Thema: Grubenbrand
Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 09.11.2011, 06:57   #2
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von Stimme der Zeit
 
Registriert seit: 15.03.2011
Ort: Stuttgart
Beiträge: 1.836
Standard

Guten Morgen, horstgrosse2,

mir fiel zuerst auf, dass du dieses Gedicht nicht zentriert hast, das machst du sonst eigentlich immer, oder? Ich möchte nur fragen, ob es dieses Mal dafür einen bestimmten Grund gibt, einfach nur der Neugier halber.

In der dritten Strophe kommt der Begriff "Theater", wodurch sich mir der "Sinn" des Gedichts erst eröffnete. Die Welt als Bühne und wir Menschen als Darsteller in einem Theaterstück?

Was meine Aufmerksamkeit erregt, ist die Tatsache, dass hier im Gedicht bereits im ersten Vers der "Vorhang fällt". Wird also "danach" noch weiter Theater gespielt? Andererseits deutet Vers 2 an, dass hier das LD eine "Hauptrolle" einnimmt, denn es bestimmt, ob "gut" oder "schlecht" Wetter herrscht. Dann könnte Vers 1 auch bedeuten, dass die Sache (Rollenverteilung) bereits entschieden ist, das LI also kein "Mitspracherecht" mehr besitzt.

Zitat:
An deinen Blättern klebt Verlangen.
Ich nehme an, mit den Blättern ist der "Text" im Stück gemeint, den die Akteure auswendig lernen und "vorzutragen" haben, um ihrer Rolle zu folgen. An ihnen "klebt" Verlangen - beherrscht das LD das LI auf diese Weise? Dafür spricht auch

Zitat:
Der Lava folgt der Grubenbrand.
Nach dem "Vulkanausbruch" bleibt ein "Krater" (Grube) - "ausgebrannte" Gefühle, selbst wenn es noch "weiterglimmt", vom "Feuer der Leidenschaft" zum zerstörerischen Brand, so fasse ich das auf. Kann auch sein, dass ich daneben liege, ich beschreibe nur, wie ich es auffasse.

In Strophe 2 wechselt das "Wetter" abrupt zum "November", und wenn ich an das typische Wetter im November denke, scheint die "Schönwetterphase" vorbei zu sein, jetzt wird es grau, neblig und "ungemütlich".

Zitat:
November streift nicht Inhaltlich,
zu warm sind deine losen Küsse.
Die Gefühle zwischen LI und LD sind wohl beträchtlich "abgekühlt", "lose Küsse", auch diese "streifen" nur noch beiläufig die "Oberfläche". "Zu warm" - die Leidenschaft ist aufgesetzt, das fühlt sich wohl unangenehm an. Eben nicht "echt". Die "Verbindung" ist "lose".

Zitat:
Kein Nebel bricht die klare Sicht,
zu stark sie sind, die tragend Flüsse.
Dass kein "Nebel" vorhanden ist, deute ich dahingehend, dass das LI vielleicht über eine "schlechte Sicht" froh wäre, denn die "klare Sicht" zeigt wohl schonungslos, was die "Wirklichkeit hinter den Kulissen" ist. Die "tragenden Flüsse" können für den "Fluss der Zeit" stehen, der LI und LD einfach "mit sich reißt" und zu stark ist, als dass die Gefühle der beiden der "Strömung" standhalten könnten. Der Plural "Flüsse" deutet für mich auf bestimmte Ereignisse hin, die das Leben der beiden bestimmen, und von denen sie einfach "mitgerissen" werden.

Zitat:
Auch wenn die Welt Theater spielt
das Gold zerfließt und neu vereist.
Wenn Könige den Schatten preisen,
bleibst du das Licht, was mir die Richtung weist.
Die letzte Strophe möchte ich als Ganzes interpretieren, für mich ist der Inhalt dichter "zusammenhängend" als in den beiden vorhergehenden Strophen. Die "Welt spielt Theater", das LI verkündet, dass es ihm gleich ist, was geschieht, ob Gold (Werte? Ideale? Moden? Zeiterscheinungen?) "zerfließt" (schmilzt?) oder "vereist"; ob "Könige" (Politiker, Herrscher, Idole - eben jene, die die "Richtung" vorgeben) den "Schatten" (vielfach interpretierbar) preisen.

Nach der "negativen" Entwicklung, die sich durch das ganze bisherige Werk zieht, erstaunt mich der Wechsel im letzten Vers. Ich "entnahm" dem Gedicht eine Entwicklung zum "Schlechteren", deshalb bin ich zugegebenermaßen erstaunt, dass das LI im LD trotzdem sein "Licht" sieht und bereit ist, sich auch weiterhin von ihm "leiten (anführen?)" zu lassen. Hm. Das erschließt sich mir nicht ganz ...

Ganz kurz zum "Formalen": Ich weiß, dass dir der Inhalt wichtiger ist als ein stringentes Metrum, das ist in Ordnung. Aber, bitte: Nicht "das, was" schreiben - ja? Das eignet sich zwar bestens für die Humorrubrik, aber hier klingt es (Verzeihung!) grauslig. Schau, warum solltest du zur Bekräftigung des Inhaltes keine Anapher verwenden und zwei Mal "das" schreiben? Das ist ein Stilmittel, das hier gerade gut passt, noch unterstützt durch das Komma.

Wie gesagt, den Schluss erklär mir bitte, denn auch der Titel "Grubenbrand" erweckt in mir ein Bild von einem "ausgebrannten Krater" ...

Trotz meiner "Schwierigkeiten" mit der Aussage des letzten Verses gefällt mir dein Werk, auch als "Metrikfan" habe ich es gerne gelesen und kommentiert.

Liebe Grüße

Stimme
__________________
.

Im Forum findet sich in unserer "Eiland-Bibliothek" jetzt ein "Virtueller Schiller-Salon" mit einer Einladung zur "Offenen Tafel".

Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.


Stimme der Zeit ist offline   Mit Zitat antworten