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Alt 29.04.2009, 08:58   #3
Hans Beislschmidt
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hey Dana,

ich habe mich gerade heldenhaft durch McPherson (ein Scharlatan?) und Luise Otto-Peters gequält (Übersetzung Ossianische Gesänge). Das Gedicht ist vom Thema her möglicherweise schon in der Vorromantik angesiedelt und erinnert ein bisschen an Bettina von Armin. Mir persönlich erscheinen acht Wörter pro Zeile als die lyrische Obergrenze, das Werk und die Aussage rutscht nach meinem Geschmack sonst zu sehr in Prosa.

.... Vom Formalen her bin ich ebenso etwas überrascht, denn ich kenne ja auch andere Werke von dir. Wenn man ZUVIEL an Aussage in eine Zeile packt, engt man ohne Not den Interpretationsspielraum ein und kommt logisch, dramaturgisch in Erklärungsnot . Ich möchte mal in V3 Z1/2 beispielhaft darauf eingehen.

Als sie den Geist verwirrte, hat er, dem Schmerz gebeugt, entschieden,
ihr Ehemann, sein Freund, hat die Pistole ihm geliehen,
die Qualen fraßen, nagten, und nur im Tod sah er den Frieden
der Unerträglichkeit geschuldet, der Seele freies Ziehen.

In Z1 beim VERWIRRTEN GEIST, ist mir nicht richtig klar – ist SIE oder ER jetzt vom Geist verwirrt? Dann - rein inhaltlich gehören die Elemente Geist-Schmerz- Entscheidung-Ehemann in eine Zeile und das nötigt dich den Ehemann in die nächste Zeile zu nehmen (etwas ungalant) Ich hätte ihn weggelassen, weil man ja auch so weiß, um was es geht.

Vom Geist verwirrt, hat er vom Schmerz gebeugt entschieden
zu bitten seinen Freund, der ihm die Pistole dann geliehen

Der Reim Frieden-entschieden ist ein undankbarer, weil „entschieden“ immer den Schlusspunkt setzt und alles andere zeitlich in das „Davor“ gesetzt werden muss. Vielleicht ließe sich auch was mit „von Schmerz getrieben“ machen.

Als sie den Geist verwirrte, hat er von seinem Schmerz getrieben
Den Freund gebeten, der ihm die Pistole dann geliehen

.... Vom Inhaltlichen her wirkt die Wilhelminische Doppelmoral ohnehin wie ein rotes Tuch auf mich und ich bin fast geneigt schicksalhaft zu sagen, „der Lohn der bösen Tat“. Ich weiß aber, dass die Menschen damals wenig Möglichkeit hatten sich aus dieser sozialen Depression zu lösen.
Ja, und über die versprochenen Kinder und die daraus resultierenden Wahnsinnstaten könnte man heute wieder vor einem Migrationshintergrund seitenweiße schreiben.

.... Nun hast du mich richtig neugierig gemacht. Gibt es einen persönlichen Hintergrund für dein Werk?

Grunz Gruss vom Hans
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chorch chorch
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