Gedichte-Eiland

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Erich Kykal 03.04.2014 16:41

Erinnerungen
 
Wie ging ich auf in namenlosem Schrecken,
wenn mich die Mutter nach dem Keller sandte,
mich in den Höhlenschlund des Grabes bannte,
zu kaltem Ruß und schwarzen Schimmelflecken!

In jeder Nische sah ich Unbekannte
sich lauernd bergen, Böses auszuhecken -
nach meinem Leben sich die Finger lecken.
Ein leises Schaben! Wie geschwind ich rannte!

Ich fürchte lang schon keine finstern Ecken,
nur was ich selber war an Dunkelheiten.
Vor jenen Schatten gibt es kein Verstecken,

wenn sie die schwache Seele überbreiten,
genährt von Bildern, die sie auferwecken,
und wortlos alle Grenzen überschreiten.

Chavali 03.04.2014 18:13

Servus Erich,

das erinnert mich an meine eigene Kindheit, denn diesen Effekt kenne ich auch nur allzu gut!
Dunkel, muffig, seltsame Geräusche und kindliche Fantasie - eine brisante Mischung :D

Heutzutage hat man nur manchmal vor sich selber Angst ;):o;)

Gern gelesen!

LG Chavali


Erich Kykal 03.04.2014 20:04

Hi, Chavi!

Heute morgen kamen mir zwei Zeilen und rumpelten den ganzen Tag in mir rum. Jetzt am Abend musste ich sie einfach loswerden. Der Rest ergab sich drumherum!:D

Vielen Dank für deine Gedanken und liebe Grüße von einem ehemaligen Kinde zum anderen!;)

LG, eKy

Falderwald 08.04.2014 17:02

Servus Erich,

ich kann mich Chavis Kommentar nur anschließen, denn ich bin selbst ein solch "gebranntes Kind".

Meine Oma besaß ein großes, altes Mietshaus, das nach heutigen Standards absolut rückständig war.
Wasser gab es auf jeder Etage nur im Flur, selbstverständlich nur kalt.
Die Toiletten waren im Keller (2 Stück für 8 Parteien) und nur über eine steile Holzstiege zu erreichen.
Damit ich als ganz kleiner Junge nicht alleine diese Treppe heruntergehe und mich eventuell verletze, haben sie mir erzählt, im Keller wohne ein großes schwarzes und böses Tier, das Kinder fressen würde.
Daran habe ich natürlich geglaubt und es hat lange Zeit gedauert, bis mein "Kellertrauma" überwunden war.
Ich erwische mich manchmal heute noch dabei, wie es mir unheimlich ist, wenn ich einen großen, alten und dunklen Keller betrete.
Natürlich hilft mir heute meine Ratio, doch das mulmige Gefühl ist geblieben.

Daran hat mich dein Sonett erinnert, was mir in diesem Sinne auch gut gefallen hat.
Formal ist es zudem einwandfrei, da gibt es nix zu meckern.

Gerne gelesen, wenn auch mit gemischten Gefühlen der Erinnerung (s.o.) und kommentiert...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Erich Kykal 08.04.2014 20:36

Hi, Faldi!

Das kenne ich auch! Mein Eltern kamen mir mit allerhand Schauermärchen, um meine umtriebige Neugier zu bremsen. War ich alt genug, dies rational und laut zu hinterfragen, berichtigten sie die jeweilige "Legende"!:D

Danke für's Reinlesen und Mitgruseln!:)

LG, eKy

Dana 29.04.2014 21:01

Lieber eKy,
in Erinnerungen kann man schwelgen, sich in ihnen nachträglich gruseln und über sie lauthals Lachen. Das ist die eine Sorte und auch ich könnte einige einbringen. Mit wachsendem Abstand kann man sie sogar ausschmücken und je öfter man sie erzählt, desto "fabelhafter" werden sie.

Ich gehe aber mit einer eigenen "fast Manie" nur zu gerne auf Dunkles und Trauriges der zwei letzten Strophen ein.:cool:
Das ist die andere Sorte der Erinnerungen. Sie sind erdrückend anhänglich, meist kaum mit anderen geteilt und verblassen auch nicht durch zeitlichen Abstand.:cool:

Zitat:

Zitat von Erich Kykal
Vor jenen Schatten gibt es kein Verstecken,

wenn sie die schwache Seele überbreiten,
genährt von Bildern, die sie auferwecken,
und wortlos alle Grenzen überschreiten.

Ein schönes Sonett, das feinst gegenüberstellt und resümiert.
Die wortlose Grenzüberschreitung ist nicht nur große Sprachkunst. Sie beinhaltet ebenso eine Wahrheit, die durch keine Lüge "verschlimmbessert" werden kann, denn sich selbst kann man nicht belügen.

Gern gelesen und teilweise ungern erinnert.:cool:

Liebe Grüße
Dana

Erich Kykal 30.04.2014 20:57

Hi, Dana!

Es ist eine von lang genug gelebt Habenden anerkannte Tatsache, dass Kinder sich vor dem fürchten, was die noch unbekannte Welt ihnen antun könnte, während die Alten sich eher vor dem ängstigen, was sie im Laufe ihres Lebens der Welt angetan haben.:rolleyes:

Vielen Dank für deine vertiefenden Gedanken!:)

LG, eKy


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