Gedichte-Eiland

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a.c.larin 11.04.2012 18:55

Knospenleben
 
Dränge nun im Überschwange
deiner Kraft dem Licht entgegen,
Knospe, du! Sei niemals bange:
Deinem Tun entspringt ein Segen.

Öffne dich der Welt, dem Leben,
deinem seligen Entfalten,
froh der Schöpfung hingegeben,
ihrem steten Neugestalten.

Wachse nur, du musst nicht wissen,
wohin dich dein Werden führt.
Doch wir würden es vermissen,
säh'n wir nicht an deinem Streben:
Unvermindert kämpft das Leben
um den Platz, der ihm gebührt!

Forme du ihm Überschwange
deiner Kraft ein Hoffnungszeichen,
denn beengt warst du so lange -
doch die kalten Stürme weichen.

Zärtlich kost der Duft der Blüte,
alles Leben drängt zum Licht -
und es zaubert dessen Güte
mir ein Lächeln ins Gesicht!

-----------------------------------------

variante zu strophe 3 (von fee)
Sieh, dein Werden braucht kein Wissen
um ein Ziel, zu dem es führt.

Doch wir würden es vermissen,
säh'n wir nicht an deinem Streben:
Unvermindert kämpft das Leben
um den Platz, der ihm gebührt!

-----------------------------------------

variante zu strophe 3 ( von larin )
Wachse nur, du musst nicht wissen,
welches Ziel dein Werden kürt,
Doch wir würden es vermissen,
säh'n wir nicht an deinem Streben:
Unvermindert kämpft das Leben
um den Platz, der ihm gebührt!

Falderwald 12.04.2012 21:40

Servus larin,

das gefällt mir, es ist ein schönes Frühlingsgedicht, voller Kraft und Schwung, eigentlich auch eine kleine Hymne, findest du nicht auch?

Was an der Form auffällt, ist die sechzeilige Strophe in der Mitte. Doch warum nicht, so etwas kommt eigentlich ganz gut an und unterbricht einmal die sonst übliche Regelmäßigkeit, wobei sich hier auch das Reimschema a-b-a-c-c-b mit dem Klammerreim wohltuend hervor tut, ohne daß der Leser ins Stolpern gerät.

Wenn auch nur Peanuts, denn ich weiß ja, daß es im Österreichischen ein paar andere Betonungen gibt, so muss ich aber doch in S3/Z2 auf den Zeilenanfang hinweisen, wo mich der Terminus "wohin" beim Lesen arg in Verlegenheit bringt, weil hier die Betonung (auch nach Duden) auf der zweiten Silbe liegt, also xX.

Da das ganze Gedicht aber im Trochäus geschrieben ist, stimmt die ganze Zeile nun metrisch nicht mehr.

Mein Vorschlag wäre:

Wachse nur, du mussts nicht wissen,
(übrigens würde ich das "s" bei "mussts" noch entfernen. Ist gar nicht nötig.)
wo dein Werden hin dich führt.

Ist zwar eine kleine Inversion, aber besser als eine metrische Unebenheit.
Ich finde das geht so.

Was ich sehr schön finde und eigentlich auch für die Kernaussage des Textes halte, ist:

Forme du ihm Überschwange
deiner Kraft ein Hoffnungszeichen,


Ein Hoffnungszeichen für das Leben, mehr noch, für das neubeginnende Leben, wie es sich im alten Kreislauf der Jahreszeiten im Frühling darstellt.

Sehr schönes Gedicht...:)


Gerne gelesen und kommentiert...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

a.c.larin 12.04.2012 22:10

hallo falderwald,
dass überschüssige s tu ich dann mal gleich weg - das hab ich dann wohl echt verschlimmbessert... :o

mich stört an dem gedicht genau die stelle, die auch dich stört - hab allerdings noch keine bessere lösung dafür gefunden.

dein vorschlag mundet mir auch nicht so recht - vor allem, weil die inversion das wörtchen "hin" so hervorstreicht. knospendes leben will ich gar nicht mal in die nähe eines wörtchens wie "hin" ( assoziation: kaputt) lassen! :eek:

bliebe noch die möglichkeit, so umzustellen:

.....wo dein Werden dich hinführt ( aber dann haben wir dasselbe problem in hellgrün: die betonung stimmt wieder nicht. :cool: )
ich seh schon, das muss ich noch länger überbrüten.

ja, die mittelstrophe, die ist mir etwas "fetter" geworden - da wollte sich auf einmal so viel sinn reinquetschen.....
(schafft aber vielleicht ein bisschen ruhe, bevor der überschwang von neuem losgeht. :p )

das hymnische kommt wahrscheinlich durch die vielen imperative zustande:
dränge, öffne, wachse, forme....

ich liebe den april! ( kein wunder, ist ja auch mein geburtsmonat. :) )
und wenns nach mir ginge, könnte ich glatt 12 aprile pro jahr haben!

und jetzt muss ich mir überlegen: wohin mit dem wohin?

lg, danke für dein lob,
larin

Timo 13.04.2012 10:48

Liebe Larin,
die Knospen entfalten sich, trotz mancher Kühle der Jahreszeit, denn das Licht fördert das Wachstum und nichts kann es zurückhalten.
Liebe Grüße
Timo

fee 13.04.2012 13:34

falderwald hat dein gedicht sehr treffend als "hymne" bezeichnet, liebe larin,


denn so lese ich es auch.
knospen sind tatsächlich etwas ganz wundervolles und du hast ihnen ein wirklich schönes lied geschrieben. ich glaube auch, dass der frühling "das" mit uns macht - uns im beobachten (noch nichtmal dem gezielten, aber man kann sich dem im frühling ja gar nicht entziehen) aufzeigen, dass man nicht immer das ziel vor augen haben sollte, sondern einfach im werden das nehmen, was da kommt.

womit wir auch bei der kritischen zeile wären:
Zitat:

Wachse nur, du musst nicht wissen,
wohin dich dein Werden führt.
ich kann mit folgendem vorschlag aufwarten:

Sieh, dein Werden braucht kein Wissen
um ein Ziel, zu dem es führt.
Doch wir würden es vermissen,
säh'n nicht wir an deinem Streben:


die umstellung in zeile 4 soll betonen, was WIR sehen - im gegenzug zur knospe, die in zeile 1 zum sehen aufgefordert wurde... ist zwar vermutlich nicht dein ding, weil es - der aussage wegen - auch von der betonung unerwartet kommt (passt aber ins metrum)....und außerdem wäre ja sonst eine unpassende WWH ("sehen") enthalten, die so aber ein betontes element wird.

aber vielleicht ist es ein impuls für eine eigene zündende idee.

auf jeden fall hab ich deine knospenhymne gernst gelesen und mich daran erfreut.


lieber gruß

fee

Thomas 13.04.2012 16:48

Liebe Larin,

Das Problem bei 'wohin dich dein Werden führt.' ist nicht nur, dass 'wohin' jambisch ist, sondern dass durch die folgenden zwei schwachen Worte 'dich dein' die Zeile eigenlicht nur 3 Füße hat 'xXxxXxX' Wenn ein Trochäisches Wort, wie z.B. 'Werden' folgte, könnte die Tonbeugung des 'wohin' gut durchgehen, z.B. 'wohin Werden dich noch führt` '(X)(x)XxXxX'. Das ist auch nicht toll und nur zur Verdeutlichung gesagt.

An der Zeile lässt sich kaum etwas ändern, weil da Verb 'führen' das 'hin' fordert. Auch wenn man es ganz ans Verb setzt und 'hinführt' sagt, will es den Ton (etwa 'wo dein Lebensweg dich hinführt', wobei 'Weg' viel bestimmter und deshalb weniger passend ist, als 'dein Werden') und es passt auch nicht so gut zu 'gebührt'. Ich glaube, man muss die Strophe entweder ganz neu machen, oder sie so lassen, wie sie ist.

Sie ist ja ohnehin etwas Besonderes, wegen der zusätzlichen Zeilen. Man könnte ja auch 'uns Leser' als Betrachter weglassen und etwas Ähnliches sagen können wie:
Wachse nur, du wirst im Streben
schon den rechten Weg geführt,
unvermindert kämpft das Leben
um den Platz, der ihm gebührt!
Aber ich vermute, dass es dir auf das 'wir', dass du genau in die Mitte des Gedichts gesetzt hast, besonders ankam.

Jetzt habe ich viel über dein Gedicht gelabert und das wichtigste noch gar nicht gesagt: Es ist schön!

Liebe Grüße
Thomas

a.c.larin 14.04.2012 07:18

lieber timo,
aslo ,so ganz ohne temperatruanstieg gehts wohl doch nicht: wenn frostig wird, halten sich auch die knospen noch ne weile zurück, zumindest die hier in wien....

liebe fee,
zum glück macht der frühling "das" mit uns - damit die in die jahre gekommenen wenigstens einmal im jahr noch so was wie "jugendlichkeit" verspüren! :) :p

danak für deine überlegungen zum "wunden punkt": du hast es tatsächlöich geschafft, das vetrackte wörtchen "führt" doch noch irgendwie unterzubringen. :)
mittlerweile ist mir auch eine andere lösung dazu eingefallen.

ich weiß jetzt ehrlich gesagt nicht, was da besser.
daher füge ich beide versionen oben bei. schau mer mal, was das publikum sagt. ;)

lieber thomas,
du hast ganz recht, mit dem, was du sagst - und meines erachtens blockiert das wörtchen "führt" hier auch alles andere ( ein argument, dass durch die idee von fee aber schon wieder widerlegt wurde. :D )

dann überlasse ich jetzt die zwei neuen varianten den kritischen augen der leser!


liebe grüße an alle,
larin


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