Gedichte-Eiland

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Erich Kykal 04.10.2014 08:41

Seelchens Nachtlied
 
Entuferter Augenblick,
fernes Erahnen
aus Dunkelheit:
Unter dem Sternenkleid
wachsende Ringe am
Webstuhl der Dinge.

Hoffe ein kleines Glück,
raunt ein Ermahnen
am Saume der Zeit.
Und über alles weit
fleht meine Ewigkeit,
dass ich sie singe...

Dana 05.10.2014 18:33

Lieber eKy,

ich hoffe, ich trete nicht ins Fettnäpchen.:confused:
Könnte dieses "niedliche" Gedicht ebenso in Humor stehen?
Aus Dunkelheit (kein Wissen) webe ich mir, oder mir wird angemahnt - ein kleines Glück - wenn nicht hier und jetzt, dann aber in der Ewigkeit danach.
Das "Seelchen" lässt mich so denken.

Liebe Grüße
Dana

Thomas 05.10.2014 20:23

Lieber Erich,

ein ernsthaftes und schönes Gedicht, von Erich etwas ungewohnt. Um so besser. Mir fällt gerade ein, das man "Und über allem weit" sagen könnte.

Liebe Grüße
Thomas

Erich Kykal 06.10.2014 18:20

Hi, Dana, Thomas!

Ein lyrisches Experiment (für meine Verhältnisse;)), inspiriert von Rilke, und zwar von diesem Text:

GEBET

Ernster Engel aus Ebenholz:
Du riesige Ruh.
Dein Schweigen schmolz
noch nie in den Bränden
von Büßerhänden.
Flammenumflehter!
Deine Beter
sind stolz:
wie du.

Der du versteinst,
du über den Blicken beginnender
König, erkiese
dir ein Geschlecht,
dem du gerecht
erscheinst,
saumsinnender
Riese.

Du, aller Matten
Furchteinflößer,
Einer ist größer
als du: dein Schatten.

Auch wenn ich inhaltlich als Nichtgläubiger nicht übereinstimme, so hat mich der Text doch tief beeindruckt, folgt er doch ganz seiner eigenen Melodie - sozusagen atavistische Lyrik. Es ist kaum ein Schema zu erkennen, und doch rastet jedes Wort dort ein, wo es soll, bewegt dynamisch ein größeres Ganzes in einer ganz der Sprache selbst zugewandten Harmonie, die sich an den Inhalt schmiegt, ihm folgt, ihn hegt und befördert, ganz eins in allem, mit sich und dem frei fließenden, nur dem eigenen Rhythmus folgenden Strom der Worte. - Wunderbar...

Vielen Dank für eure positive Auseinandersetzung. Dana - nein, als humorig habe ich es nicht gemeint, aber von Fettnäpfchen kann keine Rede sein.:)

Ich meinte es eher so:

Das sinnende LyrIch lauscht in die Nacht und "fühlt" das Werden und Weh der Welt unter dem Leuchten der Sterne. Der gesunde Menschenverstand hindert es, sich darin zu verlieren, allzu Großes zu wollen, zu werden, sich zu verlieren im gewaltigen Spiel der Dinge: Je größer die Wünsche und das erstrebte Glück, desto wahrscheinlicher das Scheitern und der Verlust.
Das Lyrich fühlt sich also nachts in die Welt hinaus, wie eins mit sich und der Welt, und seine Seele will sich hinaussingen in diese Gewaltigkeit, will sich selbst verwirklichen, den eigenen kleinen Funken zu einer Flamme singen, die ein Zeichen setzt: Ich bin hier! Ich bin ein Teil von alledem! Seht mein Licht!

LG, eKy

Falderwald 22.10.2014 18:54

Zitat:

Zitat von Erich
Ich meinte es eher so:

Das sinnende LyrIch lauscht in die Nacht und "fühlt" das Werden und Weh der Welt unter dem Leuchten der Sterne. Der gesunde Menschenverstand hindert es, sich darin zu verlieren, allzu Großes zu wollen, zu werden, sich zu verlieren im gewaltigen Spiel der Dinge: Je größer die Wünsche und das erstrebte Glück, desto wahrscheinlicher das Scheitern und der Verlust.
Das Lyrich fühlt sich also nachts in die Welt hinaus, wie eins mit sich und der Welt, und seine Seele will sich hinaussingen in diese Gewaltigkeit, will sich selbst verwirklichen, den eigenen kleinen Funken zu einer Flamme singen, die ein Zeichen setzt: Ich bin hier! Ich bin ein Teil von alledem! Seht mein Licht!


Servus Erich,

puh, du meine Güte, da schwingt ja ein überschäumendes Pathos mit. :D;):)

Aber das muss der Dichter wohl besitzen, obwohl die Sterne auch am Tage leuchten.
Jedes Ding hat seinen Platz in Raum und Zeit und somit im Universum eingenommen. Das Eine würde ohne das Andere nicht auskommen, für die "bestehende Gegenwart", so wie sie ist, ist alles voneinander abhängig.
Nun ist diese Gegenwart nichts, was man festhalten könnte, sie ist nur fließend wahrnehmbar, kaum gedacht, schon ist sie wieder Vergangenheit.
Die Bewegung geht Richtung Zukunft und das heißt Veränderung.

Die Zeit misst sich also an den Veränderungen.
Ob Sterne oder Lebewesen, alles Existierende hat seinen Zeitraum, d. h. es nimmt für eine bestimmte Zeit einen bestimmten Raum ein.
Das Universum vereint Zeit und Raum (und wahrscheinlich noch viel mehr) in sich. Wenn man sich dies aber vereinfacht als vierdimensionales Gebilde vorstellt, dann bleibt jedes Licht in der Unendlichkeit, die einem Universum bleibt, auf jeden Fall erhalten.
Jedes Licht ist an seinem Platz und nimmt zu seiner Zeit seinen Raum ein.

Ob da noch was drüber kommt, kann ich nicht sagen, ich glaube nicht (;)), aber so sehe ich mein Licht und mein Teil von alledem. :)

Auch in diese Richtung könnte man deinen Text interpretieren.

Auch die ungewöhnliche Darstellungsart hat mir gefallen. :)


Gern gelesen und kommentiert...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Erich Kykal 22.10.2014 22:20

Hi, Faldi!

Danke für den ausführlichen Kommi!

Als ich den Text schrieb, machte ich mir keine tiefgründigen philosophischen Gedanken, was das soll und wo ich gedanklich hin will - meine Gedichte "passieren" eher, wie sie wollen, oder wie etwas Unbewusstes tief in mir will. Sie gerinnen mir aus Gefühlen, Ahnungen, Ideen, Meinungen, aber eigentlich nie geplant. Auf Metrik und Reime achte ich beim Schreiben mehr als auf den Inhalt - ich bin dabei erstmal schon zufrieden, wenn es sich gut anhört, Hauptsache, es passt in den vorgegebenen rhythmischen Rahmen.
Erstaunlicherweise - und niemanden wundert dies mehr als mich - erweist sich so gut wie immer, dass es hinterher im Gesamten gelesen alles Sinn ergibt und irgendwo hinführt, zu einer Weisheit oder einer Ahnung davon, von der ich selbst kaum wusste, aber eine schlüssige Conclusio ergibt.
Meine Werke belehren so ihren eigenen Autor wohl am meisten - über sich selbst und wie er das Leben betrachtet oder meistert, ohne sich dessen bewusst zu sein.
Ich habe dies schon oft erklärt, aber kaum einer scheint es mir zu glauben...

LG, eKy

vedena 23.10.2014 09:23

Hallo Erich,

also mir gefällt die Art, wie der Text geschrieben ist. Kreationen wie "Webstuhl der Dinge" und "Saume der Zeit" erfreuen mich ungemein.
Ich denke, dein lyr.ich ist sich bewusst, dass es nicht übermäßig groß in das Weltgeschehen/Universum eingreifen kann bzw. wird. Und doch weiß es, dass es Spuren hinterlässt und es ein kleiner Teil eines großen Ganzen ist.

Wirklich gern gelesen.

LG vEdenA

Erich Kykal 23.10.2014 13:21

Hi, Vedena!

Du siehst das ganz richtig!:)

Vielen Dank für deine freundlichen Gedanken!

LG, eKy


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