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Erich Kykal 19.12.2016 17:25

Kreuzweg im Winter
 
Ein Weg, alleingelassen in den Weiden,
die wie die Rippen eines Käfigs ragen,
darin die Stürme des Dezembers klagen,
beschreibt des Heilands irdisches Erleiden

wie ein Erzähler, den die Lauscher meiden,
und seine stummen Klagebilder tragen
sich Himmeln, die sie niemals weitersagen,
wie Büßer vor, die sich in Asche kleiden.

Ein kalter Wind betont die Zwischenräume
geleerter Landschaft unter langen Schatten,
und ohne Achten für der Menschen Träume

bewegt er Zweige und ergraute Pfützen
auf seinen Wegen über Wald und Matten,
und kein Erlöser wird dich vor ihm schützen.

Dana 10.01.2017 17:21

Lieber eKy,

hier bin ich von Bildern fast ergriffen, so klar und "kalt" entstehen sie beim Lesen. (Vielleicht, weil ich meine, solche Winter und Landschaften zu kennen.)

Der Titel erklärt das Einfließen religiöser Dogmen, die "sehr gut in die Landschaft" passen.:cool:

Aber die stummen Klagebilder, die sich Himmeln tragen, die sie niemals weitersagen, bereiten mir ein "Unverständnis".:o
Tragen sie sich zu Himmeln?

Ich will es verstehen, weil mir Dein Sonett mit "Gänsehauteffekt" sehr gefällt.

Liebe Grüße
Dana

Erich Kykal 10.01.2017 19:03

Hi Dana!

Die Klagebilder tragen sich Himmeln VOR, die sie nie weitersagen.

Es geht - wie der Titel erklärt - um einen Kreuzweg, dh. bei jeder Station steht eine kleine Kapelle mit dem Bild einer Kreuzwegstation, zB Geißelung, Dornenkrönung, Kreuztragen, usw...
DAS sind sie "Klagebilder", und da niemand zugegen ist, "tragen sie sich den Himmeln vor", denen das allerdings am nicht vorhandenen Allerwertesten vorbeigeht: Sie sagen sie nicht weiter, denn der Menschen Fantasiegebilde interessieren sie nicht. ;)

Danke für deine Gedanken! :)

LG, eKy

Wodziwob 11.01.2017 08:16

Hi eKy,

sie haben was, diese Kreuzwege mit ihren Stationen, keine Frage. In Zeiten meines Stadtlebens führte mich mein nächtlicher Nachhauseweg von ausgiebiger Kneipkur regelmäßig und auch winters durch einen solchen den Berg hinauf, da konnte ich mich mental immer recht schön drauf einstimmen, was mich am nächsten Tag erwarten würde.

Liebe Grüße
Wozi

Erich Kykal 11.01.2017 11:27

Hi Wozi!

Ja, eine eigenartige Mischung aus historisierendem Kulturverständnis und religiösem Gruselkabinett! :D

Ich wuchs an einem Kreuzweg heran, denn unser damaliges Wochenend- und Ferienhaus, in dem ich heute lebe, steht an einem solchen.
Ich habe mit Genugtuung bemerkt, dass die Kreuzwegprozessionen (in meiner Kindheit: mindestens einmal wöchentlich, zu Ostern häufiger) mit den Jahren immer seltener wurden. Wenn ich heute mehr als einen pro Jahr mitansehe, erscheint mir das schon bemerkenswert. Auch die Länge dieser Prozessionen ließ merklich nach - damals hunderte Beter, heute kaum mehr als ein Dutzend.
Ich war schon als Kind unangenehm davon berührt, wenn sie vorbeidefilierten wie ferngesteuerte Zombies: Starrer Blick, schlurfende Schritte, monotones, sich immer geistlos wiederholendes Gebetsgemurmel, dazu die Rosenkränze in den nestelnden Fingern ...
Es war unheimlich, wie so eine Masse Menschen jegliches bewusste Denken aufgab und sich von Station zu Station schleppte. Damals wurde sicherlich ein Grundstein für meine Ablehnung Religionen gegenüber gelegt - wenn Gott so etwas aus den Menschen machte, so meine Überlegung als achtjähriger Knabe, wollte ich nichts damit zu tun haben!

LG, eKy

Chavali 11.01.2017 13:33

Servus, Erich,

Kreuzwege jeglicher Coleur haben mich auch immer wieder fasziniert und sie tun das noch heute.
Habe selbst auch zwei, drei Texte über dieses Thema geschrieben.

Es gibt ja da so einige Kreuzwege privater, religiöser oder naturalistischer Art, um nur einige zu nennen.

Du verbindest hier Religiosität mit Natur-Elementen.
Es liest sich schön, ganz einfach deswegen, weil du eine schöne lyrisch-poetische Ausdrucksweise benutzt.
Über den Inhalt will ich jetzt nicht urteilen - diese Welt ist mir fremd.


Lieben Gruß,
Chavali

Erich Kykal 11.01.2017 17:51

Hi Chavi!

Vielen Dank für deinen Kommi! :)

Aber was meinst du mit Kreuzwegen privater oder naturalistischer Art? Ein Kreuzweg, das sagt schon der Name, versinnbildlicht immer den letzten Gang Jesu von der Verhaftung bis zum Tod am Kreuz, ist also immer etwas Religiöses.

Und wie meinst du deinen letzten Satz? Welche im Gedicht beschriebene Welt ist dir "fremd"?

LG, eKy


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