Gedichte-Eiland

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falscher Denker 11.04.2010 18:51

Zwischen den Zeilen
 



Zwischen den Zeilen


Mit dem Lesezeichen lesezeichnend
dem Himmel seine Träume reichen.
Sich lösen vom Boden,
vom Wollen und Haben.

Befreit von stumpfen Schwingen
die beengt aufsteigen
und in Nervenkliniken auf Rezept
Intimitäten und Individuen schlucken.

Findest du grüne Augen in grauen Metropolen,
reitest auf Zebrastreifen durch die Straßen
und erfasst die Welt als Kind im Anzug.
Du bist mit dir selbst ehrlich erwachsen.

Wir treffen uns haltlos
an der nächsten Haltestelle,
lassen Termine fallen und fangen uns
mit mehr als Blicken auf.



Sebastian Auer ©



Falderwald 12.04.2010 20:22

Hallo Denkerlein,

wenn ich jetzt fies wäre, schriebe ich, hier sind zwei aus der Nervenklinik ausgebüchst und haben sich an der nächsten Bushaltestelle verlobt, um nun gemeinsam zu türmen - das Beste was sie machen konnten...:D

Nein, ich denke, ich weiß, wie dein Gedicht gemeint ist.

Strophe eins ist mehr einleitend.
Sie erzählt von den Träumen und Sehnsüchten zweier Liebender, die sich von allen materiellen Schranken und gesellschaftlichen Konventionen lösen wollen.

In Strophe zwei klingt quasi eine Gesellschaftskritik durch. Wir leben heute in einer Zeit, wo es für alles, seien es seelische oder körperliche Leiden, ein Pillchen gibt und schon ist wieder alles gut.
Dabei müssen sich die Patienten manchmal psychisch "ausziehen" und verlieren somit auch oftmals ihre Intimität und Individualität.

Grüne Augen in grauen Metropolen ist eine ganz starke Metapher in Strophe drei.
Grau steht für Beton und grün für die Natur, hier vielleicht für die Natürlichkeit in einer künstlich werdenden Gesellschaft.
Man muss sich nur den kindlich naiven Blick erhalten und das Leben annehmen, wie es ist. So wie ein Kind im Anzug, das ehrlich mit sich erwachsen ist, also eine bestimmte Reife erlangt hat, ohne sich den Blick für die kleinen und schönen Dinge im Leben zu verbauen.

Schließlich zeigt sich in Strophe vier, daß sich zwei gleichgesinnte Liebende gefunden haben. Sie brechen auf, ausgehend von ihrer Haltestelle, befreien sich von allem und so schließt sich der Kreis zur ersten Strophe.

Ein guter Bildertext mit zum Teil sehr schönen Metaphern, die es zu deuten galt.


Gerne gelesen und kommentiert...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

falscher Denker 09.05.2010 14:44

Lieber Faldi


Perfekt getroffen!

Steckt nicht in jedem von uns ein bisschen Irrsinn? Ich liebe es in Städten die Menschen zu beobachten, da greif ich jede Kleinigkeit auf. Das ermüdet natürlich auch und ich muss meine Eindrücke los werden, um nicht zu platzen.

Menschen die sich lieben sind da irgendwie befreit, aber auch Menschen, die es wagen mehr zu sehen, als der Alltag vorgibt, ist für mich ein Wunder und eine Grundmauer unserer Menschlichkeit. Wir alle haben Fehler und werden unseren Zielen als Ganzes nie gerecht. Heute gibt es so viele Mittel, die uns länger leben lassen, aber schlussendlich ist doch entscheidend, dass wir das Leben, welches wir haben, auch respektvoll für sich selbst und andere annehmen. Wir alle bleiben Kinder, wir alle bleiben fehlerreich. Wir alle haben Träume und wir alle haben das Recht, diese soweit es möglich ist unser Leben damit zu füllen. Sei es in der Liebe oder im Beisammensein an sich.


Liebe Grüße

Sebastian, f.D.

Dana 10.05.2010 21:15

Liebes Denkerlein,

ich denke mir, dass es ganz viele davon gibt - nicht ausschließlich die Verliebten. Das Kind in sich bewahren (wiederentdecken), die echte Freude am Sein geben so viel. Wir "praktizieren" es zu geheim, weil es rundherum so ernst und sinnvoll ist.

Das Sein zwischen den Zeilen macht das Leben lebenswert.
Ich weiß, was du meinst und erst recht, nachdem ich deine Antwort gelesen habe.

Nachdem man dein Gedicht gelesen hat, ist man angesteckt, mehr Leichtigkeit und Freude zuzulassen - sie sind ja da. :)

Schreib noch Wollen und Haben.:rolleyes:

Liebe Grüße
Dana

falscher Denker 13.05.2010 16:11

Hallo liebe Dana,


Liebe alleine, bleibt alleine, der Mensch bleibt alleine in der Masse, wenn er nicht mehr als nur seine Augen benutzt. Die Welt wird immer schneller und vieles, was uns zu persönlich wird, schieben wir in Schubladen, in Termine, zwischen Zeilen. So wie wir im allgemeinen sagen "Hinter jedem Witz ist ein ernster Hintergrund", so ist hinter jedem Blick ein Augenblick, ein Hintergrund mit Bewegung. Und wenn wir uns Zeit nehmen und diese Bewegungen beobachten, nicht im Stillstand, sondern im wachen Moment. Wenn wir es uns erlauben uns von Gesicht zu Gesicht gegenüberzutreten, Aug in Aug, dann können wir oft mehr erkennen, als nur die Zeilen, die schon jeder sieht.


Liebe Grüße und Danke ;)


Sebastian, f.D.


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