Guten Morgen, liebe Dana
,
das ist ein im Grunde traurig/melancholisches Gedicht. Aber glaube mir, ich kann dieses Empfinden absolut nachvollziehen, mir erging es genauso.
Dafür muss ich ein bisschen was erklären. Ich habe eine (für die heutige Zeit) eher ungewöhnliche Kindheit erlebt - ich wurde die ersten 11 Jahre meines Lebens von meinen Großeltern und meiner
Urgroßmutter aufgezogen. Besonders letztere war tief in ihrer Religion verwurzelt, der Pfarrer kam jede Woche mindestens einmal zu Besuch.
Meine Eltern dagegen sind, nun
nicht gegen Religion, sondern
völlig desinteressiert, ein totaler Gegensatz, mit dem ich nach dem innerhalb von nur 3 Jahren erfolgten Tod meiner drei "Erzieher" konfrontiert wurde.
Mir liegt "Mich-interessiert-Nichts" genauso wenig wie "Religiöse Hingabe", da war die Orientierung also plötzlich allein "meine Sache". Beim Erwachsen werden stellte ich fest, dass Religion nicht "Meins" ist - aber "egal" auch nicht. Also fand ich (langsam und mit viel Herumlesen und Nachdenken) zu meinen ganz eigenen Überzeugungen.
Zurück zu deinem Gedicht, obiges erwähnte ich nur, um zu bestätigen: Das "Loslassen" ist schwer, denn die Kindheit ist prägender, als man allgemein denkt. Ein langjähriger Kampf zwischen dem Anerkennen der Wirklichkeit und dem Festhalten liebgewonnener Rituale - denn man kann sie liebgewinnen! Es hängen oft emotionale Erinnerungen an geliebte Menschen, an Gefühle, die als positiv empfunden werden "mit daran", ich denke, deshalb fällt es schwer. Man muss auch das loslassen, es fühlt sich an wie ein "im Stich lassen" ...
Nur als Beispiel von mir: Irgendwann gelingt es, die Erinnerungen voneinander zu trennen, sie nicht automatisch zusammen zu legen. Das führt zur Freiheit und zum bewussten Sein - nicht mehr gefangen in Ängsten und Zwängen.
Religion könnte nicht so mächtig sein, wenn sie nicht mit Gefühlen, dem Implizieren eines schlechten Gewissens und menschlichen Urängsten arbeiten würde.
Sich am "Sein zu orientieren" schmälert nicht den Wert der Liebe oder des Lebens. Liebe und Leben ohne Zwang macht erst frei. Dann sind die "Türen offen und der Weg frei" - in ein neues und freies (und damit tatsächlich schöneres) Leben. Das einzig Schwere liegt im Bewusstwerden der eigenen Verantwortung, aber man lernt, sie zu tragen und im Umgang mit den Mitmenschen "leiser aufzutreten". Es gibt viel Schönes zu entdecken, der Übergang ist traurig, aber die Freiheit eine Erlösung.
Liebe Grüße
Stimme der Zeit