Gedichte-Eiland

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Baratheon 01.03.2012 11:47

Wehen
 

Ein Totentuch verweht dort in den Gipfeln.
Ein Nadelwald stanzt Zacken aus dem Saum;
Zwei Augen flackern auf in grauem Flaum,
und gelb verbrennen Vögel in den Wipfeln.

Der Rauch geht um und greift mit grellen Zipfeln.
Ein Dachfirst stemmt ein Dreieck aus dem Qualm.
Zwei Kinder brennen. Ach, und unterm Walm
zerbirst ein Bild – ein i mit tausend Tüpfeln.

Und mir, mir brennt dies Bild auf öden Äpfeln,
ins blöde Hirn. Ich sehe fern im Zaum.
Wer löscht die Welt? Doch Halt! ich wünsch es kaum.
Was schenkte mir denn sonst mein Tränentröpfeln?

fee 01.03.2012 13:31

angenehm unverbraucht und überraschend in der hinführung zur eigentlich aussage, baratheon!


ja - fernseh-dramen als gefühls-welten-surrogat. gut beobachtet und wirklich innovativ rübergebracht. in strophe 1 denkt man als leser ja noch, es handle sich um ein naturgedicht (sehr eindrucksvoll verwortet übrigens).

"ich sehe fern im zaum" hat mich zuerst irritiert. doch dann bin ich auf den (ich nehme stark an) gewollten widerspruch von "in die ferne schweifen" (mittels flimmerkiste) und dem zaum, der doch hierhält (und selbstauferlegt ist), gekommen. allerdings verhindert ein zaum ja tatsächlich dennoch nicht, in die ferne zu schauen. so ganz stimmig ist das also für mich doch nicht. aber nur minimal.

das tränentröpfeln - ja, "fremdleiden" sozusagen. viel ungefährlicher und vor allem folgenlos. sehr fein beobachtet.


gerne gelesen!

lieber gruß


fee

ginTon 01.03.2012 15:17

hallo baratheon,,

hui, da ist dir ein wunderbarer Text gelungen, handwerklich super,
klanglich und auch inhaltlich ausgereift. mehr kann man dazu eigen-
lich net sagen..gefällt mir sehr...:)

liebe Grüße gin

Hollerith 05.07.2014 19:20

Hallo Baratheon,

von dir habe ich ja noch gar nichts gelesen.
Das ist ein wunderbares Gedicht. Schade, daß du hier so wenig schreibst, ich würde gern mehr von dir lesen.

Ja, das Fernsehen und andere Medien verblöden doch! Dieses Trash-TV! Die vielen Krimis, immer das Gleiche. Obwohl - es gibt auch sehr viele gute Dokumentationen oder naturfilme.

Dein gedicht berührt auf eine ganz besondere Art.

LG Hollerith

Untergrund 19.07.2014 07:58

Wie leicht man sich doch von wahren Gefühlen lösen kann, wenn es flimmert wie öde und blöde. Es kaum wünschen ist doch gewollter Selbstbetrug.

LG RS


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