Thema: Schweigen
Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 05.09.2010, 22:39   #7
Falderwald
Lyrische Emotion
 
Benutzerbild von Falderwald
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.910
Standard

Liebe Dana,

dies ist ein ernster und tiefgängiger Text, der auch eine traurige Einsicht mitbringt.

Zitat:
Zitat von Dana
So mancher Tag und manches Jahr sie mögen
uns sinnentleert wie Sand aus Händen gleiten.
Zu oft geschieht, dass wir in solchen Zeiten
uns selbst entfremdet in ein Schweigen hüllen
und nächtens nur die Seele aus dem Leibe weinen.
Mancher lebt in einer ausweglosen Situation, aus der er sich nicht mit eigener Kraft befreien kann.
Vielleicht erlauben es auch andere Umstände nicht.
So bleibt letztlich nur ein stummes Erdulden der Lage über Tag und Jahre, die ihm völlig sinnlos erscheinen.
Die nächtlichen Tränen sind die Folge.

Zitat:
Zitat von Dana
In solchen Stunden wird es keinem Freund gelingen,
auch nicht dem Seelenheiler und der Mutterliebe,
dass wir gestärkt durch ihre Worte uns erheben.
Wir geben vor, solang sie bei uns sind, zu leben,
bedanken lächelnd uns und wollen, dass sie gehen.
Gute Ratschläge von Bekannten oder aus der eigenen Familie nützen da leider auch sehr wenig. Vielleicht können sie ein wenig Trost spenden, doch für die Gesamtsituation müssen sie letztendlich wirkungslos bleiben.
Manchmal ist es dann wohl so, daß der Betroffene gute Miene zum bösen Spiel macht und froh ist, wenn die Ratgeber wieder von dannen ziehen.

Zitat:
Zitat von Dana
Es geht um andre Leiden, jene ohne Namen,
uns mitgegeben, ohne dass wir sie erkennen.
Und keine Träne, keine Tat kann sie benennen,
sie sind für uns gedacht und nehmen uns gefangen.
Dass wir nicht helfen können, ist oft schon vorgekommen.
Jeder Mensch hat Träume und Wünsche, wie sein Leben aussehen soll.
Nur wie soll er sie formulieren?
Das ist immer das Schwerste an der ganzen Sache. Er weiß zwar, daß er so nicht glücklich wird, aber wie es eigentlich sein sollte, kann er auch nicht definieren. Und das betrifft jeden Menschen individuell, weshalb es auch keine wirklichen Ratschläge (s.o.) geben kann.
Wie oft hat man selbst schon versucht mit Worten und Ratschlägen anderen zu helfen und gemerkt, daß das nicht funktioniert.
Und das trifft leider auch für die eigene Situation zu.

Sehr schön an diesem Gedicht finde ich, daß es nicht belehrend daherkommt.
Er zeigt zwar auf, was alle anderen versuchen, doch zugleich auch, daß man selbst in solchen Situationen nicht anders handelt.
Es ist wohl eine menschliche Eigenschaft, anderen Menschen aus seinem direkten Lebensumfeld in schwierigen Situationen helfen zu wollen.
Das Traurige daran ist, daß dies meistens nicht gelingt.
Es ist und bleibt nämlich immer die eigene Entscheidung, an der eigenen Situation etwas zu verändern.
Das ist wohl der Wunsch vieler, doch die wenigsten schaffen es dann auch, dies in Tat umzusetzen.
So bleibt es oft bei diesem Wunsch.

Leider ist dir in der letzten Zeile eine metrische Unebenheit unterlaufen.
Alle Verse sind einheitlich im Jambus geschrieben. Manche im 5-hebigen, die meisten jedoch sind 6-hebig.

Dass wir nicht helfen können, ist oft schon vorgekommen.

An der markierten Stelle sitzt der Stolperer.

xXxXxXxXxxXxXx

Vorschläge:

Dass wir nicht helfen können, ist schon vorgekommen. (Das wertet allerdings den zweiten Teil des Satzes ab, weil das "oft" nun fehlt.)

Dass wir nicht helfen können, ist schon oft geschehen. (Ist natürlich auch keine schöne Lösung, weiß ich.)

Vielleicht etwas in dieser Art:

Auch unsre Hilfe ist schon oft nicht angekommen.

Egal, wie immer du dich entscheidest. Diese eine überschüssige Silbe muss weg.
Ich denke, du machst das schon...


Ein sehr schönes Gedicht, daß mich von der Sprache her sehr an Hesses "Stufen" erinnert.
Du hast das Thema gut umgesetzt. Es hat mich berührt.


Gerne gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



Falderwald ist offline   Mit Zitat antworten