Zitat:
Zitat von Jonny
Der Sommer zieht den grünen Hut tief ins Gesicht,
mit schwerem Schritt geht er noch einmal durch das Land,
auf seiner Schulter ruht schon längst die kalte Hand -
Wind streift sein graues Haar - doch nein, er trauert nicht.
Stolz blickt er auf sein Farbenfeuerwerk zurück;
auf seinem Weg grüßt ihn kokett die Sonnenbraut*,
die aus dem Flammenmeer von Farben in den Himmel schaut,
ein letzter Schmetterling begleitet ihn ein Stück.
Bald ist der alte Herr mit seinem grünen Hut erfroren,
dann decken alle Bäume ihn mit ihren Blättern zu -
und über all die Blätter legt sich dann das alte Jahr zur Ruh -
ach, würd ich nur wie diese beiden neu geboren.
Doch vieles auf dem Weg nach Hause geht verloren ...
*Die Sonnenbraut ist eine wildwachsende Art -
um ihre Scheibe herum sitzt ein Kranz von Strahlenblüten - welche die Blume wie eine Sonne aussehen lässt.
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Hi Jonny!
Ein wenig früh fast für ein Spätherbstgedicht - oder ist das ein älteres Werk?
Wieder ein sehr lyrisches Gedicht, diesmal leider mit mehreren metrischen Schwächen:
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S1Z4 und S2Z1 könnte man auch unbetont anlesen, und so war es von dir wohl auch angedacht, indes, es klingt dann doch recht hingezwungen und unnatürlich im Sprachfluss, denn die von dir gewählten Worte WOLLEN betont sein.
Die weiblichen Kadenzen in S3Z4 und der letzten Einzelzeile sind nicht wirklich Fehler im metrischen Sinne, die brechen nur die Stringenz der ersten Strophen.
Alle anderen markierten Stellen sind Überlängen und sollten gekürzt werden, um sich ins Schema zu fügen.
Wenn ich darf:
Der Sommer zieht den grünen Hut tief ins Gesicht,
mit schwerem Schritt geht er noch einmal durch das Land,
auf seiner Schulter ruht schon längst die kalte Hand -
der Wind erfasst sein Haar - doch nein, er trauert nicht.
Gelassen blickt er auf sein
Farbenwerk zurück;
auf seinem Weg grüßt ihn kokett die Sonnenbraut*,
die aus dem
Meer von Farben in den Himmel schaut,
ein letzter Schmetterling begleitet ihn ein Stück.
Bald ist der
Alte mit
dem grünen Hut erfroren,
dann
decken Bäume ihn mit ihren Blättern zu -
und über
alles legt sich dann
das Jahr zur Ruh -
ach, würd ich nur wie diese beiden neu geboren.
Doch vieles auf dem Weg nach Hause geht verloren ...
So wäre es metrisch stimmig, ohne dass allzu viel am adjektivischer Reichhaltigkeit verloren geht.
Übrigens: auch der Einstieg zu S3 ("Bald") ist metrisch indifferent, kann also (und MÖCHTE eigentlich auch) auch betont angelesen werden. Am Anfang eines Gedichtes würde ich also an deiner Stelle nicht so formulieren, denn eine Mehrheit von Lesern würde dann falsch ansetzen, müsste abbrechen und neu beginnen. Aber bei S3 ist es nicht so schlimm, da hat der Leser sich schon an den Rhythmus der Verse gewöhnt und wird (fast) sicher die korrekte Betonung wählen.
Dennoch sollte man beim Schreiben tunlichst darauf achten, solche ambivalent betonbaren Einstiege zu vermeiden.
Hier wäre eine mögliche Lösung: "Der
Alte
mit dem
grünen
Hut ist
bald er
froren,"
Die betonten Stellen (Hebungen oder kurz Heber) habe ich unterstrichen.
Sehr gern gelesen und beklugfummelt!
LG, eKy