Thema: Äktschn
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Alt 15.03.2017, 14:58   #3
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi Sy!

Du bist durchaus nicht "ausgeartet", es sei denn in den Augen jener, die die Wahrheit nicht ertragen.

Mit den "Helden" in den Filmen (oder Büchern) meinte ich auch nicht unbedingt Menschen, die wie typische Helden agieren, sondern Identifikationsfiguren, durch deren Augen wir ihre Abenteuer und Herausforderungen erleben und deren Reifung daran wir über die erzählte Geschichte hinaus zu unserer machen.

Dass junge Menschen leichthin in den Krieg ziehen, liegt nicht einzig an ihrem Drang, sich "zu erden" und lebendig zu fühlen, dazu könnten sie auch genauso gut Risikosportarten ausüben, ohne andere zu verletzen und zu töten.

Die Hauptgründe dafür sind Erfahrungsmangel, moralische Unreife und die Überzeugung, schon alles zu wissen und vor allem: Das Recht zu haben, andere für eine Idee oder einen eigenen Nutzen zu töten, oder einfach, weil man sie nicht mag oder fürchtet.
Ich spreche hier nicht von jenen, denen ein Krieg von außen aufgezwungen wird, die sich nur verteidigen, um zu überleben, obwohl das auch schon schlimm genug ist! Ich meine genau jene "Gotteskriegeradepten" und politsch indoktrinierten halben Kinder, die noch nicht wissen, dass irgendwann - so sie überleben - alles zu ihnen zurückkommt! Jede Schuld, aufgeladen in Arroganz und Sorglosigkeit jugendlichen Unbesitzes dessen, was sie zerstören, kommt später, wenn sie alt und gereift genug sind, zu ihnen zurück und wird sie heimsuchen, so lange sie leben!

Ich weiß das, weil ich aus Erfahrung spreche. Ich war als junger Mensch ein egomanischer Soziopath, zwar nicht kriminell verhaltensauffällig, aber immun gegenüber den Belangen anderer Menschen sowie den Auswirkungen der meinen auf deren Seelenleben. Ich war hochgradig manipulativ, erspürte intuitiv Schwachpunkte, nutze sie aus - und scherte mich kaum um die Konsequenzen für andere, so lange ich nur bekam, was ich wollte.
Dass ich mich als gemobbter Jugendlicher immer außerhalb jeder menschlichen Gemeinschaft fühlte, half dabei - für mich waren "sie", die "anderen", Feinde, die mir weh taten, wenn ich sie ließ. Die daraus resultierende Menschenverachtung rechtfertigte nur allzuleicht meine Taten, indem sie alle anderen Menschen für mich zu weniger machte, als ich selbst mich glaubte.
Dass ICH damals der Verkrüppelte, Unfertige war, begriff ich damals noch nicht. Ich hielt mich für allwissend, intelligenter und überlegen - und handelte danach, und das mit einer Gefühlskälte, die alle, die mich heute kennen, überraschen und abstoßen würde. Ich war dabei nie herrisch oder nach außen herablassend, was es mir noch leichter machte, damit durchzukommen.
Ich war eine Art intellektueller Rassist, der so tat, als wäre er wie alle andern und als wäre alles um ihn herum nur zufällig so geschehen, dass es ihm nutzte ...

Mitleid konnte ich mit Tieren haben, das schon immer - aber Mitleid für Menschen, deren ohnehin nur rudimentäre Ansätze meine traumatische Jugend mir so nachhaltig ausgetrieben hatte, musste ich über Jahrzehnte erlernen, und ab und zu, in dunkleren Momenten, bin ich selbst heute noch nicht sicher, ob ich mich wirklich dauerhaft überzeugt habe. Aber sobald ich Mitgefühl gelernt hatte, kam meine alte Schuld, bis dahin gar nicht als solche erkannt und akzeptiert, zu mir zurück, und sie wird bei mir bleiben, so lange ich lebe, um mich daran zu erinnern, wer und was ich einmal war - und dass ich so nie mehr sein möchte, weil ich heute mehr bin, als ich damals war.

Die Jungen, die im Rausch ihrer vorschnellen, aber umso intensiveren Überzeugungen - und überzeugt von der eigenen Unsterblichkeit - zur Waffe greifen, lernen das auf eine NOCH härtere Tour, wenn überhaupt. Und manche begreifen es vielleicht auch nur so! Traurig - aber menschlich. Leider.

LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
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