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Alt 05.12.2011, 09:13   #2
Stimme der Zeit
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Hallo, liebe Chavi,

weißt du, was ich beim Lesen spontan dachte? Dass ich es für eine ganz ausgezeichnete Idee halte, ein Gedicht über dieses Thema genau jetzt, in der Vorweihnachtszeit, zu schreiben und hier einzustellen. Ich bin mir sicher, dass es nach Weihnachten wieder mehrere Betroffenheitsgedichte in den verschiedenen Lyrikforen geben wird (was ja auch keineswegs falsch ist, das möchte ich damit nicht sagen!) - dann, wenn es schon "zu spät" ist und die jährliche "Aussetzwelle rollt". Den Begriff wählte ich schon absichtlich so, denn genauso zynisch-emotionslos ist diese Vorgehensweise ja auch.

Ich würde es bereits als Erfolg werten, wenn auch nur ein einziges Tier durch "Präventivmaßnahmen", wie z. B. dieses Gedicht (und andere, Artikel in Zeitungen etc., die man aber leider sehr selten findet) nicht als gedankenloses Weihnachtsgeschenk unter dem schön geschmückten Tannenbaum liegt, mit einer roten Schleife um den Hals, wie ein Teddybär oder eine Puppe ...

Vorbeugen ist besser als Heilen - das Sprichwort besitzt zeitlose Gültigkeit, auch im Bereich von Vernunft und gedankenloser Unvernunft. Für mich liegt die Schuld a) in der Gedankenlosigkeit an sich und b) darin, dass viele Menschen nur dem "Niedlichkeitsfaktor" eines jungen Tiers "erliegen". Kleine Kätzchen sind ja sooo niedlich, klein und kuschelig. Nur haben alle Tiere die Angewohnheit, zu wachsen. Dann stellt sich heraus, dass womöglich eine Tapete zerkratzt wird, sich eine Pfütze auf dem Boden findet oder Haare auf dem Sofa - und plötzlich ist "Schluss mit niedlich". Und - so ein Tier kostet auch noch Geld. Also wird aus "goldig" - "lästig". Das Tier "muss weg". Also wird es einfach irgendwo ausgesetzt. Besonders grausam ist es, wenn manche einfach aus einem fahrenden Auto geworfen werden oder sogar in einen Müllsack gestopft und mit Steinen beschwert in einem Fluss landen ... Mich graust es jedes Jahr aufs Neue, wenn ich darüber lese.

Ich habe mich schon immer gefragt, wie solche Leute "ticken", das werde ich mein Leben lang nicht verstehen. Ein Tier ist ein Lebewesen, kein Spielzeug, das man nach Belieben hervorholt und nach "Gebrauch" in eine Ecke stellen kann!

Meine Zebrafinken sind nicht die einzigen Tiere, die ich aus einem Tierheim holte, davor gab es "Rudolf" (nach dem Rentier, den Namen gab ihm meine Tochter), ein Kaninchen. Er stammte (aller Wahrscheinlichkeit nach) aus einer unkontrollierten "Wohnzimmer-Hobby-Zucht" (auch so ein Unding!) und litt unter einer Kieferfehlbildung und verkürzten Tränenkanälen. Resultat: Ich musste ca. alle 6 Wochen seine Zähne kürzen, da sich diese durch die Fehlstellung nicht abschliffen und jeden Tag die verklebten Haare unter den Augen mit einer Speziallösung reinigen, damit sich keine Entzündung bildete; Heu sowie Salat mit einer Schere klein schneiden und Karotten + Äpfel mit der Rohkostreibe kleinreiben, damit er problemlos fressen konnte. Er war schon über ein Jahr im Tierheim, denn ein pflegeintensives Tier will niemand haben. Er lebte noch fast 6 Jahre bei uns, wofür sogar der Tierarzt ein Lob aussprach, denn Tiere mit "Defekten" leben durch den Stress der Behandlungen selten so lange. Es ist nicht als Angeberei gemeint, wenn ich heute noch stolz darauf bin. (Zur Erklärung: Das war vor meinen "Heuschnupfen-Zeiten", ich besaß im Leben zwei Kaninchen, leider ist mir die Haltung von Tieren mit "Haaren" oder die Heu benötigen durch diverse im Laufe der Jahre entwickelte Allergien jetzt nicht mehr möglich.)

Das erwähne ich, damit noch weitere Faktoren ersichtlich werden, weshalb Tiere einfach ausgesetzt werden: Ein Tier kann krank werden und muss eventuell "dauergepflegt/behandelt" werden. Was Zeit und Geld kostet. Das wird lästig, denn so hatte man sich das ja nicht gedacht!

Tatsache ist: Wir Menschen haben uns bestimmte Tierarten nach unseren "Wünschen" herangezüchtet und sie dadurch von uns abhängig gemacht. Diese Tiere sind "da". Deshalb sind wir für sie verantwortlich, ob es sich nun um Haus- oder um Nutztiere handelt (das wäre ein anderes Thema, ich "streife" das hier nur). Und Verantwortung ist nun einmal nicht bequem, daher wird sie gerne "beiseite geschoben". Wenn man überlegt, dass ein Tier noch vor gar nicht allzu langer Zeit gesetzlich noch als eine "Sache" galt - nicht zu fassen.

Ich habe mich hier nicht nur speziell über Katzen "ausgelassen", denn ich finde es besonders gut gemacht, dass in deinem Gedicht das Wort "Katze" durch jedes andere Tier "ersetzt" werden kann, z. B. durch "Hund". (Als Katzenliebhaberin hast du natürlich als, ich nenne es mal "Stellvertreter", die Katze gewählt.)

Liebe Chavi, also ein ganz großes Lob sowohl für das Gedicht als auch für den von dir gewählten Zeitpunkt, der genau richtig ist!

Formal habe ich nichts weiter anzumerken, mir gefällt auch der Aufbau der Strophen und das von dir gewählte Versmaß. Hier passt auch die Tatsache dazu, dass sich das "Ganze" eben nicht immer "zusammenreimt", es fällt allerdings gar nicht auf, auch die Waisenzeilen wirken wie gereimt. Der Einstieg mit dem um eine Silbe kürzeren Vers finde ich als "Einleitung" (auch durch den Inhalt desselben) gut gemacht.

Sehr gerne gelesen und kommentiert!

Liebe Grüße

Stimme
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