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Alt 20.11.2011, 10:34   #2
Stimme der Zeit
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Guten Morgen, larin,

ich habe mich über die Suchmaschine im Web orientiert, was der Titel bedeutet; jetzt weiß ich, was der "Marchfeldkanal" ist. (Obwohl ich es mir auch "ohne" so ungefähr dachte, aber ich muss immer gleich suchen, wenn ich etwas nicht kenne. )

Mir gefällt sehr, wie du in letzter Zeit das Reimschema variierst, das habe ich zwar (glaube ich) schon einmal gesagt, aber ich sage es gerne wieder (weil es stimmt).

Das LI unternimmt hier einen Spaziergang am Kanal. Wobei diese Naturbetrachtung in mir eine durchaus melancholische Stimmung erzeugt, ein Empfinden von Vergänglichkeit und Akzeptanz. Trotz dieser Wirkung gibt es auch Positives:

Zitat:
Ganz allein

blüht am Strauch die wilde Rose,
Pionier am Wegesrand!
Das erinnerte mich daran, dass ich auf dem Weg zur Arbeit immer an einem Vorgarten mit diversen Rosensträuchern vorbei gehe. Bis letzte Woche blühte ein weißer Rosenstrauch (sage und schreibe 8 Blüten, trotz Frost, ich habe sie neugierhalber gezählt), der unverdrossen der Witterung "trotzte". Das Bild hatte ich gleich im Kopf!

Wie immer finde ich die Wahl der Metaphern in deinem Gedicht sehr schön. Besonders gefallen mir Anfang und Schluss. Das LI ist nicht "allein" auf dem Weg, denn es werden "knirschende (Raureif, vermute ich) Schritte fern im Moose" gehört.

Zitat:
Weißbereift im Nebelwallen
liegt die Welt verzaubert da.
Zitat:
und ein Blatt, vom Winde lose,
nach verlorenem Gefechte,
segelt sanft in meine Hand.
Der "Winter" hält Einzug, der Sommer "verliert das Gefecht" - aber nur bis zum "nächsten Mal" ...

Ich möchte gerne noch etwas "optisch" darstellen, das ich ebenfalls ansprechend finde:

Zitat:
Weißbereift im Nebelwallen
liegt die Welt verzaubert da.
Wie verbirgt sich doch in allen
Schatten, die mich rings umgeben,
noch ein letzter Traum von Leben!
Wunder, die ich heute sah,

werden morgen schon verklungen,
jäh verstummt, verschwunden sein!
Und ich wandre meiner Wege
am Kanal entlang, der träge
durch die Tage und die Nächte
müd dahin fließt. Ganz allein

blüht am Strauch die wilde Rose,
Pionier am Wegesrand!
Schritte knirschen fern im Moose -
und ein Blatt, vom Winde lose,
nach verlorenem Gefechte,
segelt sanft in meine Hand.
Es gibt noch mehr, aber dann wird es so "bunt", dass es unübersichtlich wäre, ich wollte nur andeuten, um zu sagen: Feine Arbeit; ebenso wie die Reimstruktur mit Kreuz-/Paar- und (einer "Variante") des Schweifreims. Wobei die "Alleinstellung" im strophengreifenden Enjambement "ganz allein" auch gut platziert ist! Dazu kommt noch die "Reimverbindung" von Strophe 2 mit Strophe 3: "Nächte - Gefechte".

Fazit: Lob, Lob! (Für Inhalt und Form.)

Eine kleine Anmerkung hätte ich, bezüglich Strophe 3 und den Übergang von Vers 1 zu Vers 2. Hier würde ich nach dem Endreim "Rose" eher einen Punkt oder Gedankenstrich setzen, wobei sich der Punkt natürlich besser eignet, da bereits ein Gedankenstrich in Vers 3 vorhanden ist (der, mMn, aber auch einfach weggelassen werden könnte).

Gerne gelesen und kommentiert.

Liebe Grüße

Stimme
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Geändert von Stimme der Zeit (20.11.2011 um 10:38 Uhr) Grund: Kleine Ergänzung.
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