ich gestehe, lieber erich kykal,
ich habe mit dem text bzw. einigen aussagen darin so meine verständnisprobleme. da will manches nicht so recht für mich zusammengehen.
Zitat:
Dort fährt der Zug, und deine Hand,
noch winkend an der Scheibe eben,
ist fort. Mit ihr - ein halbes Leben,
und ein verschwimmender Verstand.
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wessen verschwimmender verstand ist nun fort? der der verabschiedeten person? litt sie an demenz im anfangsstadium (ist nicht ironisch gemeint. diese deutung liegt für mein empfinden am nächsten). oder hat sie das zurückbleibende LyrIch schon so in den wahnsinn getrieben, dass dieses nun aufatmet?
Zitat:
Dein Augenleuchten, deine Nähe,
an der ich reifte und erfuhr,
was Freuen heißt und Frohnatur,
versickert dort, wo ich noch stehe.
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wie dann aber konnte lyrICH das gefühl haben, an der nähe von lyrDU zu reifen, wenn da ein verschwimmender verstand mit verabschiedet wird?
wie können augenleuchten und nähe versickern, wenn die person, mit denen diese behaftet ist, grade wegfährt? auch das muss ich mit sehr viel gutem willen lesen, ums stimmig zu finden.
Zitat:
Ein Wind erwacht, sein Wangenkühlen
macht mir die Tränen erst bewußt.
Ach, hättest du nicht fortgemusst,
ich hätte noch ein Tränenfühlen...!
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zeilen 1 und 2 sind einfach nur hammer!
doch jetzt wirds für mich ganz verwirrend: wäre lyrDU also geblieben, wäre noch die fähigkeit da, tränen zu fühlen (für die es aber dann doch keinen anlass gegeben hätte, hoffe ich doch. außer hier wird eine sehr selbstzerstörerische rolle von lyrICH in einer beziehung beschrieben....
allerdings kann ich einen widerspruch in lyrIch angesichts von trennungsverwirrung - denn, um die geht es ja vermutlich in wirklichkeit - durchaus akzeptieren. dennoch ist dieser mir dann zu undeutlich herausgearbeitet, um als absicht erkennbar zu sein.
und im kontext mit den vorigen strophen frag ich mich dann natürlich, ob lyrDU fortmusste, weil lyrIch erkannt hat, dass es gesünder ist, sich von der person mit der beginnenden demenz zu trennen, bevor es an eigener seele schaden nimmt?
natürlich übertreib ich hier ein wenig in der formulierung. aber inhaltlich sind all diese widersprüche schon in all ihrer härte da.
da ist m.M.n. eine wortspielerei zu weit vor einen möglichen inhalt in den vordergrund gerückt oder es wurde zu lange herumgebastelt, sodass sich letztlich im dichten und geschraubten wortgewebe selbst verloren wurde.
schade. von der wortgewalt her, hättest du s ja drauf, wie wir alle wissen. und das ahnt man ja auch hier. aber hier wurde irgendwie zuviel gewollt. ich bin jedenfalls beim lesen zusehends unter einem haufen verwirrender wort- und syntax-info begraben verloren gegangen.
vielleicht aber - das will ich ja nicht ausschließen - bin ich auch nicht geeignet, deine texte lesen zu können. wenn ja - lerne ich gerne dazu.
ich ahne, was du tatsächlich ausdrücken willst mit deinem text...
lyrIch wird vom trennungsschmerz aus der bahn geworfen. merkt erst, dass es weint, als der wind die tränen kühlt auf der haut. der innere kampf von gefühlstaubheit und aufwallen von trennungsschmerz, bei dem ja die nähe ein großes thema ist, wäre durchaus logisch.
jedoch: so be- oder ge-schrieben, reicht das nicht, ums zu transportieren. und das unheil beginnt mit dem verschwimmenden verstand, der grade mit dem zug fortfährt. DAS geht einfach nicht. das ist, was den rest des textes kippt.
ich würde also sagen: experiment fehlgeschlagen. auf ein neues!
lieber gruß,
fee