Hallo, Erich,
Zitat:
Habe noch mal drübergegrübelt von wegen "tiefblauen".
Also, wenn ich die Strophe lese, kann ich ganz normal das "tief" betonen, weil die Stimme hinten bei "mondenmächtigen", beim "tigen" schon runtergeht. Da betone ich das "mäch". Wo also siehst du einen Lapsus?
des MONdenMÄCHtigen, TIEFblauen WELtenALLs
hinUNter IN das SCHATTenspIEL der DOME?
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Ich versuche, es zu veranschaulichen. Das zugrundeliegende Metrum ist ein
fünfhebiger Jambus (im Sonett Endecasillabo), in diesem Fall im Kreuzreim; hier alternierend mit männlichen (stumpfen) / weiblichen (klingenden) Kadenzen.
hin
unter
in das
Schatten
reich der
Dome? - völlig in Ordnung.
Zur Verdeutlichung:
des
monden
mächtigen,
tiefblauen
Welten
alls - xXxXxxXxxXxX - das wären demnach zwei
daktylische Versfüße, die nicht zum fünfhebigen Jambus passen.
(Das liegt an den "Nachsilben" (Suffixe), hier -gen und -en. Sie sind regulär unbetont.)
Zur ergänzenden Veranschaulichung:
"mondenmächtigen" besteht aus zwei Worten, "monden" und "mächtigen" - Xx und Xxx.
tiefblauen desgleichen: "tief" und "blauen" - X und Xx. Zusammen wäre das: XXx, was, wie weiter unten ausgeführt, im Deutschen nicht möglich ist. Daher
muss es Xxx sein.
Weltenalls dagegen aus "Welten" und "All(s)". "alls" ist keine Nachsilbe, im Gegenteil zu -gen und -en.
Wie du siehst, liegt das Problem an den Suffixen. Stellvertretend wähle ich "tiefblau". Es wird so betont: Xx, da es, wie oben erwähnt, im Deutschen keine Spondäen (umgangssprachlich auch "Hebungsprall" genannt) gibt. Deshalb kann in den künstlichen Versfüßen eines Metrums "tiefblau" also
nicht XX betont werden. Im Deutschen werden
zweisilbige Worte
generell auf der ersten Silbe, die als "Stammsilbe" betrachtet wird, betont: Xx. Vorsilben (Präfixe), wie beispielsweise "er-", "ver-" oder "be-" (z. B. "be
danken" - xXx) sind etwas ganz anderes, denn die Stammsilbe "dank" liegt zwischen einem Präfix und einem Suffix, daher wird hier auf jeden Fall "dank" betont.
Hinzu kommt, dass, selbst
wenn das alles nicht der Fall wäre - hier nur zur Erläuterung von "Einzelfällen", die ebenfalls vorkommen können - das sogenannte "Silbengewicht" ins Spiel käme. Das beträfe in diesem Fall "tief" vs. "blau". Beide haben vier Buchstaben, sind in diesem Sinne also "gleichgewichtig". "tief" besitzt zwei "harte" Konsonanten: t und f, sowie einen hellen Doppelvokal (Diphthong): ie. "blau" besitzt nur einen "weichen" Konsonanten: b und einen neutral/dumpfen Doppelvokal: au. Ergo: "tief" ist "schwerer" bzw. "gewichtiger" als blau. "tief"
muss also betont werden, egal, unter welchem Aspekt man es betrachtet.
Genau dasselbe gilt für "mondenmächtigen" - XxXxx. - gen als Suffix ist unbetont, es sei denn, es würde nach geltenden Betonungsregeln, in der es keine drei aufeinanderfolgenden unbetonten Silben geben darf, "künstlich angehoben", was z. B. der Fall wäre, wenn "tiefblauen" xXx betont würde (
was falsch ist); dann ergäbe sich: mondenmächtigen, tiefblauen = XxXx
xxXx. Ergo: Eine "automatische Betonung" der Nachsilbe -gen. Das aber nur als
Beispiel, denn auf "blau" zu betonen wäre völlig falsch!
Ich hoffe, ich konnte dir weiterhelfen.
Liebe Grüße
Stimme