Gedichte-Eiland

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Erich Kykal 03.03.2013 10:54

Gleichnis
 
So wie sich hoch ins Waldesdach die Zweige ranken,
als suchten sie einander dort und nicht nur Licht,
so sind auch wir uns nah in Werken und Gedanken,
als fürchteten der andern Schattenwurf wir nicht.

So wie ein Rauschen geht durch alle wachen Kronen,
wenn sachte sie des Lebens Atemhauch durchweht,
sind wir bewegt - bewegen wir, was wir bewohnen,
und halten stille, wenn der Wind zu Ende geht.

Thomas 03.03.2013 19:48

Hallo Erich,

das ist wieder eines dieser schwebenden Gedichte von dir, die mir so sehr gefallen.

Die Schwebung kommt daher, dass es (davon bin ich überzeugt) nicht nur betonte (X) und unbetonte (x) Silben gibt, sondern auch solche, die man als halbbetonte (y) Silben bezeichnen kann. Um die schwebende Dynamik deines sechshebigem Jambus (wie ich ihn höre) zu verdeutlichen, werde ich einmal die erste Strophe X-en.

xy xX xX xy xX xXx
xX xy xX xX xy xX
xy xX xy xX xy xXx
xX xy xX xX xy xX

Das Hin-und-Herwandern der halbbetonten Silben erzeugt diesen schwebenden Charakter, den ich auch als Singbarkeit bezeichne, und als ganz wesentliches Merkmal guter Lyrik empfinde.

Hoffentlich findest du es nicht unpassend, dass ich dein Gedicht benutze, um diesen Punkt zu verdeutlichen; eigentlich steckt darin ein großes Lob. Inhaltlich ist das Gedicht natürlich auch sehr schön und entwickelt ein sehr gutes "Natur"-Bild.

Liebe Grüße
Thomas

Erich Kykal 03.03.2013 22:09

Hi, Thomas!

Ein interessanter Gedanke, das mit den "halbbetonten" Silben.
Ich muss gesetehen, dass ich eigentlich fast immer intuitiv schreibe. Es fängt mit einem vagen Gedanken an - ich habe vorher weder Rhythmus noch Inhalt festgelegt. Irgendwie formiert sich das mit der allerersten Zeile - sie legt fest, wo ich in etwa hin will und welcher Sprachrhythmus am besten dazu passt. Das fügt sich ohne bewusstes Zutun, auch hier war es so. Ausnahmen gibt es nur bei Sonetten - da weiß ich die Form schon vorher.
Der "schwebende" Eindruck rührt nach meinem Gefühl daher, dass die Zeilen sechshebig sind - bei längeren Zeilen muss man eine Art Singsang halten, um den Rhythmus zu verdeutlichen, damit er in den vielen Worten nicht untergeht. Aber ich bin im lyrischen Einmaleins eher unbeschlagen und laienhaft...

Vielen Dank für deine lobenden Worte.

LG, eKy


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