Gedichte-Eiland

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Erich Kykal 10.06.2011 11:08

Wanderleben
 
Verwirrte, stolpern wir durch unser Leben
und suchen viel und finden keinen Gang,
der sanft uns wiegt in unserem Bestreben
nach einem Wegmaß, das uns wohl gelang.

Zu kurz geraten weiland unsre Schritte,
erblindet sind wir für das letzte Ziel,
verlieren schläfernd uns und unsre Mitte,
und jeder Schritt zurück erscheint zuviel.

Jedoch, wiewohl wir an der Welt versagen,
wir finden endlich doch an eine Rast,
die uns versöhnen mag mit allen Tagen,
die wir gewandert sind mit dieser Last.

Stimme der Zeit 12.06.2011 07:34

Hallo, Erich:),

dieses Gedicht ist für mich zwar nachdenklich, im Sinne einer Reflektion, aber der Unterton ist doch sehr hoffnungslos, beinahe düster.

Ich bin schon seit Vorgestern um dieses Werk "herum gewandert", und bin nach wie vor unsicher, was ich schreiben soll. Also lasse ich jetzt meine Gedanken einfach mit deinen Versen "mitwandern", mal sehen, was dabei herauskommt. :o

Ja, manchmal stolpern wir, denn es liegen viele Steine auf dem Lebensweg. Große oder kleine Schritte, weiß man, wann welches Schrittmaß das Richtige ist? Ich glaube, es ist die Unsicherheit, die so verwirrend sein kann. Allerdings bin ich der Ansicht, dass es falsch wäre, sich allzu sehr verwirren zu lassen; es ist wichtig, statt dessen mutig voran zu schreiten - Hauptsache ist, nicht stehen zu bleiben. :)

Selbst wenn es wieder mal heißt: Ein Schritt vor und zwei Schritte zurück - das ist ja nicht immer und ausschließlich so. Ebenso gibt es Zeiten, in denen es umgekehrt ist, dann kann man "aufholen". Worauf ich keine Antwort geben kann, ist das "letzte Ziel", da aus dem Gedicht nicht ersichtlich wird, was darunter zu verstehen ist. Lediglich zur "Blindheit" kann ich etwas sagen: Dieses Erblinden ist eine individuelle Entscheidung, sie ist nicht angeboren. Wir haben jederzeit die Wahl, sehenden Auges durch die Welt zu wandern, oft schmerzhaft, aber ab und zu auch wunderschön ...

Die Conclusio weckt in mir ein wenig Besorgnis. Das Leben ist oft nicht schön, aber es ist nicht nur eine Last - und selbst wenn es auch belastend sein kann, sollte man nie die Hoffnung aufgeben, jemanden zu finden, der die Last mit einem teilt. Dann wiegt sie nur halb so schwer. Die Lage ist nicht hoffnungslos, so lange es Menschen gibt, die miteinander teilen, so lange man den Vögeln beim Singen zuhören und dem Murmeln eines Baches lauschen kann, während der Wind in den Bäumen rauscht ...

Liebe Grüße :)

Stimme

a.c.larin 12.06.2011 08:03

Hallo Erich,

ich persönlich finde den Grundton dieses Gedichtes nicht düster, sondern nur ein wenig elegisch - aber das haben die blaublümigen Romantiker ja sehr gerne in der Lyrik.....:)

Hallo Stimme der Zeit - hier steht sie doch, des Rätsels Lösung:

die uns versöhnen mag mit allen Tagen,

Dafür hat ja jeder seine ganz eigene Methode herauszufinden.
Ich versuche mal, mein "letztes Ziel" mit Humor zu definieren:


Lässt uns auch das Wanderleben
öfter mal 'ne Wand erleben,
dürfen wir die Hand erheben!
Um nicht ganz im Sand zu kleben

hat uns Gott Verstand gegeben:
So lässt sich der Grant beheben,
den die Wand im Wanderleben
oft herbeiführt! Hand drauf geben -

und behagliich weiter leben..... :p
;)


Lieber Erich - ob die Schritte nun zu kurz oder zu lang waren, ist doch letztlich ganz egal!
Ich zitiere aus einem Geidcht von Max Stebich ("Die Schnecke"):

"Auch wer wandert mit Behagen
kommt nach vorgeschriebnen Tagen
an sein Ende, an sein Ziel...."!

Also dann: Nut det hudeln! Es wird ohnehin.....:)

Gern gelesen,
larin

Erich Kykal 13.06.2011 12:39

Hi, Stimme der Zeit (Vox Temporae)!

Meine Gedichte sind sehr - um nicht zu sagen, völlig - von der Grundstimmung abhängig, die den Dichter zum Zeitpunkt des Dichtens bewegt. In diesem Fall war ich weitgehend "bedeckter" Laune, kurz vorm seelischen Dauerregen.
Wie immer schreibe ich weitgehend unbewußt vor mich hin, als wäre ich nur ein Kanal, durch den Gedanken sich fokussieren, die mich offenbar auf einer ganz anderen Ebene eher unbewußt beschäftigen.
Die Aussage ergibt sich beim Schreiben! Oft fängt es als Naturgedicht an und geht dann ins Philosophische, beginnt lebensnah und wandert ins Phantastische - oder umgekehrt. Wie auch immer, in den seltensten Fällen ist mein Dichten irgendwie "geplant". Meist tropft es so, wie's dasteht, aus unerforschten Hirnregionen ab und fügt sich dank eines musischen Talentes fast wie von selbst in Reime. Seltsam, aber so läuft's bei mir.


Hi, larin!

Na, du alte Spottdrossel!?:p:D

Vielen Dank für deine erheiternden Reimzeilen! Vielleicht die einzig passende Antwort auf solch welt- und wesensverzehrende Schwergewichtslyrik wie dies! Ich wünschte, ich könnte selbst das Dasein öfter mal mit so heiterer Gelassenheit begehen! Mitte Juli kannst du mich ja dann unterweisen!;):)

LG euch beiden, eKy

a.c.larin 13.06.2011 13:47

Hallo Erich,

das "alte " hab ich überhört - mit der "Spottdrossel" werde ich wohl oder übel leben müssen.....:o ich kanns halt einfach nicht lassen! :o:o

humor ist aus meiner sicht das einzige mittel, das uns dabei hilft schwere lasten auf eine (leichtere) schulter zu nehmen. :)

nun, das mit dem "unterweisen" ist so eine sache:
man lernt doch nur, was man selber will! (zumindest als erwachsener)
ich selbst habe mir die "leichtere" gangart ja auch mal wo abgegeguckt -
und weil ich mich in den vertreter derselben heftigst verliebt hatte, ist mir davon ein erinnerungsrest geblieben (der nun kräftig auswildert, und das nach allen seiten! :rolleyes: )
aber wer weiß: vielleicht setz ich dir ja auch noch so eine flause in den kopf?

den tiefgang findet man aber wohl eher in deinen zeilen.....

alles liebe,
larin

Dana 13.06.2011 18:03

Lieber eKy,

hier muss ich mich melden, weil mich die "Besprechung" noch mehr begeistert, als das Gedicht selbst. (Womit ich dem Werk nichts abspreche. Allein die Entstehung - wie du in der Antwort an Stimme beschreibst - ist schon faszinierend.)

Ich würde mir allzu gern von unserer "Spottdrossel" einiges abgucken.:D
Es klappt leider nicht durchgehend.

Auf der anderen Seite liebe ich beinahe Düsteres, Elegisches - ja, manchmal sogar die darin abgetauchte eigene Stimmung.
Solche Momente und Zeiten gibt es in jedem Leben, behaupte ich einfach aus Erfahrung, Beobachtung und aus vertrauten Gesprächen.

Dazu fallen mir wieder H. Hesses "Stufen" - mein absolutes Favoritengedicht.

Wenn jeder die Kunst beherrschte, sich aus Elegischem "auf Abruf" zu befreien, dann ist die Traurigkeit ein schöner Teil des Daseins - direkt zum Suhlen.;)

Bin gern dabei gewesen,

liebe Grüße
Dana

Erich Kykal 15.06.2011 13:05

Hi, Dana!

Na hoffentlich hab ich nix falsch gemacht, wenn dich die Besprechung mehr fasziniert als das Werk selber;):D!?
Da fühl ich mich irgendwie, als hätte ich mir nicht genug Mühe gegeben...(schluchz)

Hesse hat ein paar sehr gute und manch gute Gedichte, aber auch einiges an "Müll", zumindest nach meinen Ansprüchen. An Rilke reicht er nach meinem Dafürhalten insgesamt bei weitem nicht heran. Aber das ist eben Geschmacksache...

Das Traurige, Pessimistische, Grüblerische ist bei mir sozusagen wesensimmanent, sprich fix eingebaut! Ich tu mich bei "lustigen" Gedichten erst so richtig schwer...

LG, eKy


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