt rein spekulativ, weil die Realität doch anders aussieht. Ein nicht lohnendes Wunschdenken also.
Und auch das "Ach", das Klagen und Jammern bringt nicht wirklich weiter.
Wenn man sich von beidem erst einmal befreit hat, dann kann es nur aufwärts gehen, weil der Blick nach vorne wieder klar wird.

Das hat mir sehr gut gefallen.
Gerne gelesen und kommentiert. .. .:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Feingeist 15.10.2009 23:58

Liebe Dana,

für mich stellt sich hier die Frage - ist die ganze Unzufriedenheit, die ganze Belastung durch die Wenns und Achs auch in die Grammatik geflossen?

Die Idee, das Wenn und das Ach im expressionistisch angehauchten Weiher zu ertränken, finde ich nicht nur positiv sondern auch recht humorvoll.

Die Umsetzung dieser Idee gefällt mir teils sehr gut, teils weniger gut - hast Du das Werk vllt. aus einer Laune heraus geschrieben (wenn ich fragen darf :o )?

Schreibt man Neujahrsstille seit der NR mit einem s? Das sieht für mich immer noch sehr gewöhnungsbedürftig aus.
Zitat:

und traf mit ihnen mich am Weiher,
Die Inversion muss nicht sein. Und traf mich mit ihnen am Weiher folgt zwar dem Daktylus, aber man könnte darüber nachdenken, das Werk dahingehend zu ändern (Versmaß). Alternativ kann man auch im Versmaß bleiben und die Inversion durch eine Veränderung im Vers verschwinden lassen. Aber vllt. ist die Umstellung ja auch von Dir gewollt - um zu betonen, dass Du Dich mit ihnen (Wenn und Ach) trafst?

Die Elision bei (an)schaute behagt mir persönlich auch nicht; während der Weiher mMn prima in Szene gesetzt ist, sehr expressionistisch, gefällt mir!

Zitat:

gefrierend in die Tiefe zogen.
Hier würde mir persönlich in eiseskalte Tiefe(n) zogen o.ä. besser gefallen.

Trotz meiner ganzen Mäkelei hat mir das Werk doch recht gut gefallen - wäre es doch wirklich so leicht, sich das Wenn und das Ach einzuladen und sich ihrer dann zu entledigen; leider sieht die Realität meist anders aus.

Liebe Grüße

Feingeist

Dana 16.10.2009 12:43

Lieber Faldi,
herzlichen Dank. Das Einfrieren oder Ertränken aller Wenns und Abers und der Achs sehe ich in der Realität als sehr hilfreich an. Vielleicht grenzt es an "Eigentherapie", denn sie werden gedacht oder kommen im Selbstgespräch zum Vorschein. Sicher kennst du es auch. Man wacht nach einem quälenden Traum bedrückt auf. Beim Erzählen oder Aufschreiben kommen Erklärungen oder gar Deutungen von sebst an die Oberfläche.
Zeigen sich die Quälgeister dann ausweglos und belastend, ist ein "Befreiungsschlag" durch Loslassen auch eine Methode.

Deine Interpretation hat es für mich ebenfalls auf den Punkt gebracht.;) Ich fühle mich verstanden.

Liebe Grüße
Dana


Lieber Feingeist,
herzlichen Dank für die ausführliche und hilfreiche Auseinandersetzung mit meinem Gedicht.
Aber nun der Reihe nach:

Die Rubrikwahl ist sogar mit Nachdenken erfolgt. Spontan wollte ich ins Düstere posten, bis sich mir das Positive darin zeigte. Die Stimmung war damals doch eher düster.
An der "Machart" sogar einen Humor zu sehen, gefällt mir schon - jedoch war es nicht so erdacht.

Die "Neujahrstille" war nur ein flusiger Tippfehler.

Die Entstehung ist ganz anders. Wir sind kürzlich umgezogen. Dabei kamen Dinge zum Vorschein, von denen wir gar nicht mehr wussten, dass wir sie hatten.:D
Unter anderem Schulhefte meiner Kinder, unendlich viele von ihnen gemalte Bilder und noch mehr "Gedichtekladden". (Ich schreibe nämlich alles in Kladde vor.) Darunter fand ich eben dieses, mit 1,5 Strophen.:D Ich weiß nicht mehr, wie viele Jahre dazwischen liegen, aber an die "Momentinspiration" kann ich mich sehr genau erinnern. Es war also ein "Vollenden" - so wie man Stickereien ablegt und nach Jahren wieder in die Hand nimmt.;)

Ja, ich traf mich mit Wenn und Aber am Weiher. Aus der Inversion komme ich nicht so leicht heraus. Vielleicht: "Dann standen wir zu dritt am Weiher." :confused:

Auf das Hinabziehen in eiseskalte Tiefen bin ich überzeugt eingegangen.

Dass man in der Realität mit Wenns und Achs (;)) nicht so leicht umgehen kann, ist mir schon bewusst. Das Schreiben dient oft als kleines, dünnes Ventil.

Die Besprechung mit dir hat mir sehr gefallen.

Liebe Grüße
Dana

Feingeist 16.10.2009 12:54

Liebe Dana,

es ist doch immer wieder interessant zu merken, auf was für Schätze man im Leben wieder und wieder stößt!
Ein Gedicht aus alten Jahren, das jetzt noch eine Ausarbeitung erhalten hat - diese Luxusbehandlung bekommen meine Texte nicht (na, ja die Neueren vllt. schon ;) )!

Ein Vorschlag zur Einbettung.
Hab eingeladen Wenn und Ach.
Wir trafen uns am alten Weiher
(Oder: Bald standen wir zu dritt am Weiher)
...


Ja, auch ich betrachte das Schreiben als Ventil und auch ich habe dieses Kleinod sehr gerne mit Dir besprochen.

Liebe Grüße

Feingeist

Dana 16.10.2009 23:16

Lieber Feingeist,
"wir trafen uns am alten Weiher" gefällt mir und ist schon eingestellt.
Danke nochmals,
liebe Grüße
Dana

DerWortspieler 21.10.2009 00:26

Hi Dana,

was für ein schöner Vergleich am Neujahrstag alte Lasten über Bord zu werfen.

Ich finds toll! Richtig toll!

Hätte nur nen Vorschlag;)


Bedrohlich, ächzend war der Krach,
als schwarze Wasserwogen
zuerst das Wenn und dann das Ach
ins Eiseskalte zogen.

Gute Nacht Dir

Stefan

fee 21.10.2009 07:28

liebe dana,


das WENN und ACH erfolgreich zu verabschieden, bedarf tatsächlich einer besonderen feier (und auch besonderen herangehensweise) wie der hier von dir geschildert- und bebilderten!

sehr gelungen finde ich dein feines, leise-schmunzelndes und doch so ernstes, tiefgründiges gedicht. Wenns und Achs machen so manchen weiher reichlich bodenlos, wenn man da mit ihnen gemeinsam hineingerät.

wenn große dinge von starker aussagekraft nicht von übergroßen worten erschlagen werden, dann erst kann sich ihre bedeutung voll entfalten im gelesenen. hier ist das ganz wunderbar zu spüren.


sehr sehr gern gelesen!


lieber gruß,

fee

Dana 27.10.2009 19:32

Lieber Wortespieler,
dein "toll, richtig toll" verursachte einen wohltuenden Herzhüpfer bei mir. :)

Auf "in eiseskalte Tiefe zogen" will ich aber "trotzig" bestehen, denn diese Wenns und Achs sitzen oft ganz schön tief. Sie sollten aus der Tiefe des lyr. Ich in der modrigen Tiefe des Weihers ertränkt werden. ;)

Liebe fee,
danke, ganz meine Gedanken. Das lyr. Ich macht es sich nur scheinbar leicht, und wirkt dabei fast ironisch/witzig. Nach dem Motto: "Kommt mal her und dann plumps." Doch Wenns und Achs sind ernst zu nehmende Genossen. Sie wirken und bewirken und ziehen weite Kreise.
Danke für dein schönes Lob.

Euch beiden liebe Grüße
Dana

a.c.larin 01.11.2009 14:24

liebe dana,

wunderbar! und wenn man dann auch noch gleich "naja", "weiß nicht so recht" und "ich trau mich nicht" hinterherschmeißenn könnte, wärs überhaupt super!
wie man solchen emotionalen ballast richtig entsorgt, hast da ganz entzückend vedichtet!

gerne gelesen,
larin


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