Gedichte-Eiland

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Erich Kykal 01.05.2014 09:18

Evangelium des Morgenrots
 
Gewaltig wächst aus rosenroten Fernen
ein junger Tag in unser aller Wollen.
Was mag es sein, das wir im Heute lernen,
was schöpfen wir aus diesem Übervollen?

Ein Morgen ist ein Morgen. Wir beschenken
uns so, wie wir das eigne Dasein sehen!
Wir steuern keine große Welt, wir lenken
nur jenen Kreis, in dem wir selbst bestehen!

Du sollst nicht sagen: Mein ist diese Erde!
Sag besser: Ach, wie gut kann sie mir sein!
Ich bin der Weg, der ich tagtäglich werde,
und denke selbst mich ewig - oder klein.

Sidgrani 01.05.2014 15:08

Hei eKy,

das ist nicht das einzige "Evangelium", in dem philosophische Gedanken zum Tragen kommen. Sehr anschaulich beschreibst du den täglichen (notwendigen) "Kampf", der uns im Leben bestehen lässt.

In S2V2 empfinde ich das Wörtchen "bloß" als zu banal und unpoetisch, wie wäre es stattdessen mit "stets"? In V4 derselben Strophe könnte ich mir statt "aus dem wir selbst bestehn" sehr gut "in dem wir selbst bestehn" vorstellen. Oder verfälsche ich damit deine Aussage?

In S3V4 schreibst du "oder klein", wieso? Sollten "ewig" und "klein" als sich widersprechende Eigenschaften verstanden werden? Wenn ich demnach nicht ewig bin, bin ich automatisch klein? Könnte der Vers nicht folgendermaßen enden: "und denke selbst mich ewig - wie der Stein"?

Gerne gelesen und mitphilosophiert.

Lieben Gruß
Sid

juli 01.05.2014 16:14

Hallo eKy
 
Du verknüpfst hier die morgendliche Stimmung mit einer Lebensphilosophie.

Das ist Dir gelungen:)

Wenn man in die Natur schaut, weiß man, wie klein der Mensch ist. und das der Mensch sich in die Natur hineinfügen sollte.

Mich stört das Wort: Evangelium, ich hätte etwas Anderes erwartet. ( ich denke dann immer an Kirche.... und das meinst Du ja nicht)

Kannst Du das nicht ändern?

vielleicht in : Morgenstimmung


Sehr gerne gelesen und mitgedacht.
sy

Dana 01.05.2014 20:20

Lieber eKy,

die frohe Botschaft kommt sehr gut an.:)

Gewaltig schön - und ich darf mittendrin sein; schauen, genießen und teilnehmen. Die Fülle ist unerschöpflich.
Poesie, die zu hohe Ansprüche in höchster anspruchsvoller Lyrik abmahnt.;)

Die Erde meint es gut mit uns, immer noch. Wir Menschen sind es, die ihre Geduld auf die Probe stellen.
Doch der Einzelne kann dieser "Abmahnung" folgen, wenn er nur mag.


Beim Lesen musste ich an Goethe denken:

Ich weiß, daß mir nichts angehört
als der Gedanke, der ungestört
aus meiner Seele will fließen,
und jeder günstige Augenblick,
den mich ein liebendes Geschick
von Grund aus läßt genießen.


Liebe Grüße
Dana

Erich Kykal 01.05.2014 20:41

Hi, Sid!

Das "bloß" hat nicht so gut gepasst, allerdings aus meiner Sicht weniger aus lyrischen denn inhaltlichen Gründen.

"In" statt "aus" - habe ich mir auch überlegt. Sprachlich schöner ist dein Vorschlag allemal, also werde ich das übernehmen. Danke für den Hinweis!

Die letzte Zeile bleibt aber, wie sie ist. Nein, nicht alles, was nicht ewig ist, ist automatisch klein. Ich setzte diese Worte als Spanne der möglichen Extreme menschlichen Denkens.
Der Selbstbewusste, Herausfordernde denkt sich selbst ewig, sprich groß oder gar göttlich, der Zurückhaltende, Schüchterne hingegen denkt sich selbst klein und unbedeutend. Du lebst in der Welt, die du selbst dir erschaffst - so ist das gemeint.


Hi, Sy!

Titel wie "Morgenstimmung" und ähnliche hatte ich schon viele. Ich wollte mal ein kräftigeres Wort versuchen. Die Liebe zur Natur kann übrigens durchaus religiöse Züge annehmen, so gesehen ist ein Naturevangelium nichts Widersprüchliches.


Hi, Dana!

Dies ist eigentlich ein alter Text, um eine Strophe (die erste) erweitert und leicht überarbeitet. Er war ursprünglich nur ein Antwortgedicht von mehreren auf Antwortgedichte von a.c.larin in einem alten Faden von mir, dessen Titel mir leider schon wieder entfallen ist. Las ihn heute morgen zufällig, weil auch ein Gast dies tat, und ich fand, er hätte eine zweite Chance verdient.:)


Vielen Dank euch allen für eure freundlichen Worte und Gedanken!

LG, eKy

Narvik 02.05.2014 08:35

Hallo Erich Kykal,

ich stoße mich auch ein wenig an dem Begriff "Evangelium" im Titel.
M. M. n. ist dieser Begriff untrennbar mit dem Christentum verbunden und dass du dazu eine eigene Meinung besitzt, habe ich in einigen anderen Texten von dir schon gelesen.
Des Weiteren vermisse ich die Wortgewalt und die Atmosphäre, die du sonst so gut verstehst in deinen Gedichten aufzubauen. Zwar liest sich alles korrekt und es gibt nichts Bestimmtes auszusetzen, doch bleibt die Wortwahl ziemlich blass, sonst lässt du dir mehr einfallen, bist eleganter und eloquenter.
Auch die Zeilen "du sollst nicht sagen" und "sag besser" stören ein wenig in diesem Zusammenhang, da sie sehr vorschreibend und belehrend klingen, so als ob der Verfasser der Zeilen die einzige Weisheit besäße.
Sehr schön hingegen ist der Abschluss, der wieder auf das Menschliche zielt, denn nur ein Mensch kann sich in seinem Kosmos als klein erkennen.
Die Ewigkeit sei den Religionen überlassen.

Herzliche Inselgrüße

Narvik

Erich Kykal 03.05.2014 12:53

HI, Narvik!

Wie erwähnt, dies ist ein alter Text, kürzlich erweitert und überarbeitet. Von daher mag sein, dass er an manchen Stellen weniger flüssig klingt.
Ursprünglich war es ein "ad hoc"-Gedicht, ein Schnellschuss als gedichtete Antwort innerhalb eines anderen Fadens. Das merkt man ihm stellenweise sicherlich noch an.

Vielen Dank für deine Gedanken!

LG, eKy


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