Hi Wilhelmine!
Als ich vor 10 Jahren hier anfing, hatte ich auch kaum Ahnung von Lyrik, dachte, ich könnte das schon allein durch "Taktgefühl" und aus dem Bauch heraus. Ich glaubte, meine Begeisterung für die Materie sei allemal ausreichend, und ich wüsste bereits alles, was nötig ist ...
Man weiß erst, wie sehr man irrte, wenn man mehr weiß ...
Das Wichtigste der "klassischen Dichtkunst" ist aber rasch zusammengefasst, da kannst du dich in ein paar Stunden auf Wikipedia schlau machen, und auch hier gibt es einige Fäden dazu:
Hebungen, Senkungen und ihre Abfolgen in verschiedenen Verstaktformen (Jambus, Daktylus, Trochäus, Ambibrachys usw ... - die exakte Nomenklatur habe ich bis heute nicht drauf!),
Auftakte (betont oder unbetont), Kadenzen (männlich oder weiblich),
Reimschemata usw ...
Letztendlich die lautmalerische Komponente mittels Sprachfluss, Sprachmelodie, Wortwahl mit entweder getragenen, "dunklen" Vokalen, dem eher neutralen "e" oder dem schrillen "i", usw ...
Ich konnte mich besonders für die Form des Sonetts begeistern:
je 2 Quartette und 2 Terzette, die Vierzeiler mit umarmenden gleichen oder gespiegelten Reimen ( ABBA - ABBA oder ABBA - BAAB), die Dreizeiler mit 2 oder 3 Reimen (CDC - DCD oder CCD - DDC oder CDE - CDE oder CDC - EDE usw ...), aber das Sonett sollte nie auf 2 direkt gereimte Zeilen enden.
Das klassische Sonett hat durchwegs unbetonte Auftakte und weibliche Kadenzen, aber heutzutage darf mit der Form frei experimentiert werden (außer du gehörst zu den Puristen, die schlachten dich für ein Sonett mit betontem Auftakt, vierhebigen Versen und gemischten Kadenzen!


)
Das klassische Sonett wird auch inhaltlich eingeteilt in These (1. Quartett), Antithese (2. Quartett) und Synthese (Terzette), aber diese Regel war mir immer schon zu starr und einschränkend!
LG, eKy