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Alt 10.11.2011, 19:14   #7
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Guten Abend, liebe Dana,

Zitat:
wehe, wenn sich zwei solche "Gegensätze" begegnen.

Du hast die absolut dumme Oberflächlichkeit des lyr. Ich mit seinen harten Aussagen aufgezeigt. Es bemüht sich nicht einmal um ein wenig "Verstellung" - weil die Aussagen ganz und gar seinem Charakter entsprechen.
Noch schlimmer: Es ist gar beleidigt, dass ein armer Wicht es wagt, sich mit einem Gefühl mit zu teilen. Es geht hier tatsächlich um eine eigene und überzeugte Logik.
"Gegensätze ziehen sich an" / "Gleich und gleich gesellt sich gern" - als wandelndes Sprichwortlexikon (eine Freundin nannte mich vor Jahren einmal im Scherz so ) kenne ich auch das "Gegenstück". (Ich fand es einfach langweilig, statt dessen Bierdeckel oder Kronenkorken zu sammeln. ) Das Interessante ist, dass fast jeder Spruch seinen "Wider"spruch hat. Es ist allerdings auch praktisch, man kann sich aussuchen, was man möchte. Mein Lieblingsspruch lautet: "Kräht der Hahn auf dem Mist, ändert sichs Wetter - oder's bleibt, wie es ist". Dem kann nicht widersprochen werden.

Hier liegt "Geld regiert die Welt" zu Grunde, mit meinem persönlichen Zusatz: "Was mir nicht gefällt". Liebe Dana, unsere Gesellschaftsstruktur wird der US-amerikanischen immer ähnlicher; das Sprichwort gibt es auch auf englisch: "Money rules the world." Bedingt durch unsere unselige Vergangenheit, bemühen wir uns, kritik- und vernunftlos alles zu kopieren, was uns von dort "geschickt" wird - das manifestiert sich nicht nur in Fast-Food. Auch unser Sozialwesen steuert dorthin. Mittlerweile ist es bereits recht weit "gediehen", dazu eine "Zitat-Variante" von mir: "An ihren Zähnen sollt ihr sie erkennen." Das macht es leicht und sicher künftig immer leichter, den "gesellschaftlichen Status" zu erkennen. Man muss nur jemanden auffordern, den Mund zu öffnen - das wird künftig wohl geprüft wie früher bei Arbeitspferden ...

Mein Gedicht ist Gesellschaftskritik, und es richtet sich gegen diese Entwicklung zur "Unmenschlichkeit", die zur Begleiterscheinung der Globalisierung wurde. Dabei nahm ich einen "psychologischen Kniff" zu Hilfe, dessen sich viele Autoren bedienen. Es hat seinen Grund, weshalb ich diesen "Zeitgeist" hier "Gestalt annehmen" ließ, ihn "personifizierte". Ob nun zum Positiven oder Negativen, in jedem Fall kann so ein persönlicher "Bezug" hergestellt werden, eine "Identifkation" findet statt. Ob in früheren Zeiten oder heute, auch die Politik bedient sich dieser Vorgehensweise, ebenso die Werbung. Warum also das nicht einmal zu einem sinnvolleren Zweck einsetzen?

Ich bin für meinen "Geschmack" schon zu oft Menschen begegnet, die so denken wie die Protagonistin im Gedicht. Allerdings "vergessen" sie etwas sehr gerne, das ich "versteckt" ins Gedicht eingebaut habe:

Zitat:
Zitat von Stimme der Zeit:
Beschließt mein reicher Freund, zu mir zu sagen:
Bis dato hat er es nicht gesagt. Warum wohl nicht? Hm, hm ...

Einer der "Denkfehler", dem Menschen mit dieser Einstellung unterliegen. Gut möglich, dass sich das LI bald in der Position des LD "wieder findet".

Ja, liebe Dana, die Protagonistin folgt ihrer "eigenen Logik". Sie geht von ihren eigenen Prämissen aus, daher sind ihre "Folgegedanken" durchaus logisch. Innerhalb ihres eigenen Wertesystems – und genau darum geht es. Das hier ist mehr als die Darstellung einer Einzelperson. Die Protagonistin ist lediglich die „Platzhalterin“ für eine äußerst fatale Entwicklung. Werte, die seit Jahrzehntausenden das Überleben der Menschheit ermöglicht haben, werden allmählich mehr und mehr ersetzt. Es geht um das, was wir „Menschlichkeit“ nennen. Diese Werte sind notwendig für unsere Sozialstruktur. Diese „neuen Werte“ sind dem geradezu „entgegen gerichtet“, sie gefährden unser Überleben. Es spielt auch keine Rolle, ob das vom subjektiven oder objektiven Standpunkt aus betrachtet wird. Wir sind dabei, uns selbst die Grundlage unseres Daseins zu entziehen. Das kann und wird nicht lange funktionieren. Die Frage ist: Überleben wir das lange genug, um zur Vernunft zu kommen?

Ich kann natürlich hingehen, mir das „Ganze“ ansehen und entscheiden, mich Zynismus und Bitterkeit zu ergeben und zu kapitulieren. Ich kann mich dafür entscheiden, mich selbst für macht- und hilflos zu halten und deshalb in einer Ecke sitzen, schmollen und über die Schlechtigkeit der Welt sinnieren. Ich begegne ständig Personen, die das "Schmollen" gewählt haben, sowohl früher als auch jetzt.

Ich weigere mich tatsächlich, ein Teil dessen zu sein, was gemeinhin „Masse“ genannt wird und gemeinsam mit ihr zu jammern – um nichts zu tun. Und ich bin es wirklich leid, ständig zu hören: „Ich bin nur eine Person! Ich kann gar nichts machen! Die Welt ist schlecht, die Masse ist dumm.“ Wo liegt das Problem? Zu viele denken so. Ich bin nicht bereit, mich an dieser Denkart zu beteiligen.

Die Stimme wird nicht schweigen, ungeachtet möglicher persönlicher Konsequenzen. Ich lernte (unter anderem auch hier, du weißt, was und wen ich damit meine ), die Feder zum Schwert zu schmieden, es zu schärfen und zu polieren – und daher kann ich es „schwingen“. Gegen die Zeichen der Zeit anzugehen erfordert Können, denn ansonsten bleibt der Widerstand erfolglos. Und eben dieser ist bitter notwendig! Ich kann nur für mich selbst sprechen, ich habe kein Recht, über andere ein „Urteil“ zu fällen. Für mich persönlich gilt: Bisher kann ich mir im Spiegel in die Augen blicken. Andernfalls könnte ich das nicht mehr, denn ich sähe einen Feigling in mir, der aus Furcht vor möglichen persönlichen Nachteilen „kneift“. Es ist wie bei einem Fußballspiel, bei dem jemand, ausgestattet mit einer Flasche Bier und einer Schüssel Popcorn im Sessel sitzt, „Buh!“ ruft und eine Handvoll Popcorn auf den Fernsehbildschirm wirft. Dann wird diskutiert: „Ich hätte das ganz anders gemacht! Er hätte schneller reagieren müssen, besser aufpassen, blablabla.“ In dem Fall sage ich: „Wenn du es besser weißt und besser kannst, dann geh raus aufs Spielfeld und zeig es.“ Was nützt „besseres Wissen“ auf diese Art?

Auf dem Spielfeld kann es ungemütlich werden. Das Wetter kann kalt und regnerisch sein, es können Verletzungen passieren und die gegnerische Mannschaft kann mehr Tore schießen. Da bleiben viele doch lieber im warmen, kuscheligen Sessel und mokieren sich über Spiel und Spieler. Das ist auch viel angenehmer und ganz ungefährlich.

Wobei geht es in dem Spiel, das die Menschen“kinder“ spielen? Gewinnen und Verlieren. Gewinnen will jeder, verlieren niemand. Der Widerstand der meisten erlischt so schnell, weil sie in diesem fatalen System „mitspielen“. Wie? Nun, wie lautet eine Liedzeile: Ich will alles, ich will alles, und zwar sofort!“ Das Motiv? Irrelevant. Die „Spielfeldseite“? Ebenfalls. Stellt sich der gewünschte Erfolg nicht ein, wird aufgegeben und im Sessel Platz genommen.
Es gibt Menschen, die sich entscheiden, überhaupt nicht mitzuspielen, auf keiner der „Seiten“ – und trotzdem nicht im Sessel sitzen bleiben. Das ist auch meine Entscheidung. Mir geht es weder um Gewinnen noch um Verlieren. Ich lasse nur nicht zu, dass ich besiegt werde.

Jeder Sieg bedingt eine Kapitulation. So lange ich nicht kapituliere, bleibe ich unbesiegt, ungeachtet externer Umstände. Meine „Maxime“ lautet: Ich kann gebrochen, vernichtet und getötet werden – aber nicht besiegt. Die „Zahl der Gegner“ spielt keine Rolle. Ich kann „Die“ Welt nicht ändern – aber ich kann „Meine“ Welt nach meinem Willen formen. Ich habe mich entschieden, egal, was kommen mag. Und die „Wahl der Waffen“ liegt bei mir. „Gleiches mit Gleichem“ zu vergelten, macht mich selbst zu einer Kopie dessen, was ich bekämpfe. Nein. Hässlichkeit bekämpft man mit Schönheit, Lüge mit Wahrheit, Angst mit Mut, Feigheit mit Tapferkeit, Feuer mit Wasser, Dummheit mit Vernunft, die „Masse“ mit Individualität – und die Kapitulation mit Widerstand.

Zitat:
Ich selbst bin überzeugt, dass Teile dessen, in vielen, sehr vielen Menschen stecken. Es wird nur "geschickter" umschrieben, weil man die wahre Denkweise nicht nach außen preis gibt.
Teile davon stecken in jedem Menschen, auch in mir. Mir das einzugestehen ermöglicht mir, zu mir selbst zu sagen: Nein. Ich könnte so sein – aber ich muss nicht, wenn ich nicht will. Es ist gang und gäbe, aus „Selbstschutz“ Offenheit zu vermeiden, das „wahre Ich“ nicht preiszugeben. Ich entschied mich auch hier anders. Verletzungsrisiko? Zur Kenntnis genommen und als „Preis“ akzeptiert.

Zitat:
Was jene an "Überzeugung" und "Grausamkeit" zu viel haben, fehlt den anderen an gewisser "Nüchternheit". Eben nicht ausgewogen.
Das lyr. Du wollte mit "Kreditgeld" landen. Als ihm nicht einmal dieser gewährt wurde, trieb ihn die Verzweiflung in den Selbstmord.
Beide, LI und LD, besitzen Überzeugungen. Keinem der beiden „fehlt“ etwas, nur ihre Werte sind absolut entgegengesetzt. Die „Wertung“ liegt beim Leser, der mit seinen eigenen Werten vergleicht und so „für sich“ bewertet – wer hat „recht“, wer „unrecht“? Ich bleibe hier absichtlich so objektiv, nicht falsch verstehen. Ich will noch auf etwas ganz Bestimmtes hinaus.

Das „LD“ wollte nicht mit „Kreditgeld“ landen, sondern es stehen sich hier zwei konträre Wertesysteme „gegenüber“. Materialismus und Menschlichkeit. Der Materialismus gewährt der Menschlichkeit keinen „Kredit“ – das bezieht sich hier auf den „Beispielwert“ Liebe.

Zitat:
Beide sind zu bedauern - oder auch nicht:
Das siehst du richtig, liebe Dana. Ein kleines Beispiel. Ich verdiene nicht gerade üppig. Als ich sagte, dass ich keinen Fernseher will und keinen brauche – glaubte mir das niemand. Mir wurden sogar welche als Geschenk angeboten! Was haben sich die „Anbieter“ also gedacht? „Die Arme! Sie will sicher nur nicht zugeben, dass sie nicht genug Geld hat, um sich einen zu kaufen.“ Es gelingt mir nicht, davon zu überzeugen, dass ich keinen will und keinen brauche. Ich wäre tatsächlich in der Lage, mir, sofern ich das wollte, sofort zwei Fernsehapparate zu kaufen. Das ist Tatsache. Und Tatsache ist, dass ich keines dieser „Verdummungsinstrumente“ haben will. Verbindlichen Dank, aber das Bedauern ist absolut unnötig.

Zitat:
Hier sehe ich keine Bestätigung für das Sprichwort: Gegensätze ziehn sich an. Es ist auf einer anderen Ebene gemeint.
Gegensätze können durchaus spannend sein und sind es, wenn sie andere Wertigkeiten setzen.
Bei Geld scheiden sich die Geister immer - hier bezahlt einer sogar mit dem Leben, obwohl er mit Geld nicht viel am Hut hatte. Trotzdem versuchte er mit Geld (im übertragenen Sinne) etwas zu erreichen.
Die ersten beiden Sätze sind richtig. Es handelt sich um „eine andere Ebene“. Aber danach bemerke ich, dass du die Ebene doch nicht ganz erkannt hast. Das LD wollte nichts erreichen – sondern etwas geben, in der Hoffnung, es sei genug für einen „Kredit“ auf der „Gefühlsebene“, nicht auf der materiellen. Da das LI aber auf diese überhaupt keinen Wert legt, wurde dieser „emotionale Kredit“ verweigert. Das LI gewährt Kredit nur auf der materiellen Ebene, bei entsprechender „Liquidität“, die ihr das LD durch teure Geschenke oder ggf. durch Vorlage der Kontoauszüge hätte beweisen müssen. Die Gefühle des LD sind nicht wirklich vorhanden, es ist eine kalte Person. Das zeigt sich auch im Gedicht:

Zitat:
Beschließt mein reicher Freund, zu mir zu sagen:
„Ich liebe dich!“ – dann schmachte ich: „Mein Held!“
Letzten Endes war es diese Kälte, die das LD in den Suizid trieb. Daran war nicht alleine das LI „schuld“, sondern dessen „Denkart“, die sich weltweit immer mehr durchzusetzen beginnt. Für Menschen wie das LD ist in so einer Welt „kein Platz“. Das LD sah wohl keine Hoffnung mehr, nicht nur aufgrund der Kreditverweigerung seitens des LI. Das LD gab auf – stellvertretend für Liebe, für menschliche Werte – und, da er ein Dichter war, auch stellvertretend für die Kapitulation der Poesie vor dem knallharten "Geschäft".

Zitat:
Ja, immer wieder und überall: Geld regiert und vernichtet die Welt.
Das ist die Entscheidung jedes Einzelnen. Damit ich regiert werden kann, muss ich mich zuvor unterwerfen. Das werde ich nicht tun, selbst auf die Gefahr der Vernichtung hin. Das Geld mag „Die“ Welt regieren und vernichten, aber nicht „Meine“.

Zitat:
Ein Stammtischgedicht, dass alles auf den Punkt bringt.
Danke, liebe Dana. Das freut mich sehr. Ich folge hier einer einfachen Regel: Will ich, dass sich etwas ändert? Ja. Dann muss ich meinen Hintern in Bewegung setzen und selbst aktiv werden. Ob im täglichen Leben oder hier in einem Lyrikforum in Form von Gedichten und/oder Diskussionen. Untätigkeit ist keine Alternative.
Zitat:
Gern gelesen und geschlaumeiert.
Komm gerne jederzeit zu mir und „schlaumeiere“, so viel du möchtest. Dazu sind Freunde da.

Liebe Grüße

Stimme
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