Gedichte-Eiland

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Erich Kykal 12.06.2019 17:12

Kontemplation
 
Wir staunen vor der Schönheit eines Blattes,
das, wie im Winde schwebend, uns berührt,
und ein Gedanke, der uns weiterführt,
umsintert unser Herz, erfasst und hat es

verwundbar und so weit in seinen Händen,
und trägt es an die Quelle seines Blutes,
und in der Wiege allen Trostes ruht es
von jenen aus, die es verletzlich fänden.

Wie kann allein die Schönheit eines Bildes
all dies bewirken, was uns Wunder tut,
erhebt, ermündigt, um mit neuem Mut
das Schrille einzutauschen für ein Mildes?

Weiße Wölfin 12.06.2019 19:23

Mutmachergedicht !!
 
Hallo Erich,

als ich mal in all dem Getöse, das um den 24. Dezember herum aufgebaut und inszeniert ist, marschierte,
und verzweifelt meine Ohren und Augen zu schonen versuchte,
fiel mein Blick von diesen Inszenierungen auf den Wolkenhimmel,
der in unberührter Schönheit über all dem wachte.

An diese "Rettung" musste ich gerade denken,
bei Deiner Formulierung "das Schrille eintauschen gegen ein Mildes".

Braucht eins Mut dafür? Im Eigentlichen ja nicht, aber wenn ich zu lange auf der Seite / in den Mustern des Schrillen festhänge, ja, dann braucht es durchaus Mut zum Milden zurückzukehren. Das Milde zu verteidigen auch.

Danke für Dein "Lobpreis" der kleinen Dinge. Sich von ihnen berühren zu lassen, ist es, was das Leben lebenswert macht.
Und wenn das Auge - im Zusammenspiel mit dem Gemüt - dafür geschult ist, wird sichtbar, wie unendlich reich diese Welt immer noch ist, obwohl sie ja so stark verarmt an Vielem in den letzten Jahren.

Die Formulierung "das Herz an die Quelle seines Blutes tragen" ist schön, berührend.

Auch das Wort "ermündigen" - das sich hier erstmals lese, zumindest bewussterweise, ist aufrichtend.

Vielen Dank für Dein Mutmachergedicht!

Weiße Wölfin

Erich Kykal 13.06.2019 00:30

Hi WW!

Vielen Dank für diesen tiefschürfenden Kommi - und Dankeschön für das Dankeschön! :)

Es ist schon so: Wenn ich auf mein Leben zurückblicke, so fallen mir als erstes nie die "großen" Geschehnisse ein, die Aufs und Abs des menschlichen sozialen Austausches - nein, es sind immer Bilder von Orten, die sich mir eingeprägt haben: Waldszenerien, ein Bach im Unterholz, mit Flechten überzogene Granitfelsenburgen, Moos um Wurzelwerk - bis hin zu ganz kleinen Dingen wie einem perfekten Blatt!
Erst danach fallen mir die Geschichten ein, die sich daneben durch mein Leben zogen, wie in zweiter Spur, als wären sie mir nie so wichtig gewesen wie die magischen Lichtungen, die tausend Töne leuchtenden Grüns, die graue Rinde einer Buche oder ein Feld von Heidelbeeren in einem lichten Hochwald!

Es ist mir, als würde, was ich wirklich bin, in solchen mir eingebrannten Bildern leben und nicht in den verblassenden Erinnerungen eines nie wirklich ernsthaft versuchten Interagierens mit anderen Menschen.

Seltsam, oder?

LG, eKy

Weiße Wölfin 13.06.2019 07:55

Guten Tag Erich,

Danke. Da ich nicht so viel Poetenhandwerkszeug dabei habe, fühle ich mich manchmal nur geduldet, wo so schöne Werke entstehen. Aber "tiefschürfend" ist ja auch was :)

Ob diese spezielle Ausprägung die Du beschreibst, seltsam sei, fragst Du Dich selber .

Seltsam wird ja oft als synonym mit "kauzig" "außer der Spur" usw. genommen.
Ich habe mir weitestgehend abgewöhnt, Geschehnisse und Schwerpunkte außerhalb einer Norm, die die Menschen zu Millionen krank macht, zu werten.

Insofern würde ich das "seltsam" Deiner sehr bemerkenswerten Eigenart mit "seltener Same" übersetzen.

lG WW

Erich Kykal 13.06.2019 16:23

Hi WW!

Schön gesagt! Danke für diese kleine "Brücke" ... :)

LG, eKy


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