hallo erich,
wagt sich hier keiner ran an das gedicht?
na, ist ja auch ein schwieriges thema.
die innenwelt eines todkranken menschen hast du sehr nachvollziehbar in worte geschmiedet - seine zweifel, seine einsamkeit, diesen ( fast unhörbaren) vorwurf an die welt, sich mit seiner situation auseinanderzusetzen:
[BAus meiner tiefsten Mitte gerissen
und verschleudert ins Nichts
schau ich der Welt ins Gewissen[/B]
aber: die welt sieht nicht gerne auf den tod hin - zu viele eigene ängste sind daran geknüpft. wirklich hinzusehen wagen nur wenige.(und es kostet auch jenen mutigen viel kraft, immer wieder)
interessant ist der vergleich mit dem gericht, in dem sich der todkranke gefühlsmäßig zu befinden scheint - aber wieso als "geschworener"? ( sollte er sich nicht viel eher als angeklagter auf der anklagebank fühlen - da er doch zum tode verurteilt ist?) ein geschworener hat im gericht nichts zu befürchten, es kann ihm also auch egal sein,ob ihn "die welt" hört oder nicht.
Ob keiner je mit mir tauschen
mag, eh es mir Trauer trägt
also hier schient sich das LyrIch einer Illusion hinzugeben - wer sollte je mit einem todkranken tauschen wollen? ich denke, das weiß man, dass das keiner wirklich wollen kann. würdest etwa du? würde ich?
es gibt natürlich schon die situation, dass jemand aus liebe oder heldenmut sein leben für einen anderen einsetzt. ( mir ist aber kein krankheitsfall bekannt, wo dies möglich gewesen wäre)
Die folgenden Zeilen passen auch generell ins Bild des Alterns, Älter-Werdens:
Bald sterben auch die Gedanken,
treib ich mir selber davon.
Es fallen die Säulen ins Wanken,
sag, bersten die Mauern schon?
Sag, halten die fallenden Tage
ein Weniges kostbar und heil?
Erlaub mir die Gnade der Frage:
Liebt mich die Erde noch, weil
enthobenes Sichgewöhnen
nicht weiß, was die Stunde schlägt.
Darüber kann man / sollte man nachdenken:
Haben mein Schluchzen und Stöhnen
am Ende sie gar nicht erreicht?
Und wenn sie mich doch nicht mehr trägt -
sag: Wird mir das Fortgehen leicht?
Mit "Schluchzen und Stöhnen" würd ich andere erst gar nicht belasten wollen - es hilft ja keinem.
Wie man den letzten Vers hinkriegt:
WIE Wird mir das Fortgehen leicht?
daran bastle ich persönlich schon seit ich jung bin.
ich denke, es wird trotzdem eine machtvolle hürde werden.
eine, über die aber letzlich noch jeder drübergekommen ist - so oder so.
nicht "gerne" gelesen - aber dafür umso aufmerksamer,
technisch wie immer ohne jeden fehl und tadel,
inhaltlich wirklich "schwere kost"!
ein bravo für den mut, sich dem zu stellen!
lg, larin