Gedichte-Eiland

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Ophelia 31.05.2016 15:37

Europa
 
Einmal noch umarmt sich halten
im Verbrüderungsgefühl!
Die Gestalten, die Gewalten
treiben ohne Sinn ihr Spiel.

Sie durchbrechen schon die Mauern,
alles was die Festung hält.
Sieh nur, wie sie gierig lauern,
bis die Einheit wieder fällt.

Erste Risse, Lichter schwinden,
warst doch eben erst erwacht.
Wie sich im Verdunkeln finden?
Nach dem Dämmern folgt die Nacht.



Inspiriert von Klabund " Einmal noch den Abend halten"

Erich Kykal 31.05.2016 18:42

Hi Ophelia!

An das klabund'sche Original glaube ich mich dunkel erinnern zu können.

Dein Werk erscheint mir als Mahnung an das (doch nicht so) vereinte Europa durchaus gelungen, gerade anlässlich der anstehenden Abstimmung der Briten zum "Brexit"!
Es hat Jahrhunderte gedauert, die Kleinstaaterei und das entsprechende kleinliche Clandenken einigermaßen aus den Köpfen zu kriegen, aber offensichtlich genügt nicht einmal ein so katastrophaler Kataklysmus wie die beiden Weltkriege, um die Menschen eines Besseren zu belehren!
Nationalismus, Angst um den Verlust einer vagen Identität, Mutterland, Vaterland, Heimat ... - bei vielen greift der Verstand einfach zu kurz, sie ziehen einen für sie überschaubaren Kreis, der alles ausgrenzt, was ihnen verdächtig fremd ist, und je kleiner der Geist, desto kleiner der Kreis.
Findet sich erneut eine ausreichende Schnittmenge kleiner Gemüter, darf es wieder mächtige rechte Parteien geben, und ein Herr Gauleiter (Denke nicht, ich hätte mich verschrieben!) darf wieder rassistische Hetze verbreiten!:Aua:mad::eek:

S2Z3 - Bei "machtvoll lauern" stoßen drei "l" zusammen, da würde ich mir vielleicht ein anderes Adverb überlegen (zB. "gierig" gefiele mir in diesem Zusammenhang gut!)

Zuletzt würde ich S3Z3 mit einem Fragezeichen beenden, schließlich ist es als Frage formuliert.
Die letzte Zeile klänge auch als eigenständiger Satz besser, sozusagen wie ein finaler Grabstein, eine düstere Warnung.

Sehr gern gelesen!:)

LG, eKy

Ophelia 01.06.2016 08:20

Hi Erich,

"denk ich an Europa in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht."
Deine Verbesserungsvorschläge habe ich übernommen. Vielen Dank für deine Hilfe.

Liebe Grüße

Ophelia

juli 02.06.2016 08:57

Hallo Ophelia,

Ich habe das Gedicht Klabund gekugelt um den Vergleich zu haben. Ich kannte es vorher nicht. Von daher war dein Hinweis wichtig.

Deine Zeilen weisen auf einen derzeitigen Prozess in Europa hin, in der wieder die Nationalitäten ihre Fahnen hoch halten. Verschiedenheit wird in den Mittelpunkt gestellt, nicht die Gemeinsamkeit. Ich hoffe ja noch auf die Vielfalt und auf das Gemeinsame. Auch hoffe ich, daß der Rechtsruck, der durch ganz Europa geht nicht gewinnt.
Ich finde es ja schön seine eigenes Fleckchen Erde zu lieben, da verstehe ich jeden Heimatliebenden, das widerspricht ja nicht dem Sinn der Gemeinschaft. Wenn Zäune regieren und Mauern und keine demokratischen Worte mehr gesprochen werden, dann folgt nach dem Dämmern die Nacht!

Deine Gedanken gefallen mir.:Blume::)

Liebe Grüße sy

:Blume::Blume::Blume:

Ophelia 09.06.2016 10:26

Hallo Syranie,

entschuldige meine verspätete Antwort. Es freut mich, dass du mein Gedicht kommentiert hast. Ich bin immer wieder besorgt über die lauten Europagegner und über den schlechten Ruf, den die Deutschen in Europa wieder haben. Mir ist in meinem letzen Spanienurlaub plötzlich ein sehr feindlicher Ton gegenüber meiner Nationalität angeschlagen. Es war erschreckend...Ebenfalls besorgt mich sehr der Rechtsruck der durch viele Länder geht.
Mir ist aufgefallen, dass viele Gedichte aus der Zeit vor dem ersten oder zweiten Weltkrieg sich in unsere Zeit übertragen lassen. Dies war der Anlass das Werk von Klabund umzuschreiben.
Danke für deine Gedanken

Liebe Grüße

Ophelia

P.S. Ich habe zu meiner Sorge diesbezüglich schon einmal ein Gedicht geschrieben, dass ich in einem anderen Forum veröffentlicht hatte. Ich stelle es mal hier ein.

Meishere 09.06.2016 12:33

Hallo Ophelia,

sehr gelungen.
Mir gefällt, wie du ohne direkte Verweise auf Politik o.ä. die Situation dennoch gut einfängst.

Etwas, dass ich dieser Tage als sehr problematisch ansehe, ist, dass aus allen politischen Lagern wieder zu hören ist, wer denn Schuld ist, die Selbstreflexion aber scheinbar immer mehr in den Hintergrund rückt.

Wir dürfen auf die EM gespannt sein und schauen, ob sie das europäische Gemeinschaftsgefühl wieder erstarken lässt oder eher das Gegenteil bewirkt.

Ich gehe mit Hoffnung, doch auch mit Angst in die nächsten 10, 20 oder 30 Jahre.
Hoffentlich bleibt letzteres unbegründet.


Liebe Grüße,

Marcel

Sidgrani 10.06.2016 05:35

Hallo Ophelia,

rundum gelungen, sehr eindrucksvoll. Zum Inhalt ist ja schon alles gesagt - und danke für den Hinweis auf Klabund.

Liebe Grüße
Sidgrani

Ophelia 13.06.2016 09:05

Hallo Meishere,

danke für dein Lob. Ja, schuld sind immer die anderen. Ist ja auch einfacher.
Zum Thema Fussball: da spielen doch die Länder immer gegeneinander und nicht miteinander.:D

Liebe Grüße
Ophelia


Hallo Sidgrani,

vielen Dank für deinen Kommentar. Hat mich sehr gefreut.:) Mich haben die Verse von Klabund so beeindruckt, dass ich sie unbedingt weiter ausarbeiten wollte. Vielleicht kennst du das ja auch, dass dich ein andere Dichter so inspiriert, dass du sofort im gleichen Stil losschreiben willst.

Liebe Grüße
Ophelia


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