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Weihnachten in Bautzen
Die Wunschzettel sind nun geschrieben, gesendet
an den Weihnachtsmann, den Lieben tausend Grüße; der Schnee verschluckt Geräusche, letzte Sonne blendet, im Radio Kirchenglocken und altvertraute, süße Weisen, Christis Geburt mit frohem Jubelklang verkündend. Zwei Dutzend Männer, dunkelblau gekleidet, betreten, kleine Präsente unterm Arm die Weihnachtsfeierhalle, verloren steht in ihrer Mitte ein spärlich geschmückter Baum, der Älteste beugt die Knie und beginnt fast unhörbar zu beten, er betet lang von Josef, Jesus und Marie, vom frohen Schalle der englischen Scharen, die tröstende Worte den Hirten künden: „Gloria in exelsis deo“ und „Fürchtet euch nicht!“ Sie atmen auf, die Männer in den blauen Uniformen, bewirten den Nachbarn mit Kaffee und Stollen, ein einziger bricht das Schweigen und singt den Brüdern mit schönstem Tenor ein sehnsuchtsvolles Lied mit lauter Stimme vor: Flieg, Gedanke, getragen von Sehnsucht, lass dich nieder in jenen Gefilden, wo in Freiheit wir glücklich einst lebten, wo die Frauen und Kinder unsrer harren. Grüß die heiligen Fluten des Meeres, grüß mir Hamburg und Köln und den Dom. Teure Heimat, wann sehn wir dich wieder, dich, nach der mich die Sehnsucht verzehrt? Was an Qualen und Leid uns noch erwartet, flieg Gedanke für uns in die Freiheit. Teure Heimat, wann sehn wir dich wieder, dich, nach der uns die Sehnsucht verzehrt? „Va', pensiero“, umgedichtet war der Text leise summten alle mit und wischten heimlich mit den gelbgestreiften Ärmeln ihrer Jacken, diese hartgesottnen Knaben, ihre Tränen aus den rotgeweinten Augen. ("Flieg, Gedanke...", hier in abgeänderter Form - der Gefangenenchor aus der Oper Nabucco) |
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