Selbstportrait
Selbstportrait
Ich bin der böse Metrenrichter.
Ja, ich vernichte alle Dichter,
Die dichten wie der Schnabel wächst.
Bei mir wird alles weggeflext,
Was hinten etwas übersteht,
Wenn mal bei Reimen nichts mehr geht:
Nicht drechseln, feilen, auch nicht hämmern.
Wenn umgebrochen Zeilen dämmern,
Weil ihr Erfinder halt nichts kann,
Dann muss ich mit dem Versmaß ran,
Erkläre ich, was freier Rhythmus
Im Kern bedeutet. Musenkuss
Ist bei mir Arbeit, nicht von oben.
Kritik kommt bei mir nicht von Loben:
Hart kommt sie, deutlich und mit Wucht.
Drum werde ich gehasst, verflucht,
Man fühlt sich tief im Ich verletzt
Getroffen und als blöd verpetzt.
Am liebsten würd man mich dann killen,
Mit Worten, Tropfen, Messer, Pillen.
Doch ich bleib da und töte Dichter
Als hässlicher Talentvernichter.
Es hilft am Ende nur das Träumen,
Man könnte mich beiseite räumen.
Und ich? Ich liebe meinen Job.
Ich fühl mich gut, ich fühl mich top!
Wenn Widerstand am stärksten schallt,
Erstrahle ich als Lichtgestalt!
Ich bin der Nörgler, bin der Troll,
Den Mund nehm ich ganz gern zu voll,
Mach mir auf dies und das den Reim:
I gotta go. It is high time.
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Dichtung zu vielen Gelegenheiten -
mit einem leichtem Anflug von melancholischer Ironie gewürzt
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