Thema: Winterzeit
Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 12.12.2011, 14:35   #4
fee
asphaltwaldwesen
 
Registriert seit: 31.03.2009
Ort: österreich
Beiträge: 961
Standard

da musste ich mich doch jetzt glatt auf eine vergleichs-stippvisite zu den anderen winter-bedichtern begeben, liebe stimme:


schon allein der vergleich macht die sache umso spannender.
du hast ein sonett gewählt, wie ich sehe.

Zitat:
Zitat von Stimme der Zeit Beitrag anzeigen
Winterzeit

Der Winter kommt mit Schnee, mit Eis und Kälte,
er lässt uns frieren, manchmal bis ins Mark,
erst gestern schien der Sommer noch so stark!
Ein Mammutbaum - bevor der Frost ihn fällte.
der sommer, verkörpert durch den mammutbaum, ist ein ungewöhnliches bild. auch deshalb, weil frost nur bäume fällt, die bereits irgendwo im innern morsch sind und daher für den sprengdruck von gefrierendem wasser im inneren anfällig.
war der sommer also ein durchwachsener?
und auch die größe des mammutbaumes - ein hinweis darauf, dass der sommer dem winter an größe eigentlich überlegen ist? kann man jahreszeiten überhaupt in größen erfassen?

vielleicht ist die gewählte metapher ein wenig zu gehaltvoll - zu groß und umfassend - für das, was eigentlich ausgesagt werden wollte. aber das ist schon reichlich pingelig von mir betrachtet. das geb ich zu.

Zitat:
Zitat von Stimme der Zeit Beitrag anzeigen
Vergangen sind die langen Sonnentage,
verloren ist die Welt der Helligkeit.
Der Himmel war so blau, der Weg noch weit,
im Lebensspiel ergab sich keine Frage.
schön der aufbau. in strophe 1 die schilderung von vergangenem und eine einleitung in den neuen zeit-abschnitt. in strophe 2 die darstellung der veränderungen, die bereits fühlbar sind. die kürzeren tage, die zunehmende dunkelheit.
doch in wessen lebens spiel ergab sich keine frage? das leben selbst stellt für mein empfinden nämlich keine fragen. es "ist". und "wird". ohne zu fragen. das ist, was m.E. das leben besonders kennzeichnet.

Zitat:
Zitat von Stimme der Zeit Beitrag anzeigen
Dann kam der Herbst, in dem die Blätter fallen,
es zeigte sich ein Hauch Vergänglichkeit,
er ließ des Sommers Echo widerhallen

und schließlich dessen letzten Ton verklingen.
Auch für den stärksten Baum vergeht die Zeit,
des Winters Axt wird ihn zu Boden zwingen.

da war ich am ende von strophe 2 gefühlsmäßig schon beim winteranfang angekommen. plötzlich bringt mich strophe 3 wieder an den herbstanfang. der sprung kommt für mich ein wenig plötzlich, muss ich zugeben.
der herbst selbst in seinem wesen als "nachhall des sommers" zugleich schon mit dem anklang der vergänglichkeit ist wunderschön! für mich ist diese strophe das absolute highlight.

in strophe 4 wird dann flott wieder in den winter gehüpft und die prognose für den sommer=baum gestellt: er wird zu fall gebracht. der herbst dabei übernimmt den zeitabschnitt des fäll-vorgangs oder des mürbe-machens durch zeit, die vergeht? so ganz sicher bin ich mir da nicht.

metrisch ist es einwandfrei, sprachlich schön. doch der inhalt und seine struktur hüpfen mir zu oft hin und her. so, als wollte sich da nicht festgelegt werden.

mir persönlich ist es also - abgesehen vom genuss schöner sprache, wortmelodie und wiegendem metrum - zu unentschlossen in der aussage. ein bisschen hiervon, ein wenig davon. eine art assoziations-patchwork.

ich hoffe, du nimmst mir das nicht übel.


lieber gruß

fee
fee ist offline   Mit Zitat antworten