Thema: Im Liebesboot
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Alt 11.01.2010, 17:06   #10
a.c.larin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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hallo, alle miteinander,

hab eure kommentare schon gestern gelesen, wollte sie aber mal in ruhe verdauen, bevor ich antworte.

erstmal vorweg: dieses gedicht war mal mein erster versuch in die (pestigen) gefilde des anapäst : xxX vorzudringen.

in der tat entwickelte das experiment von anfang an eine gewisse eigendynamik, denn zunächst einmal wolte ich ein gedicht über die insel mainau schreiben, stieg daher ( gedanklich) in ein boot ein, kam aber aus selbigem nicht mehr heraus - und landete zuletzt ganz woanders . na schön, macht nichts.
schließlich ist das dem kolumbus auch passiert...

liebe leier,
ganz bestimmt ist der stil, in dem es geschrieben wurde, antiquiert.
welches "heutige" mädel würde
a) seinen schatz mit "liebster" titulieren?
oder
b) übern see schippern, um ihn zu sehen?
(heutzutage gibts sms, e-mail, handy, facebook. in ganz dringende fällen holt er sie einfach mit dem auto ab)
kein grund also für schiffsreisen und elegisches schmachten!
die mädels heutzutage sind höchstwahrscheinlich "cooler" unterwegs.

lieber abraxas,
probieren geht über studieren - von fehlerfrei bin ich noch weit entfernt,
"was allein wohl daran liegt, dass man nicht kann, was man nicht übt ( Zitat: reinhard mey). der inhalt wurde, was er wurde. geplant war was anderes, (wie das leben halt so spielt)

liebe jenny,
aufgrund persönlicher bekanntschaft hast du wohl irgendwie mein wienerherz
schlagen gehört:
in der tat hatte ich beim schreiben dieser zeilen die ganze zeit eine melodie im kopf, die mich hartnäckig auch noch den tag darauf weiterverfolgte.
die kriegte mit der zeit einen unglaublichen schwung ( ähnlich dem "drehwurm", den man kriegen kann beim walzertanzen. war es ein walzer? ich weiß es nicht genau, abes es könnte durchaus sein...)
schön , dass auch du die musik gehört hast!
dadlü, dadlü, dadlum, dadlum....

hallo feingeist,
deinen langen und ausführliche kommentar musste ich einige male lesen - da gibt es auch so einiges, was ich dazu zu sagen habe.

erstmal: an goethe dachte ich keine sekunde! nicht mal hauchend.
ich hatte musik im kopf - und die nahm mich in beschlag.
der anapäst ist als metrum allerdings ein böses vieh
erstmal deshalb, weil man so nicht spricht, des weiteren entwickelt er eine eigendynamik: ich hatte das gefühl, dabei immer schneller zu werden.

zugegebenermaßen hat es mich deshalb fast aus der ersten kurve geworfen (Str 1/Z4). die notbremsung sieht so aus, wie sie nun aussieht, wobei mich persönlich weniger der reim froh/wo stört (denn das sind beides geschlossene o-vokale, da man das h bei froh nicht hört. oder wird das h in norddeutschland etwa behaucht ausgesprochen? hier in österreich jedenfalls nicht). Die zerstückelung des satzes ist, finde ich, das größere Problem.

das "übern"sehe ich weniger kritisch - hier dürfte sich aber die art der artikulierung sehr unterscheiden, was den norddeutschen und süddeutschen sprachraum betrifft.
( so sagt ein norddeutscher z.b.turm, r-betont in wien hört sich dasselbe wort aber so an: tuam, und zwar nicht im dialekt , sondern auch hochsprache. "übern" hierzulande ist ein glattes "üban" - und das geht sich gut aus.)

"wellenberg, wellental" klingt mit der walzermusik, die ich da im kopf hatte, ziemlich anapästig, also, wenn ich das gedicht als text dazu singen müsste, wärs nicht schwierig.

nachen: ich habe mir aufgrund deines hinweises bilder von barken und bilder von nachen im internet angesehen. auch wenn das wort "nachen" nicht sehr gebräuchlich ist - barke ist es auch nicht -, trifft es wohl eher auf das zu, was sein kann, denn:

"nachen" heißen ( diese boote) besonders dann , wenn ihnen geringfügigkeit und zerbrechlichkeit dem mächtigen element des wassers gegenüber angedeutet wird." ( quelle: Johann August Eberhard: handwörterbuch der synonyme)

barken haben häufig auch mehrere sitze und ruderer, wurden in früherer zeit auch als prachtbarken und mit segel gebaut) für könige in england, in venedig oder im alten ägypten.
nö, ich denke es ist wenig wahrscheinlichm dass ein einzelnes mädel mit so einem ding übern see fährt.....
abgesehen davon gefällt mir das wort "nachen" klanglich viel besser!
"barke" klingt ein bissel nach hundegebell (zumindest für jemanden , der auch englisch kann )

über inversionen kann man streiten . ich persönlich finde nicht alle zwangsläufig schrecklich, genauso wenig, wie nicht jedes "und" am zeilenanfang zu verdammen ist. das scheint mir eher eine mode zu sein....

den "liebsten" kann ich mit vollem bewusstsein als betont an den zeilenanfang stellen ( schließlich ist er die ursache für die ganze mühsame seefahrt) - und dass die liebe sich nicht an gepflogenheiten und konventionen hält, ist seit romeo und julia hinlänglich bekannt.
beim gedanken an ihren liebsten stolpert ihr herz ein wenig aus dem (vers)maß...(jungs, ihr solltet froh sein, das ihr uns so beieindrucken könnt!)

tja , die sache mit der "gischt" ist wohl ein wenig wahr.
aber das mädel ist bis über beide ohren verknallt in den typen!
da wird schon mal der pickelige junge vom nachbardorf zum "liebsten", das lausige ruderboot zum "nachen" und die kleine bugwelle (die jedes boot erzeugt, wenn es fahrt aufnimmt) zur "gischt".
frag sie mal in zwanzig jahren wieder - ich denke, dann betrachtet sie die ganze sache weitaus nüchterner.

bei stophe drei hatte ich zunächst ein "mein" in der ersten zeile stehen, habe es aber dann gelöscht, weil sonst eine doppelung entstanden wäre (mit zeile 2 : mein herz)
wozu in V 2 ein genitiv stehen sollte, ist mir rätselhaft . meines herzens - was?
oder hast du hier das " herz" als anrede gelesen?
ich meinte es so: das herz ist der motor und antrieb für das geschehen:
zuerst ist die emotion da (die ist unbewusst)
dies steigt ins bewusstsein - das nennt man gefühl.
aus dem gefühl erwächst denken und planung ( der sinn).
daraus wiederum resultieren die handlungen (von "Hand") ausgeführt.
allerdings gebe ich zu, dass mich bei Sinn und Hand(XxX) der walzerrhytmus davongetragen hat...Wiener Blut - Wiener Blut...)
"banger" ist auch grenzwertig - da gebe ich dir recht.

"bewegen" müsste es nicht heißen! das wäre dann wirklich ein grammatikfehler.
das herz bewegt die ruder.
die unruhe bewegt die räder.
der lehrer unterrichtet die kinder.
(das objekt in diesen sätzen steht in der mehrzahl, das verb gehört aber zum subjekt.)
hier war eher die korrektur katastrophal - findet du nicht auch?
(achtung suggestivfrage! du kannst hier auch "nein" sagen! )

die anregung, diesen vers zu überarbeiten, lass ich mir aber gern durch den kopf gehen, denn wenn er so missverständlich rüberkommt, sollte eine bessere lösung gefunden werden.

zum titel: ich finde nicht, dass man alles verschlüsseln und verkomplizeren muss. hin und wieder darf schon auch "marmelade" draufstehen, wo marmelade drin ist.



danke für eure kommentare!
larin

Geändert von a.c.larin (11.01.2010 um 17:20 Uhr)
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