Hi Laie!
Mir gefallen Version 2 und 3 am besten. Nr. 2 schätze ich als die lyrisch beste Version ein, bei Nr. 3 gefällt mir das übereinstimmende Schema der Strophen.
Das Bild der "Nacht, die wie eine Königin von Ost heranschreitet", kommt mir sehr bekannt vor. Zufall?
Hier eine mögliche "Bildvorlage" für deine S1 von Rilke aus "Traumgekrönt":
XVI
Abendläuten. Aus den Bergen hallt es
wieder neu zurück in immer mattern
Tönen. Und ein Lüftchen fühlst du flattern
von dem grünen Talgrund her, ein kaltes.
In den weißen Wiesenquellen lallt es
wie ein Stammeln kindlichen Gebetes;
durch den schwarzen Tannenhochwald geht es
wie ein Dämmern, ein jahrhundertaltes.
Durch die Fuge eines Wolkenspaltes
wirft der Abend rote Blutkorallen
nach den Felsenwänden. - Und sie prallen
lautlos von den Schultern des Basaltes.
(Mir hätte ja in der vorletzten Zeile "fallen" besser gefallen als "prallen", nicht zuletzt, weil im Sprachgebrauch ein "prallen" meist als zusammengesetztes oder geteiltes Verb mit "ab" oder "auf" benutzt wird. Auch hier ist das Bild eins des Abprallens, das "ab" wird aber verschluckt. Sprachtechnisch nicht ganz rein, wie ich finde. Aber wer bin ich, dass ich Rilke kritisieren dürfte, auch wenn er noch sehr jung war, als er dies schrieb ...


)
Ob nun bewusst rilkelastig oder gar plagiativ oder nicht - allein, das dein Stil so an ihn erinnert, freut mich und macht mich neidisch zugleich! Sollen andere meckern - mir gefällt's ausdermaßen!

LG, eKy