Gedichte-Eiland

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Erich Kykal 09.11.2013 11:46

Das letzte Lied
 
Dort am Raine, in den Zweigen
hockt ein Vögelchen im Reigen
bitterkalter Regenwinde
zwischen Sturmgebraus und Rinde,
und es zwitschert leise, leise
eine letzte Sommerweise
zart in das Novembertosen,
und ein Duften wie von Rosen
sintert aus Erinnerungen
durch die Lüfte und die Lungen.

Wärmend steigen Bilderfluten
wie ein heißes Sonnengluten
in die fröstelnden Gedanken,
die wie kahle Äste wanken,
und die Sehnsucht aller Herzen
leuchtet wie ein Meer von Kerzen
durch des Winters Dunkelheiten.
Unter Vogelzwitschern schreiten
wir dem neuen Licht entgegen:
Eines Frühlings Blütensegen.

Chavali 12.11.2013 19:19

Hallo Erich,

wie kann man einen Text von dir nicht gut finden, wenn man auf klassische Gedichte steht
mit perfektem Rhythmus und ebenso perfekten Reimen.

Schön, mal wieder Paarreime zu lesen.
Sie sind ja dann und wann verpönt, aber ich mag sie :)

Das letzte Lied der kleinen Meise (?) macht auch ein wenig traurig.
Als wenn sie nicht mehr die Kraft hat, den Winter zu überstehen.

Und dennoch: Es ist ein ewiger Kreislauf...
Zitat:

Unter Vogelzwitschern schreiten
wir dem neuen Licht entgegen:
Eines Frühlings Blütensegen.
So ist es. Auch irgendwann ohne uns...:(

LG Chavali

Erich Kykal 13.11.2013 08:58

Hi, Chavi!

Stimmt, auch ich nutze Paarreime zumeist nur für die Spassgedichte im Reimefechten-Faden, weil es damit recht schnell geht, ein paar Zeilen zusammenzukriegen.
Hier ergab es sich irgendwie unbewusst, wie zumeist, wenn ich anfange zu dichten: Das Reimschema sowie die Zeilenlänge werden erst vom Verlauf des ersten Satzes definiert, wenn ich schon "in Trance" bin - ist also auch ein Bauchentscheidung. Nur bei Sonetten weiß ich meist vorher, welche Form ich anwenden will.

Vielen Dank für dein überschwängliches Lob - ich bin sicher, du findest irgendwann was bei mir, das dir nicht gefällt!;):D

LG, eKy

Dana 06.12.2013 19:41

Zitat:

Zitat von Erich Kykal
Unter Vogelzwitschern schreiten
wir dem neuen Licht entgegen:
Eines Frühlings Blütensegen.

Lieber eKy,
so war es immer und so schreiten wir Jahr um Jahr weiter.
Im Frühling "rasten" wir vor lauter Glück aus und im November hangeln wir uns an die Hoffnung auf den nächsten Frühling.:)
Wir hören das letzte Lied und genießen die ersten Töne als nie da gewesen.;)

Darum mag ich alle jetzigen und gewesenen guten Dichter. Sie hangeln uns über Stimmungen hinweg oder vertiefen die Traurigkeiten so sehr, dass man sie labend genießt.

Du hast bewiesen, dass "verrufene" Paarreime, lyrisch dargeboten, Wortkunst und Poesie sind und bleiben.

(Ich habe in einem anderen Forum einen Zank (nicht Streit!:cool:) über Poesie gelesen. Würden diese Leute ihre "Wortgewandtheit" in Dichtung üben, statt im Zank über eigene Eitelkeiten, hätten wir alle mehr davon.)

Ich habe "Das letzte Lied" genossen:

Zitat:

Zitat von Erich Kykal
zart in das Novembertosen,
und ein Duften wie von Rosen
sintert aus Erinnerungen
durch die Lüfte und die Lungen.

Meine Rankrose (ein Geschenk von meinen Kindern:)) hat heute noch zwei Blüten und zwei Knospen und beide beugen sich ein wenig unter der Last des heute gefallenen Schnees. Ein wunderschönes Bild, lyrisch und real.:)

Liebe Grüße
Dana

Erich Kykal 07.12.2013 16:31

Hi, Dana!

Vielen Dank für deinen innigen Beitrag! Da bleibt nichts hinzuzufügen! Möge deine Last eine leichte sein und dich niemals beugen!:)

LG, eKy


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