Thema: Tausendmal
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Alt 06.07.2009, 22:08   #9
Blaugold
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Hallo Erich, Cyparis

Deine Erklärung wie dein Text entstanden ist kann ich gut verstehen. Diese Dichtertrance, wie du sie nennen möchtest, ein "Flow", ein Fließen aus der Seele Gründe macht ja viel in der Poesie aus; denke ich ebenso. Ich meine aber, dass es den Poeten auch ausmacht, genau gewählte Worte zu verwenden, um ein solches Gefühl zu beschreiben. Es gibt im allgemeinen Verständnis zwei Ebenen dafür.
Gefühle auszudrücken hat im Speziellen nichts mit Sprache zu tun. Ein Trugschluss ist deshalb, davon auszugehen, dass Dichter somit Gefühle, Empfindungen, seelische Befindlichkeiten etc. am Besten ausdrücken könnten.
Sie können sie in Worte fassen, müssen Worte dafür nehmen oder Sprache, damit es in einer Kunstform wie Poesie transportiert werden kann.

Nehmen wir z.B. die Begeisterung, jenes euphorische Gefühl der Freude, das auch du in deinem Gedicht wohl meinst: Dies passiert, wenn es im Gemüt passiert, ohne Worte. Dies würde ich als Erlebnis bezeichnen. Das wird mit Ausdrücken der Freude vollbracht, nicht mit Ausdrücken (Worte, Sinnbilder, etc) die Freude beschreiben!

Ein Poet, das sehe ich wie ihr auch, ist also ein Künstler, der Erlebnisse in passende, bildhafte Worte kleidet, damit sie eben nicht nur augenblickliche Gefühlsempfindungen sind (subjektive Empfindungen sind wortlos).

Ich bin in diesem Kommentar deshalb auch vielleicht ein wenig penetrant, weil es immer wieder zu lesen ist (nicht unbedingt von euch beiden), dass ein/e Autor/in ihr Werk mit dem Argument verteidigen, es sei nun mal sehr persönlich, gefühlsmäßig, und das wurde dann eben auch so ausgedrückt. Ein Poet drückt keine Gefühle aus (zumindest nicht im Geschriebenen, bei einer Lesung wäre er in der Lage, durch Artikulation Gefühle mit einzubringen, klar) er macht aus Gefühlen Poesie. Das sehe ich zumindest als großen Unterschied.

Nochmal zum "wund": Im Allgemeinen wird dieses Wort mit Verletzung in Verbindung gebracht, auch in der Psyche/Seele. Somit wird es auch als nicht heil gleichgesetzt (wenn wir jetzt mal von den christlichen Märtyrerpsychosen absehen, in denen man heilig/heil gesprochen wird. )
Mir ist schon klar, wie ihr das verstanden haben möchtet. Es ist Usus ind Tradition, Pathetisches auch in die Dichtung mit einzubeziehen, natürlich! Pathos ist ein nicht unbedeutender Aspekt im Wehklagen. (Gibt es auch ein Wehjubeln?) Aber "wund" wird deshalb per se nicht zu einem postitiven Ausdruck, wie z.B. Freude.
Ich möchte aber jetzt auch nicht mit dem Daumen ob deines Gedichtes steil nach unten zeigen - nur kritisch betrachten.
Wieder was anderes, Mögliches ist noch: Die Schönheit in einer Wunde, die durch leidenschaftliche "Berührung" der Sinne mit der Natur zustande kommt.
("Eternal is the warrior, who finds beauty in his wounds.") Das ist deine Intention.

Blaugold
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