Thema: Wahrnehmung
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Alt 20.03.2011, 00:25   #3
Dana
Slawische Seele
 
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Registriert seit: 07.02.2009
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Hallo Stimme der Zeit,

ich sehe, du bist "mitgefahren" und hast sogar die Wohnbetonkultur angeschaut.

Ich freue mich über deine eingehende Interpretation, die erkannt und getroffen hat.
Das lyr. Ich ist einerseits Beobachter und Kritiker seiner selbst.

Dieser Eremit existiert - und kaum jemand würde ihn wahrnehmen, wenn er nicht zwangsläufig regelmäßig auftauchen würde. Einmal nur und erstmalig morgens. Dieses "nur morgens" bedingt die morgendliche Wiederholung über die abendliche Wiederkehr.

Du hast ganz und gar meine Intention erkannt.

Nur
hier will ich das lyr. Ich "verteidigen" und den Kommentator "trösten".

Zitat:
Zitat von Stimme der Zet
Das Ende finde ich hier sehr beklemmend. Das LyrIch wünscht sich, „hätt ich nichts gelesen“, dann wäre das nichtssagende, beiläufig wahrgenommene Bild lange und vor allem berührung- und störungsfrei als alltägliche Gewohnheit geblieben. Nicht der Mensch, sondern die „Gewohnheit“. Das macht mir zu schaffen. Das LyrIch (Erzähler) interessiert sich nur für den Erhalt der eigenen täglichen Sicherheit in der Unveränderlichkeit aus Bedeutungslosigkeiten, aber nicht für andere Menschen oder deren Schicksale.
Das lyr. Ich erkennt darin eine "Oberflächlichkeit", die vielleicht (bestimmt) keine ist.
Ich möchte nicht wissen, wie viele "Mitreisende" es gibt, die viel größere Leiden erleiden.
Jener "Eremit" könnte jemand sein, der unangetastet nur ein Ziel verfolgt. Er gelangt zu einer Arbeit, wo er ein ganz anderer ist, wo er lebt, redet, wahrnimmt und hilft. Sein Wohnsitz und sein Straßenbahngeschiebe sind "seine Entspannungen", die nur Beobachter als "Einsamkeit" wahrnehmen.

Der Beobachter interpretiert etwas hinein (hier der Lyriker ), was nicht wahr sein muss.
Der Eremit reist nicht mehr mit der Straßenbahn, weil er sich ein Auto angeschafft hat. Die Verbindung zur Zeitungsnachricht ist rein zufällig und passt nur, weil er nicht mehr in der Strßenbahn auftaucht.

Dennoch stimme ich dir voll und ganz zu - aus Erfahrung:

Zitat:
Zitat von Stimme der Zeit
Zusammengefasst:

Das Schicksal des heutigen Menschen in der seelenlosen, anonymen Großstadt. Trotz Rempeln (kann man auch übertragen sehen) finden keine zwischenmenschlichen Berührungen (Kontakte) mehr statt. Jeder ist isoliert für sich alleine. Die Existenz des Einzelnen ist bedeutungslos. Trotz dem „Getriebe“ bewegt sich eigentlich nichts. Hin und her, ohne an ein echtes Ziel zu kommen. Gibt es überhaupt noch Ziele? Die Sicherheit wird aus der ständigen Wiederholung der alltäglichen Bedeutungslosigkeiten gewonnen, da es ansonsten keine gibt. Was stören könnte, wird (auch im geistig-inneren Sinn) beiseite geschoben. Heile, trostlose Welt des Daseins, das aufgehört hat, ein Leben zu sein. Leider nur allzu wahr.

Dein Werk hat mich tief berührt. Wer ist nicht manchmal selbst der Eremit? Ein Glück ist, dass es Freunde und Familie gibt, sonst wäre unser Leben heute wirklich trost- und belanglos.

Mit dem Vorsatz gelesen, mich künftig mehr um meine anonymen Mitmenschen zu kümmern, denn morgens und abends bei meinen Fahrten in der U-Bahn bin ich selbst einer.
Ja, !
Ein kleiner Gruß, ein einziger unverbindlicher Satz verbindet für den nächsten Tag. Nicht nur um des Eremiten Willen - es tut jedem wohl und ergibt ein Miteinander, das uns vom Eremitendasein befreit - es sei denn, es ist gewollt.

Nochmals lieben Dank für deine Mitreise,
liebe Grüße
Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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