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wolo von thurland 09.02.2015 08:28

Die Sprache ist nicht leibeigen
 
Wer misst das Unglück, zählt die üblen Taten,
die mit Gedichtband unterm Arm begangen?
Wie viele sind dadurch in Not geraten,
dass sie nicht andrer „schöne“ Lieder sangen?

Wie mancher Scherge trug Gedichte auf den Lippen,
eh er den Menschen, der im Weg war, totschoss?
Wie mancher blumge Dorn stach zwischen Rippen,
des' Keimling wunderschön in braunem Kot spross?


Erhaben über solche Fragen sein -
bedeutet es nur Weltflucht oder Schlimmres?
Ich weiß, wer Schein liebt, wird mir nicht verzeihn,
doch „Reim veredelt“? Nein, es gibt nichts Dümmres!

Nichts Dümmres, als die Brille aufzusetzen,
die eignes Schaffen nur in Rosa sieht,
als „Edelmann“ die Meute loszuhetzen
auf alles Wilde, das die Engnis flieht.

Wie lyrisch klang die Dichtung der Antike,
die frei sich schwang aus Sängers Mund ans Ohr!
Wie traurig stimmt nunmehr, wenn sich die Pike
des Lirumlarums setzt als Wacht davor.

Die Sprache ist nicht leibeigen, ist frei,
entzieht sich Kleingeists knochentrocknem Griff,
fliegt über Burgen, Schlösser, tandaradei!
Und dreht den Narren dort die lange Nase...


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