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Alt 31.05.2017, 22:37   #2
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi Pinni!

Interessantes Reimschema, in dem sich der eine Reim mit jeder übernächsten Zeile durchgehend fortspinnt, während der 2. Reim quasi einen mittigen dritten umarmt.

Inhaltlich konterkariert der atmosphärisch dichte Text das typische romantische Sonnenuntergangsgedicht, das in Farben und Stimmungen schwelgt, indem er das frühe Schattendunkel, das "Fahle" des dichten Waldes und das abendliche Schweigen der tagaktiven Tiere mit der "anderen" Seite menschlicher Seelenzustände in Verbindung setzt: Angst, Depression, Trauer, Isolation, ...

Sehr gelungen, wie ich finde.

Einzig beim Wort "Überfluten" habe ich kurz gestutzt. Es ist schon witzig, wie die Betonung bei mir die Bedeutung ändert: Betont man das Wort auf der 2. Silbe, suggeriert dies, dass etwas überflutet wird, zB von einem Hochwasser. Betont man die erste Silbe, bekommt man eher das Bild, dass etwas übergeht,zB. ein Behälter.
Bezogen auf die "Not" ergibt sich das jeweilige Bild, dass bei zweitsilbiger Betonung die Not selbst überflutet wird (wovon auch immer), bei erstsilbiger Betonung, dass die Not selbst ihr "Behältnis" (uns) überflutet, weil sie zu groß wird.

Dein Takt legt wohl die Betonung der ersten Silbe nahe, aber der flüchtige Leser mag durchaus dort das Lesetempo beschleunigen, um die beiden ersten unbetonten Silben quasi wie eine zu lesen. Dann entsteht automatisch das falsche Bild im Kopf - zumindest bei mir. Ich weiß nicht, ob diese Bedeutungsänderung allgemein gilt oder nur bei mir konträre Bilder auslöst, darum erzähle ich das hier nur am Rande. Also keine Änderung nötig.


Sehr gern gelesen!

LG, eKy
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