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Kurz, kürzer, zu kurz
Werther, jugendlicher Schwärmer,
bürgerlich und weitaus ärmer als die bessere Gesellschaft kommt nach Wahlheim, wo er's schnell schafft, die Natur mit ihrer Fülle malerischer Landidylle zu genießen und auf kleinen Skizzen mit sich zu vereinen. Werther trifft auf einem Tanzfest Lotte und verliebt sich ganz fest in die junge, tugendsame und bewundernswerte Dame. Die Verwandtschaft ihrer Seelen können beide nicht verhehlen, als sie an den Fensterbänken an dieselbe Ode denken… Halt! Moment! So wird das nichts! Der Charakter des Gedichts ist kein Schleichen, sondern Stürzen und verdichten heißt verkürzen! Auf dem Ball verliebt sich Werther – Lotte ehrt, verklärt, begehrt er. Tanz für Tanz ein unbeschwerter Abend, aber dann erfährt er nebenbei vom Fast-Verlobten. Doch nachdem Gewitter tobten und die zwei am Fenster stehen, ist es ganz um ihn geschehen… Stopp! Noch immer viel zu lang! Konzentrier den Handlungsstrang auf pikante, kleine Happen, denn verdichten heißt verknappen! Liebesdrama, Kopfschuss, Blut. Siehste! Geht doch! Jetzt ist's gut! |
HI Plotzn!
Wie könnte ich hier wiederstehen, wo du eine Lanze für die "verschwurbelte, überkommen blumige" Dichtkunst brichst! :D Ganz auf meiner Linie! Herrlich, wie du die immer straffere Verkürzung letztlich an absurdum führst, weil du so kenntlich machst, wieviel an Wortkunst, Gefühl und Empathie dabei sukzessive verlorengeht, bis nur noch ein - im wahrsten Wortsinne - lachhaftes Skelett übrig bleibt, über das man sich bestenfalls amüsiert. So verbirgst du eine - für mich - tiefe Wahrheit der Dichtkunst unter launigem Amüsement: eine Botschaft an all jene, die glauben, durch rigorose Straffung an "Kunst" zu gewinnen! Das I-Tüpfelchen wäre gewesen, den "Autor" auch noch eine "lyrische Modernisierung" versuchen zu lassen - das läse sich dann vielleicht so: .................................................. .................................................. ...... Werther jugendlich Schwarmvogel bürgerlich ---> Geldlos schmuckedischmachtend in Wahlheim, bebender - die NaturFÜLLE malerisch GENUSS - GENUSS Skizzen (kritz-kratz!) gemacht. Trifft tanzfestend lockige Lotte --- und LIEBE! jung, tugendbesamend bewundervoll D-A-M-E: Verwandtschaft der Seelen krönt/schönt/verpönt fensterbänkelnd dieselbe Ode ... .................................................. .................................................. ........ Grausam, nicht wahr!? :rolleyes::Aua:rolleyes::Aua Ein kleiner Fehler ist dir hier unterlaufen: aber nebenbei erfährt er von des Mädchens Fast-Verlobten. Gefordert ist hier ein Dativ: erfährt er ---> von WEM? Diesen Dativ kannst du entweder am "von" festmachen - oder am "Fast-Verlobten". Ergo: aber nebenbei erfährt er vom Fast-Verlobten des Mädchens. Oder: aber nebenbei erfährt er von des Mädchens Fast-Verlobtem. Sorry, dadurch wird der Reim leicht unrein - aber ich denke, damit kannst du leben ... ;) Sehr gern gelesen! :) LG, eKy |
Lieber Stefan,
vielen Dank, endlich habe ich durch dich das Prinzip der Twitter-Nachrichten verstanden. Zum Beweis dafür sende ich dir Schillers Wallenstein-Trilogie getwittert: Starker Mann kommt an die Macht, Vertrauter killt ihn feig bei Nacht. Liebe Grüße Thomas |
Hallo plotzn!
Ich schmeiß mich wech....:D Das ist ein Liebesgedicht, wonach sich alle Dichter sehnen auch so wie du schreiben zu können. Auch die Toten. Du hältst mit deiner humorigen Sprache mir vor die Augen, wie Liebesgedichte sein können und wie jeder Schreiber so seine Einstellung hat um mit diesen Gefühlen umzugehen, bzw zu verworten. Dabei besonders gelungen ist die eigene Korrektur, die du hier kursiv gemacht hast. Immer „verkürzen“ bis nichts mehr geht.:Blume::) Genial! Liebe Grüße sy :D:D:D |
Servus eKy,
köstlich Deine morderne Version des Werthers, bei der der Leser fast ebenso leiden muss wie der Protagonist. :D Vielleicht ist es ja auch genau das, was der expertimentelle Autor damit ausdrücken wollte? ;) Beim "Verdichten" gilt es für mich, das richtige Mittelmaß zu finden. Weder langatmige Erzählungen noch kryptische Verkürzungen reizen mich. Und, wie Du geschrieben hast, die workunst und das Sprachgefühl darf nicht auf der Strecke bleiben. Danke Dich für den Hinweis! ;) So wie der Dativ dem Genitiv sein Tod ist, so ist wohl bei mir auch der Akkusativ den Dativ sein Tod. :Aua Ich muss noch ein bisschen nachdenken, wie ich das gelöst kriege. Lieber Thomas, wenn ich Dich nicht hätte! :Kuss Ich weiß gar nicht, was ich mit der vielen Zeit anfangen soll, die Du mir geschenkt hast, indem ich mich jetzt nicht mehr durch mehrere hundert Seiten Wallenstein quälen muss. ;) Liebe sy, immer ihr Mädels mit Eurer Ader fürs Dramatische und Romantische! Da mühe ich mich tagelang ab, um endlich den Werther auf eine Zeile zusammenzudampfen und dann lobst Du in höchsten Tönen die vorhergegangenen Fehlversuche... :Aua ;) Danke Euch Dreien und liebe Grüße! Stefan |
Eine ganz großartige Idee ganz großartig umgesetzt, lieber Stefan!
Beinahe meinte ich schon, gewisse Forenlyriker-Stimmen aus meinen "frühen Forenjahren" zu hören. :cool: Zitat:
In der bildenden Kunst heißt es nicht umsonst: das Material bestimmt die Form. Und im Umkehrschluss: wähle die best geeigneten Mittel, um das zum Ausdruck zu bringen, was dich bewegt. Und das gilt auch für die geschriebenen Gemälde, wie ich meine. Oft aber lese ich Texte, bei denen mich das Gefühl beschleicht, hier ging es um Effekthascherei. Und die findet man in allen Happengrößen - so dichterisch gemeint. Wenn das Herz nicht mit bei der Sache ist, kann m.E. keine Kunst entstehen, die berührt und überzeugt. Hier bin ich mehr als überzeugt. Daher sehr gern gelesen, viel gegrinst und sichtlich danach auch viel nachgedacht. ;) Lieber Gruß, fee |
Was denn - und über meine tolle "moderne" Version redet kaum einer!? :eek:
Warum wohl ... ;):D:Aua Quod erat demonstrandum ... - und auch dies noch für die "modernen" Lyriker: :p LG, eKy |
Das nenne ich einmal Verdichtung! Super.
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Liebe fee,
das stimme ich absolut zu, der Inhalt ist das Wichtigste und natürlich die Umsetzung. Am Argument des Verdichtens bei Gedichten ist schon was dran, wenn es vorher zu langatmig war, aber hier wollte ich dieses Argument bewusst auf die Schippe nehmen. Kürzen des Kürzens willen kann nur schief gehen. Reimlose Gedichte passen für mich besser in die "echte" Lyrik als in die Humorsparte. Gerade der feste Rahmen (manchmal als Überraschungselement bewusst durchbrochen) gibt dem lustigen Gedicht seinen Halt. Zitat:
Servus ekY, doch, ich rede darüber ;) Die moderne Lyrik und Kunst im allegmeinen scheint es Dir ja "angetan" zu haben... ;) Servus Schamansky, bin halt Minimalist... LG, Stefan |
Moin Plotzn,
ganz köstlich und ich komme nicht umhin, dir hier auch mein Kompliment auszusprechen. Zuerst dachte ich, wo will er hin, dann kam die erste verkürzte Version, da musste ich schon breit grinsen und am Schluss konnte ich nur noch laut lachen. Das ist wirklich gelungen und sich inhaltlich am Vorbild orientierend absolut stringent, wunderbar, so muss humorvolle Dichtung sein. Ich habe letztens eine kurze SMS von Wilhelm S. erhalten, indem er sein neuestes Werk vorstellt: Hello Faldi, I translated my new drama, short castrated: Jago, Eifersucht, Othello, Mord, Tod Desdemonas durch falsches Wort. Look my name, it undertakes here. Best regards, your Wilhelm Shakespeare. Ganz toller Text, lieber Plotzn. Lachend gelesen und gern kommentiert...:) Liebe Grüße Bis bald Falderwald |
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