Bruder Baum
Wie hat das Leben dich doch hart geprüft,
du Baum, in dessen junge Rinde
ein Käfer nagend seine Zähne grub!
Wie bliebst du standhaft, wehrtest doch dem Winde,
nicht achtend deiner Wunde Not und Pein!
Wie oft stand ich bei dir, besorgt, allein,
und schenkte dir zum Trost ein Angebinde:
So flocht ich um die Zweige oft und oft
ein gelbes Bändchen! Hab ich wohl gehofft,
dass schlimme Krankheit dennoch hin zur Lösung finde?
War ich wie du - zerstört in meinem Grunde,
doch nicht bereit, mich kampflos zu ergeben?
Du gabst ein Beispiel mir: So soll man leben!
Getreu im Hoffen froh den Sinn zum Himmel heben:
Auch wenn es Jahre dauert, schließt sich manche Wunde!
Du, Bruder Baum, bist mir Symbol des Lebens:
Was du aus Überzeugung mutig tust,
wenn du vertrauend, offen in dir ruhst,
gibt Sinn und ist ein Zeichen an die Welt:
Im Maß der Zeit hat alles Wert, ist nichts vergebens.
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