Gedichte-Eiland

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Romantiker2016 01.08.2016 16:08

Katzengedicht
 
Die Katze

Weich, verhaftend - wie entrückt,
schaut dein Aug das stolze Tier,
das, in Welt und sich verzückt,
still verharrend weilet hier.

Bis dich, plötzlich wendend, starr,
ihre Augen, sonderbar -
treffen wie ein Sternenstrahl,
dem ein Gott zu sein befahl.

Chavali 01.08.2016 16:41

Hallo Holger,

mit diesem Text rennst du bei mir offene Türen ein :):Herz::)

Ja, so sind sie, die schönsten Tiere der Welt.

Begeistert gelesen hat
Chavali

Kokochanel 01.08.2016 18:30

Guten Abend, romantiker,

eine zarte Ode an die Katze. Schön.
Was mich stört, ist das etwas Steife, das durch die Partizipien entsteht:

Weich, verhaftend - wie entrückt,
schaut dein Aug das stolze Tier,
das, in Welt und sich verzückt,
still verharrend weilet hier.

Bis dich, plötzlich wendend, starr,
ihre Augen, sonderbar -
treffen wie ein Sternenstrahl,
dem ein Gott zu sein befahl.

Auch die Verkürzung von Auge ist etwas unglücklich, zudem das weilEt.
Zudem kann man mit nichts anderem schauen als mit dem Auge.:)

Die letzte Strophe finde ich eigentlich stark, wenn nicht vorher schon die Partizipien wären.

Ein Gedicht voller Zartheit, für ein wundervolles Geschöpf, das uns Menschen oftmals Freund ist.:Herz:

Grüße von Koko

Romantiker2016 02.08.2016 01:24

Ja Chavali, diese sanften Himmelgeschöpfe sind einzigartig. - Leider verstarb unser Kater vor einiger Zeit; nunmehr tobt unsere Bordercollidame Emmy durch unser Leben. - Es freut mich, dass ich Dir mit den Versen eine Freude bereitet habe. Herzlichst, Holger

Zitat:

Zitat von Kokochanel (Beitrag 95909)
Guten Abend, romantiker,

eine zarte Ode an die Katze. Schön.
Was mich stört, ist das etwas Steife, das durch die Partizipien entsteht:

Weich, verhaftend - wie entrückt,
schaut dein Aug das stolze Tier,
das, in Welt und sich verzückt,
still verharrend weilet hier.

Bis dich, plötzlich wendend, starr,
ihre Augen, sonderbar -
treffen wie ein Sternenstrahl,
dem ein Gott zu sein befahl.

Auch die Verkürzung von Auge ist etwas unglücklich, zudem das weilEt.
Zudem kann man mit nichts anderem schauen als mit dem Auge.:)

Die letzte Strophe finde ich eigentlich stark, wenn nicht vorher schon die Partizipien wären.

Ein Gedicht voller Zartheit, für ein wundervolles Geschöpf, das uns Menschen oftmals Freund ist.:Herz:

Grüße von Koko

Hallo Koko, da bist Du ja wieder. - Deine Analyse ist interessant; danke dafür ! - Ich bin sicher, dass Dir trotz Deines allgemein kritischen Blicks nicht die Schönheit der Poesie entgeht.^ Liebe Grüße, Holger

Erich Kykal 02.08.2016 09:56

Hi Romantiker!

Doppelposts sind hier nicht gestattet, du kannst ruhig beiden Kommentatoren im selben Kommentar antworten. Dazu nutze die "Ändern"-Funktion.

Zum Gedicht: Auch ich bin Katzenfan! Vier Gräber musste ich schon ausheben, aber sie wurden alle alt, mein Ältester sogar 22, die andern 19 und zweimal 17 Jahre! Zur Zeit hält mich Katerchen Mischa auf Trab, er ist heuer 3 ...

Zum von Koko erwähnten Umstand des "Steifen" - das entsteht durch die Brüche in der Sprache.
Diese wiederum entstehen durch Verkürzungen ("Aug"), harte Wortenden, Bindestrich- oder Kommapausen, kurze Vokale bei vielen Konsonanten, davon wiederum viele Verschluss- oder Zischlaute ("stolze").

Weiche lyrische Sprache beachtet nicht nur den zu transportierenden Inhalt, sondern auch die glatt fließende Sprachmelodie und den Wortklang.
Hier ist der obstruktive Aufwand beim Sprechen ein guter Gradmesser: Je mehr "Zungenakrobatik" und allgemeine Bewegung im Mundraum erforderlich ist, um eine Satzmelodie zu artikulieren, desto "härter" klingt diese dann im Vortrag.
Wichtig sind also die Vermeidung von Konsonantenprall zwischen Worten, besonders hart klingenden Worten, Brüchen oder Pausen sowie Konsonatenhäufungen und zu vielen "schrillen" Vokalen wie "i" oder (weniger) "e".
Zu suchen sind "weiche" Wortverbindungen, welche die Sprache fließen lassen, sowie "dunkle" (und wenn möglich lange) Vokale wie "a,o,u".

Du hast hier in S1 wirklich viel von allem verwendet, was ich oben unter "zu vermeiden" aufzählte, daher handelt dein Inhalt zwar von diesen geschmeidigen, weichen Tieren, aber die Satzmelodie holpert ob der Einschübe und Bindestriche, und der Wortklang ist hart ob der kurzen Worte wie der kurzen Vokale darin. Darum passt die Sprachmelodie hier nicht zum kolpertierten Thema, und diese Diskrepanz fällt dem sensiblen Leser auf.

In S2 ist es nicht so deutlich, aber auch hier haben wir grundsätzlich dasselbe Symptom: Die abgesetzte, zwar klar artikulierte, aber eben harte Satzkonstruktion. Hier sind es vor allem der Einschub in Z1 und das "zu sein" in Z4.

Auch die durchweg männlichen Kadenzen an den Versenden ("harte" Endung auf betonter Silbe) machen das Werk zusätzlich "steif".

Hier eine mögliche "weichere" Version der ersten Strophe (nur zum Vergleich):

Weich verhaftet im Entrückten
schaut dein Auge jenes Wesen,
will mit durch den Blick verzückten
Sinnen seine Tage lesen.

Bis dich, plötzlich wendend, starr,
seine Augen, sonderbar
treffen wie ein Sternenstrahl,
dem ein Gott sich anbefahl.


LG, eKy

Romantiker2016 02.08.2016 12:22

Zitat:

Zitat von Erich Kykal (Beitrag 95925)
Hi Romantiker!

Doppelposts sind hier nicht gestattet, du kannst ruhig beiden Kommentatoren im selben Kommentar antworten. Dazu nutze die "Ändern"-Funktion.

Zum Gedicht: Auch ich bin Katzenfan! Vier Gräber musste ich schon ausheben, aber sie wurden alle alt, mein Ältester sogar 22, die andern 19 und zweimal 17 Jahre! Zur Zeit hält mich Katerchen Mischa auf Trab, er ist heuer 3 ...

Zum von Koko erwähnten Umstand des "Steifen" - das entsteht durch die Brüche in der Sprache.
Diese wiederum entstehen durch Verkürzungen ("Aug"), harte Wortenden, Bindestrich- oder Kommapausen, kurze Vokale bei vielen Konsonanten, davon wiederum viele Verschluss- oder Zischlaute ("stolze").

Weiche lyrische Sprache beachtet nicht nur den zu transportierenden Inhalt, sondern auch die glatt fließende Sprachmelodie und den Wortklang.
Hier ist der obstruktive Aufwand beim Sprechen ein guter Gradmesser: Je mehr "Zungenakrobatik" und allgemeine Bewegung im Mundraum erforderlich ist, um eine Satzmelodie zu artikulieren, desto "härter" klingt diese dann im Vortrag.
Wichtig sind also die Vermeidung von Konsonantenprall zwischen Worten, besonders hart klingenden Worten, Brüchen oder Pausen sowie Konsonatenhäufungen und zu vielen "schrillen" Vokalen wie "i" oder (weniger) "e".
Zu suchen sind "weiche" Wortverbindungen, welche die Sprache fließen lassen, sowie "dunkle" (und wenn möglich lange) Vokale wie "a,o,u".

Du hast hier in S1 wirklich viel von allem verwendet, was ich oben unter "zu vermeiden" aufzählte, daher handelt dein Inhalt zwar von diesen geschmeidigen, weichen Tieren, aber die Satzmelodie holpert ob der Einschübe und Bindestriche, und der Wortklang ist hart ob der kurzen Worte wie der kurzen Vokale darin. Darum passt die Sprachmelodie hier nicht zum kolpertierten Thema, und diese Diskrepanz fällt dem sensiblen Leser auf.

In S2 ist es nicht so deutlich, aber auch hier haben wir grundsätzlich dasselbe Symptom: Die abgesetzte, zwar klar artikulierte, aber eben harte Satzkonstruktion. Hier sind es vor allem der Einschub in Z1 und das "zu sein" in Z4.

Auch die durchweg männlichen Kadenzen an den Versenden ("harte" Endung auf betonter Silbe) machen das Werk zusätzlich "steif".


Weich verhaftet im Entrückten
schaut dein Auge jenes Wesen,
will mit durch den Blick verzückten
Sinnen seine Tage lesen.

Bis dich, plötzlich wendend, starr,
seine Augen, sonderbar
treffen wie ein Sternenstrahl,
dem ein Gott sich anbefahl.


LG, eKy

Danke Erich, für Deine umfassende Betrachtung zu den Versen. - Es ist so, dass ich dichte wie es mir "eingegeben" wird: Deine Analyse suggeriert, dass Dichtung ein Handwerk sei, jedoch trifft das nur zum Teil zu. - Grundmechanismen sind natürlich zu beachten, dennoch sehe ich z.B. metrische Vorgaben nicht als ein korsettähnlich imperatives Konstrukt an. - Ich bin für Freihei, auch beim rhythmischen Dichten. - Der Maler Renoir sagte einmal:

“Ich habe mein ganzes Leben versucht, zu malen wie ein Kind – ohne etwas zu wissen und ohne zu denken.”

Das meint eben, was wirkliche Kunst ausmacht: aus der Apperzeption ( im Stadium der sinnlichen Wahrnehmung ) heraus zu schöpfen und jenes, was auftaucht, möglichst verlustfrei in das Werk zu füllen. - Das Herz ist quasi der Ingenieur, während der Verstand lediglich sein Hilfsarbeiter ist.
Und so ist auch "Die Katze": ehrlich und ursprünglich, nicht durch dengeln und
stutzen verfälscht, sondern eben Kunst, die sich niemals rechtfertigen muss.

Ergänzend noch ein paar Worte von John Keats:

Sicher bin ich mir nur der Heiligkeit der Neigungen des Herzens und der
Wahrheit der Imagination. Was die Imagination als Schönheit ergreift,
das muß Wahrheit sein, ob es zuvor existiert hat oder nicht, denn ich
habe von allen unseren Leidenschaften dieselbe Auffassung wie von der
Liebe; durch ihre Sublimierung bringen sie die Essenz der Schönheit
hervor...Die Imagination kann man mit Adams Traum vergleichen, er
erwachte und erkannte sie als Wahrheit. Ich lasse mich um so weniger von
dieser Sache abbringen, als ich noch nie erfassen konnte, wie man irgend
etwas durch folgerndes Denken als Wahrheit erkennen kann, und doch muß
es das geben. Hätte wohl selbst der größte Philosoph jemals sein Ziel
erreichen können, ohne sich über mannigfache Einwände hinwegzusetzen?
Wie auch immer - oh, alles für ein Leben der Empfindungen statt der
Gedanken!
Herzliche Grüße, Holger

Erich Kykal 02.08.2016 13:16

Hi Romantiker!

Es liegt mir fern, dir deine "Freiheit" nehmen zu wollen - ich wollte nur aufzeigen, wie du möglicherweise zu einem besser zur jeweiligen Thematik passenden lyrischen Duktus finden kannst, zB, dass sich, wenn es um das Thema "Katze" geht, weibliche Kadenzen und fließende Sprache besser eignen, den Eindruck des Geschmeidigen zu transportieren.

Was du draus machst, liegt ganz bei dir. Als Kritik oder Abwertung war das nicht gemeint.

LG, eKy

Terrapin 02.08.2016 13:26

Dichtung ist meiner Meinung nach wie jede Kunst, ob Malerei,
Bildhauerei, Musik... ein Handwerk, welches durch intensives Studium
dem Dichter ein breites Band von Möglichkeiten zur Gestaltung
und Färbung von Vers, Strophe und Gedicht bietet.
Ob dies im eignen Nutzen steht, bleibt jedem frei.
Metrik ist davon aber nur ein kleiner Teil der vielschichtigen Materie.
Mir ist dies alles sehr interessant und wertvoll. Habe mich schon tief darin eingegraben.

Grüße, Terrapin.

Romantiker2016 02.08.2016 17:46

Hallo Erich, hallo Terrapin,
mit all dem was ich geschrieben habe, wollte ich lediglich zum Ausdruck bringen, dass beim intensiven "bearbeiten" eines Gedichtes mit respektive durch den Verstand zumindest die Gefahr besteht, dass sich der Zauberfunke - das Wesen der Kunst - mehr und mehr entfernt. - Nehmen wir zum Beispiel das Lieblingsgedicht der Deutschen: "Mondnacht" von Eichendorff; handwerklich wäre einiges zu bemängeln, jedoch hat sich in diesen wunderbaren Versen der besagte Zauberfunke vollends erhalten. - Terrapin, ich bin ganz Deiner Meinung: das breite Band der Möglichkeiten, welches sich in der Gegenwartslyrik, die ja auf Form und Harmonie nahezu vollends verzichtet, ins unermessliche ausgeweitet hat, erlaubt uns - nein, gebietet uns, das am Ursprung lauschende Dichterohr möglichst verlustfrei auf die Verse zu übertragen. - Das Handwerk an sich kann dabei nur eine Richtschnur sein, das liegt schon in der Natur der Sache. Letzendlich ergibt sich der Wert des Gedichtes also aus dem Gütegrad, der im Herzen der Menschen andockt und nicht aus dem Regeswerk. Allerherzlichst, Holger


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