Gedichte-Eiland

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Walther 23.09.2010 21:30

State of Being
 
State of Being


Und wenn er nach den heißen Sternen griffe,
Er bliebe doch, was er schon immer war:
Im Kopf ein wenig wirr, im Herzen klar.
Am Himmel schweben weiße Wolkenschiffe,

Auf denen sich der Mond ganz lässig schaukelt.
Sein Schatten streift an einem Haus entlang.
Ein letztes Flugzeug rauscht mit leisem Klang.
So wird uns falsche Freiheit vorgegaukelt:

Er denkt’s und fährt sich durch sein feuchtes Haar.
Der Sommer fällt schon von den hohen Bäumen,
Die rechts und links die dunklen Straßen säumen.

Es fühlt sich falsch an, fremd und sonderbar,
Wie aus dem Tal sich erste Nebelschlieren
In Bart und Haar, in Busch und Baum verlieren.

Falderwald 24.09.2010 22:50

Guten Abend Walther,

interessante Betrachtung deines Protagonisten.

Ein Träumer mit einem ehrlichen Herzen, der den abendlichen Himmel beobachtet und dabei zu ganz eigenen Erkenntnissen kommt.
Der Träumer sieht den Mond lässig auf den Wolkenschiffen schaukeln, beobachtet dabei ein letztes Flugzeug und denkt an die damit vorgegaukelte Freiheit.
(Der Mensch kann halt nicht fliegen und wenn, dann nur mit Hilfe von Maschinen, die meisten lassen sich sogar nur damit fliegen. Mit einem Vogelflug ist das wohl nicht im Entferntesten zu vergleichen. Auch wenn ich damit jetzt der guten alten Romantik von Reinhard Meys "Über den Wolken" widerspreche...:p)

Aus dem gesamten Kontext geht hervor, daß es sich hier um einen schon älteren Protagonisten und Beobachter handelt.

So klingen dann auch die Beschreibungen in den Terzetten ein wenig wehmütig, die vom scheidenden Sommer sprechen, wie er aus den hohen Bäumen fällt. (Ich habe hier bewusst "aus" geschrieben und schlage dir vor, dieses an Stelle von "von" zu verwenden. Klingt m. E. irgendwie lyrischer, was meinst du?)
Die Nebelschlieren, die ein typisches Herbstzeichen sind, könnten genau so gut die ersten grauen Haare sein.
Wenn die Sommerzeit gerade ihre Blüte überschritten hat, ist es für manche wie ein Sturz aus dem vollen Leben.
Und daß sich dies fremd und sonderbar anfühlt, ist nur zu verständlich, daran muss man sich erst gewöhnen.

Schönes Sonett mit zwei Bedeutungsebenen des Zustands des Seins.


Gerne gelesen und kommentiert...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Walther 26.09.2010 18:57

Lb. Falderwald,

Deine Analyse paßt wie Faust aufs Auge. Meine "Naturgedichte" haben immer diese beiden Ebenen.

Letztlich sollten wir Menschen, die wir meinen, die Natur zu beherrschen, ein wenig in uns lauschen, um diesem Innen-Außen-Phänomen auf die Spur zu kommen. Das war das Ziel. Ohne es zu sagen, sollte jeder erkennen können, daß dies ein universelles Herbstgedicht ist. So habe ich es mir gewünscht.

Ich habe den letzten Vers noch etwas bearbeitet, es aber bei dem "von" den Bäumen belassen, weil das das exaktere Bild ist (die Früchte fallen ebenso wie die Blätter von den Bäumen).

Danke für Deinen tiefsinnigen Eintrag.

LG W.

Blaugold 26.09.2010 19:09

Hallo Walther

Nur eine ernsthaft gemeinte Frage: Warum, in DreiGoethes Namen, den Titel in Fremdsprache? :confused:

Blaugold

Walther 26.09.2010 19:51

Lb. Blaugold,

die Frage beantworte ich gerne.

State of Being könnte man mit "Zustandsbeschreibung" übersetzen, aber das trifft es nicht ganz. Der englische Begriff ist noch etwas weiter gefaßt und eine stehende Redewendung.

Vielleicht könnte man auch "Befindlichkeit" nehmen, aber eigentlich ist es eben beides: Zustandbeschreibung UND Befindlichkeit. Und daher paßt der Begriff m.E. auch als Titel perfekt. Aber das ist in der Tat Geschmacksache, wobei mich gute Vorschläge sehr interessieren! Denn besser machen kann man Gedichte immer. Auch (und gerade) im Titel. ;)

Danke und Gruß W.


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